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Gewohnheitsrecht im Arbeitsrecht

Wann ist das Gewohnheitsrecht in Deutschland anwendbar?

NTG24 - Gewohnheitsrecht im Arbeitsrecht

 

 

Die Rechte eines Arbeitnehmers werden nicht nur durch Bestimmungen des Gesetzgebers geregelt. Entscheidend sind an dieser Stelle auch andere Vorschriften sowie Klauseln, die zwischen ihm und dem Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitsvertrags hinterlegt wurden. Unter diesen Bereich fällt das Gewohnheitsrecht. Doch was verbirgt sich dahinter, wann ist es anwendbar und kann ein Anspruch auf das Gewohnheitsrecht eventuell auch nicht vorliegen?

 

Gewohnheitsrecht gilt als ungeschriebenes Recht

 

Die Ansprüche, die ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber gegenüber geltend machen kann, werden durch verschiedene Rahmenbedingungen definiert. Das sogenannte Gewohnheitsrecht kann eine Säule dieser Bedingungen sein. Das Gewohnheitsrecht bezieht sich im Grunde auf Vereinbarungen sowie Rechte, die ohne Widerspruch von allen Beteiligten in einem Unternehmen akzeptiert werden. Sie sind den Bestimmungen des Gesetzgebers nicht unterlegen.

Da Gewohnheitsrechte in der Regel nirgends schriftlich festgehalten sind, gehören sie in die Gruppe des ungeschriebenen Rechts. Entscheidend ist bei diesen Aspekten immer, dass sie die grundlegenden Anforderungen erfüllen. So müssen solche Handlung allgemein, gleichmäßig und stetig sein. Des Weiteren ist es wichtig, dass sie schon seit geraumer Zeit ausgeführt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt des Gewohnheitsrechts ist es, dass keiner der Beteiligten dieses anzweifelt. Es gibt hier generell kein verbindliches Recht, das sich auf Leistungen und Verbindlichkeiten bezieht. Erst wenn all diese Anforderungen tatsächlich erfüllt sind, sind die Bedingungen des Gewohnheitsrechts erfüllt und die damit einhergehenden Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelten schließlich als rechtsverbindlich.

 

Gewohnheitsrecht verspricht in Unternehmen erhebliche Vorteile

 

Überall dort, wo Menschen zusammenkommen, entwickeln sich mit der Zeit gewisse Gewohnheiten und Gepflogenheiten. Ein Unternehmen bildet hier keine Ausnahme. Der Inhalt und Ablauf dieser Gewohnheiten ist allerdings sehr unterschiedlich. Trotzdem bieten diese Gepflogenheiten und damit eben auch das Gewohnheitsrecht für ein Unternehmen entscheidende Vorteile.

So beugt es in erster Linie Konflikten vor. Konflikte zwischen Mitarbeitern stellen für ein Unternehmen immer ein besonderes Risiko dar. Sie beeinträchtigen die Produktivität, erhöhen das Risiko der Mitarbeiterfluktuation und können damit auch den potenziellen Erfolg eines Unternehmens beeinträchtigen.

Mit dem Gewohnheitsrecht kann vielen potenziellen Konflikten vorgebeugt werden. So trägt es dazu bei, eine Ungleichbehandlung der Mitarbeiter zu vermeiden. Es sichert die Gleichbehandlung. Des Weiteren stärkt es den betrieblichen Frieden.

 

Leistungen, die zum Gewohnheitsrecht gezählt werden

 

Was genau unter den Bereich des Gewohnheitsrechts fällt, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Hierbei kann es sich beispielsweise um zusätzliche Leistungen handeln, die ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber erhält. Dazu gehören Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Aber auch mögliche Pausenzeiten und die Pausendauer können unter das Gewohnheitsrecht fallen. Gleiches gilt für die Vorgehensweise im Falle einer Krankmeldung. Diese kann bei den Betrieben durchaus unterschiedlich erfolgen.

