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Bargeld und die Schocks auf die Stabilitätsillusion

Der deutsche Sparer - ein scheues Reh

NTG24 - Bargeld und die Schocks auf die Stabilitätsillusion

 

Die letzten Jahre waren für deutsche Sparer ein Martyrium. Die Nullzinspolitik trieb die Sparguthaben angesichts der klaffenden Vorsorgelücke in immer risikoreichere Anlagen, die viele aber nicht haben wollten.

Solange die Zinsen fielen, erzielten die Anleger Kursgewinne und spürten das sinkende Zinsniveau n(noch) nicht so deutlich. Diese Phase ist aber nun lange vorüber und der Leidensdruck ist seit Jahren hoch.

Eine Studie der ING Bank hat nun das Sparverhalten der Deutschen untersucht und bezieht auch die Reaktion der Sparer auf den Ausbruch der Corona-Pandemie mit ein.

Zwar ist es noch zu früh, um die langfristigen Auswirkungen der Corona-Krise auf das Sparverhalten für die Zukunft zu quantifizieren.

Die ,,Sparkrisen‘‘ der letzten 20 Jahre halten aber bereits Lehren bereit, welche auf Basis von Daten der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank (EZB) zu Vermögensentwicklung und Sparverhalten deutlich wurden.

In den Daten wird deutlich, dass deutsche Sparer in den letzten 20 Jahren vier Finanz- bzw. Sparkrisen aushalten mussten: Die Dotcom-Krise (bzw. geplatzte Dotcom-Blase 2001 bis 2005), die Finanzkrise (2008/2009), die Eurokrise (2012/2013) und die durch historisch niedrige Zinsen geprägte Zinskrise (2014 bis 2019).

Zwischenfazit: Im Auswertungszeitraum gab es kaum einen Zeitraum, der aus Sparersicht als normal bezeichnet werden konnte.

 

Sparenten

Bildnachweis: © The Walt Disney Company

 

Nach Angaben von ING haben die deutschen Sparer ihr Sparverhalten durch die Krisen nahezu vollständig umgestellt. ,,Verglichen mit den Jahren 1999/2000, also die Zeit vor der Dotcomkrise, investierten Sparer in der Zinskrise dramatisch mehr in Bankeinlagen (+61%punkte), signifikant weniger in Versicherungen (-16%punkte) und deutlich weniger in Wertpapiere (-30%punkte). Auch einzelne Krisen haben sich erheblich auf das Anlageverhalten ausgewirkt. So haben die Deutschen sowohl während der Finanzkrise (2008/09) als auch während der Eurokrise (2012/13) in erheblichem Umfang Wertpapiere (Fonds, Anleihen und Aktien) verkauft.‘‘

Die Dotcom-Blase hat der sowieso noch schwachen Aktienkultur in Deutschland einen empfindlichen Rückschlag versetzt. Im Ergebnis brauchten die deutschen Sparer 5 Jahre, um wieder mehr in Aktien zu investieren. Auch während der Eurokrise 2012 und 2013 kam es erneut zu Abflüssen. Erst seit dem Jahr 2014 investieren deutsche Sparer wieder kontinuierlich, wenn auch in geringerem Umfang, in Aktien. 2019 lagen Aktieninvestments mit 14 Mrd. Euro immerhin auf dem höchsten Stand der letzten drei Jahre.

 

Die Finanzkrise 2008/2009 und die Anleihen

 

In der Finanzkrise sank dann der Anteil der Anleihen am Vermögen. Bis dahin wurden jährlich  bis zu 40 Mrd. Euro p.a. neu in Anleihen investiert. Ab 2008 folgte der scharfe Einbruch. Die Sparer zogen seither fast jedes Jahr Vermögen aus Anleihen ab. Ergebnis: Der Anteil der Anleihen am Finanzvermögen der Deutschen hat sich in den letzten 20 Jahren auf unter 2% gedrittelt. Als Anlage für private Haushalte spielen Anleihen daher aktuell fast keine Rolle mehr.

Und da wären noch Anlagefonds: Im Jahr 2000 wurden rund 50 Mrd. Euro in Fonds gesteckt, was damals 45% des jährlichen Sparvolumens entsprach. ,,In der Dotcom-Krise ging das Investmentvolumen jedoch ab dem Jahr 2002 kontinuierlich deutlich zurück. In den Jahren 2006 bis 2008 flossen sogar insgesamt fast 80 Mrd. Euro aus Fonds ab. Erst seit der Zinskrise im Jahr 2014 investieren deutsche Sparer wieder nachhaltig in Fonds. Auch wenn der entsprechende Sparanteil noch deutlich geringer als zu Beginn des Jahrtausends ist, haben sich die Investments im entsprechenden Zeitraum bereits auf über 170 Mrd. Euro summiert.‘‘

 

Nullzinspolitik und Bargeld-Präferenz

 

Und nun noch die Null- und Negativzinsen der EZB, aber mit einem interessanten Detail: In der Zinskrise hat die Bargeldhaltung in Deutschland einen regelrechten Boom erlebt. Seit Ende 2013 haben sich die Bargeldbestände der Sparer auf 253 Mrd. Euro mehr als verdoppelt.

„Die beschriebenen Entwicklungen haben dazu geführt, dass die Deutschen in den letzten Jahren einen Teil ihres Geldes unter das Kopfkissen gelegt haben. Die Corona-Krise scheint diesen Trend nochmals zu beschleunigen. Verglichen mit der Entwicklung in den Vormonaten lässt sich laut Analyse bereits im März 2020 ein „Corona-Sondereffekt“ für die Euro-Zone von ca. 30 Mrd. Euro ermitteln. Von diesem entfallen ca. 6 Mrd. Euro auf die deutschen Privathaushalte“, erklärt Thomas Dwornitzak, Leiter Sparen & Anlegen der ING Deutschland.

Wer aber von jeder Krise profitieren konnte, das waren Bankeinlagen. Ihr Anteil am Sparvolumen privater Haushalte ist in den letzten 20 Jahren in jeder der vier identifizierten Krisen angestiegen. In der Zinskrise ist mit 52% im Durchschnitt mehr als jeder zweite Spar-Euro in Bankeinlagen geflossen.

,,Trotz der nicht weniger als vier aufgezeigten Sparkrisen ist das Finanzvermögen deutscher Privathaushalte in den vergangenen 20 Jahren bis Ende 2019 aber um insgesamt 3,1 Bio. Euro gestiegen. Das Finanzvermögen hat sich damit auf aktuell insgesamt 6,5 Bio. Euro nahezu verdoppelt (+95%). Dies entspricht einem durchschnittlichen Anstieg von 3,4% p.a. In den vergangenen 10 Jahren hat sich der jährliche Zuwachs mit 4,3% p.a. sogar noch beschleunigt.‘‘

 

 Fazit

 

Der deutsche Sparer hat zwar konservativer als das ,,optimale Portfolio‘‘ angelegt. Damit hat er sich aber angesichts des zunehmenden Ausfallrisikos von Anleihen und einer potenziellen Liquiditätsklemme weitsichtig verhalten. Denn ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass aus einer Liquiditätskrise oft eine Solvenzkrise wird. Und dann ist eben ,,Cash wieder King!‘‘

 

15.06.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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