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Die Deutschen und das Gold

Ein Marktbericht von Arndt Kümpel

 

Der Preis für Gold hatte in der vergangenen Woche zu kämpfen. Aber nicht einfach nur gegen die Logik des Marktmechanismus, sondern auch mit seinem Gegenteil. Denn am 16.04.2019 um 14 Uhr MEZ drückte Mister X wieder einmal auf die Sell-Taste und verkaufte in Minuten 11.000 Future-Kontrakte auf Gold im Wert von ca. 1,5 Milliarden US-Dollar. Das Ergebnis war ein neues Jahrestief für den Goldpreis in US-Dollar, ein Unterschreiten der vorher überwundenen Abwärtstrendlinie und schließlich am vergangenen Freitag auch ein neues Wochentief für das laufende Jahr. Die charttechnische Lage hat sich damit für Gold kurzfristig leicht eingetrübt, und ein Rückgang bis in den Bereich von 1.240 US-Dollar erscheint aus charttechnischer Sicht möglich, vor allem dann, wenn der Risk-on Modus der Märkte anhalten sollte.

Passend dazu: Die Erklärungen zur Plausibilisierung des Kursrückganges ließen nicht lange auf sich warten. Denn Bitcoin konnte an diesem Tag auch auf Tagesschlusskursbasis die Marke von 5.200 US-Dollar wieder überwinden und das Magazin Forbes meldete am gleichen Tag, Bitcoin sei das neue Gold in digitaler Form. Man fragt sich deshalb als Leser sofort, warum man denn dann eigentlich überhaupt noch physisches Gold braucht! Wenn man aber ein Narrativ schneidern will, bei dem Kryptowährungen als Alternative zu physischen Edelmetallen angesehen werden, dann fügen sich diese Ereignisse ganz gut zusammen. Ob allerdings Bitcoin eine Geldalternative über ein energetisches Sonnenscheinszenario hinaus sein kann, wird erst ein Stresstest dafür zeigen.

Neben dem Kryptoargument war da auch noch das seit Langem durchs Info-Dorf getriebene News-Schwein der sich anbahnenden Einigung im Handelsstreit Chinas mit den USA. Und auch der IWF machte wieder Mut, denn er erwartet in der neuen Prognose von vergangener Woche eine nur kurze Bremsphase der Weltwirtschaft.  Im zweiten Halbjahr 2019 soll dann bereits die Wachstumsdynamik wieder anziehen, und für 2020 wird ein globales Wachstum von 3,6 % erwartet. Denn schließlich sollte sich bis dahin das erneute Öffnen der wirtschaftspolitischen Wundertüte Chinas auch in den globalen Statistiken zeigen.

Ob dies allerdings reicht, um Finanzvermögen weiter in Richtung Sonne zu hieven, bleibt abzuwarten. Denn der gleichlaufende Kursverlauf von Aktien und Anleihen macht stutzig. Sollte etwa die US-Konjunktur so gut laufen wie im derzeit dominierenden Narrativ suggeriert, dann wären die Zinsen zu niedrig. Schaut man diesbezüglich noch mal in der letzten Erklärung der US-Notenbank am 20.03.2019 sieht man, dass die Notenbank zwar erklärt, warum sie geduldig bezüglich weiterer Zinsanpassungen sein kann, schließt diese aber eben auch nicht aus, sollten entsprechende Wachstumsimpulse im Ausland vorliegen und die Inflationserwartungen steigen. Ob aus dieser Sicht der Anleihemarkt richtig liegt, bleibt abzuwarten. Tut er es aber, dann bleibt offen, was die nächste Treibstufe für Aktien sein kann.

Ebenfalls am 16.04.2019 stellte die Steinbeis-Hochschule ihre neue Goldstudie für Deutschland vor, die die anhaltend hohe Bereitschaft der Deutschen dokumentiert, in physisches Gold zu investieren. Demnach befinden sich im Besitz deutscher Privatpersonen im Jahr 2019 mehr als 8.900 Tonnen Gold und damit mehr als zweieinhalbmal so viel wie im Bestand der Bundesbank. Beide zusammen, Privatpersonen und Bundesbank, halten damit rund 6,5 % der weltweiten Goldvorräte. Rund 50 % des privaten Goldbesitzes besteht aus Barren, Münzen und diesbezüglichen Wertpapieren, und fast 4.000 Tonnen bestehen aus Schmuck. Mit Blick auf das mystische Auf und Ab des Goldpreises scheinen die Deutschen zufrieden zu sein, denn rund 91 % der Besitzer sind mit dem Investment zufrieden, und zwar auf gleichbleibend hohem Niveau. Der Studie zufolge wollen 82,5 % der Käufer ihr Gold behalten und 78 % planen sogar, weiteres Gold zu kaufen. Damit wird deutlich, dass das Ende der Fahnenstange für die Goldnachfrage noch lange nicht erreicht ist. Zumal die Steinbeis-Studie auch ergab, dass Gold nur rund 1,6 % des Gesamtvermögens der deutschen Haushalte ausmacht!

Alles in allem eine Studie, die angesichts der derzeitigen Weltlage und dominanten Risikoperzeption der Anleger zuversichtlich stimmt, denn der Sinn antizyklischer Investitionen liegt ja gerade in der Minimierung des Kapitalaufwandes. Und dies gilt eben nicht nur für deutsche Privatanleger. Erinnern Sie sich noch an das abgedroschene Argument, Gold bringe keine Zinsen? Inzwischen ist der Realzins in Deutschland seit rund 7 Jahren negativ, und auch die Umlaufrendite ist wieder in den negativen Bereich geraten. Die Zukunft lässt hierbei entweder eine Rückkehr der realistischen Bepreisung des Ausfallrisikos von Anleihen erwarten und damit eine Explosion der Zinsen, wenn die ,,Marktpflege‘‘ der Notenbanken politisch beendet wird. Oder aber der Zins bleibt niedrig, weil die schwachbrüstige Konjunktur bereits wieder eine fette Bronchitis bekommt. Dann aber dürfte nicht nur der Zins weiter fallen, sondern irgendwann auch die Aktienkurse, da deren Gewinnwachstum zu optimistisch ist. Es bleibt also spannend.

Fazit: Der strategische Investor kann sich mit dem Argument des nicht bezahlten Zinses gut abfinden. Denn hat man schon mal gehört, dass eine Gebäude- oder KfZ-Versicherung dem Versicherungsnehmer einen Zins zahlen soll? Eben! Die Sinnhaftigkeit hängt also von der Beantwortung der Frage ab, welche individuelle Funktion Edelmetalle im Allgemeinen und Gold im Besonderen in der Vermögensverwaltung spielen sollen. Will man das Preisänderungsrisiko für Gold managen, kann man schließlich auch Futures und Optionen nutzen. Die stehen ja nicht nur jenen zur Verfügung, die anscheinend einen Fetisch an fallenden Goldpreisen gefunden haben, seien es nun Fans von Kryptowährungen oder ,,Plunge Protection Teams‘‘. Dass die Deutschen das tun, was sie gerade tun, ist auch die Lehre eines harten Jahrhunderts, in dem Finanzvermögen mehrfach fast vollkommen entwertet oder enteignet wurden. Ein überzeugendes Argument dagegen, gerade im Europa und der globalisierten Welt von heute, muss deshalb deutlich mehr wiegen als ein Zins von null Prozent!

 

22.04.2019 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de





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