 

Gewohnheitsrecht gilt für alle Arbeitnehmer

 

Welche Regelungen und Vereinbarungen genau unter das Gewohnheitsrecht fallen, ist teilweise von Betrieb zu Betrieb sehr verschieden. Allerdings gibt es eine Besonderheit: Arbeitnehmer haben immer einen Anspruch auf die betriebliche Gleichbehandlung. Das heißt wiederum, dass Regelungen, die unter das Gewohnheitsrecht fallen, ausnahmslos für alle Mitarbeiter gelten. Nur so lässt sich tatsächlich sicherstellen, dass der betriebliche Frieden auf Dauer erhalten bleibt.

Entscheiden sich Arbeitgeber also dafür, gewisse Leistungen zusätzlich zum Lohn zu zahlen, hier sind allen voran Weihnachtsgeld und Prämien zu nennen, muss dies alle Arbeitnehmer einbeziehen.

 

Wann greift das Gewohnheitsrecht?

 

Die Gültigkeit des Gewohnheitsrechts ist immer an einige Bedingungen geknüpft. Regelungen unterliegen demnach nur dann dem Gewohnheitsrecht, wenn schon jetzt einige Arbeitnehmer eines Unternehmens davon profitieren. Darüber hinaus darf es aber auch keinen sachlichen Grund geben, warum einzelne Vorteile bestimmten Mitarbeitern nicht gewährt werden. Des Weiteren muss für die Gültigkeit des Gewohnheitsrechtes die Situation zwischen den Nutznießern sowie den Beanstandenden weitgehend vergleichbar sein.

 

Gewohnheitsrecht bezieht sich nicht nur auf das Arbeitsrecht

 

Häufig wird das Gewohnheitsrecht vor allem mit dem Arbeitsrecht in Verbindung gebracht. Tatsächlich gilt dieses aber über das Arbeitsrecht hinaus und bezieht demnach alle Bereiche ein, in denen Menschen gemeinschaftlich zusammenarbeiten. Darüber hinaus gibt es das Gewohnheitsrecht bei Weitem nicht nur in Deutschland. Es spielt generell auch auf internationaler Ebene eine Rolle und schließt demnach auch verschiedene Säulen des Völkerrechts ein. Gerade im Völkerrecht stellt das Gewohnheitsrecht generell neben den Verträgen eine der wichtigsten Rechtsquellen dar.

 

Gewohnheitsrecht geht mit gewissem Konfliktpotenzial einher

 

Sowohl im Arbeitsrecht als auch in anderen Rechtsgebieten bringt das Gewohnheitsrecht viele Vorteile und bildet eine der wichtigsten Grundlagen, um friedlich zusammenzuleben. Doch es gibt auch Konfliktpotenzial, das nicht unterschätzt werden darf. Dieses spielt vor allem dann eine Rolle, wenn das Gewohnheitsrecht mit gültigen Gesetzen kollidiert. In diesem Fall sind Diskussionen und Auseinandersetzungen beinahe immer vorprogrammiert.

Trotzdem sind Gewohnheitsrechte aus dem gesellschaftlichen Zusammenleben im Grunde nicht mehr wegzudenken. So trägt es insbesondere in den Unternehmen in erheblichem Umfang zur Stabilität und Harmonie der Betriebe bei. Beides ist wichtig, um auf einem dynamischen Markt, der von stetiger Weiterentwicklung geprägt wird, auf Dauer bestehen zu können.

Anders als typische Gesetze, die durch eine legislative Akte geschaffen werden, bilden die Grundlagen des Gewohnheitsrechts immer die individuelle Überzeugung sowie die Anwendung in der Praxis. Das sorgt natürlich auch dafür, dass mit der Zeit zum Beispiel durch einen breiten Wechsel der Belegschaft neue Gewohnheiten und damit auch ein Recht auf diese entstehen können.

 

17.05.2024 - Christian Teitscheid

Unterschrift - Christian Teitscheid

 

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