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Justizreformen in Rumänien im Fokus

Rumänien droht Niederlage vor EuGH

NTG24 - Justizreformen in Rumänien im Fokus

 

Rumänien droht im Streit über seine Justizreformen eine Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof. Dies berichtet heute die Nachrichtenagentur ,,EU-info.de‘‘. Dabei geht es vor allem um die Einrichtung einer Abteilung zur Überprüfung von Justizirrtümern von Richtern und Staatsanwälten sowie um die vorläufige Berufung des Chefs der Behörde.

Der zuständige EuGH-Generalanwalt wertete beides in seiner heutigen Stellungnahme als rechtswidrig. Das Urteil des EuGHs wird in einigen Wochen erwartet (Aktenzeichen C-83/19, C-129/19, C-195/19, C-291/19, C-355/19, C-397/19).

Mehrere rumänische Gerichte hatten den EuGH in Luxemburg um Prüfung gebeten, ob einzelne Justizreformen in ihrem Land mit EU-Recht vereinbar sind. Verstöße sieht EuGH-Generalanwalt Michal Bobek vor allem bei der Einrichtung einer neuen Instanz in Rumänien, die sich mit Fehlern und Straftaten von Richtern und Staatsanwälten beschäftigt.

Es bedürfe eines besonderen Grundes, um eine solche Abteilung für die Untersuchung von Straftaten innerhalb der Justiz einzurichten, argumentierte Bobek. In Rumänien sei die Schaffung einer solchen Stelle aber nicht auf klare, unzweideutige und zugängliche Weise
gerechtfertigt worden. Es gebe auch keine ausreichenden Garantien, um politische Einflussnahme auszuschließen. Die Schaffung der Instanz verstoße deshalb gegen EU-Recht.

Es müsse verhindert werden, dass ein System zur Überwachung von Richtern und Staatsanwälten zur politischen Kontrolle über Gerichtsentscheidungen genutzt werde, befand Bobek.

Abweichend von den geltenden nationalen Regelungen war der Leiter dieser Justizinspektion nach Ablauf seines Mandats durch eine vorläufige Ernennung wieder ins Amt gesetzt worden. Dazu erklärte der Generalanwalt, die Art und Weise der vorläufigen Ernennung des
Chefjustizinspektors könnte Zweifel an dessen Neutralität wecken. Auch in diesem Punkt monierte er einen Verstoß gegen das Unionsrecht.

 

Die Aufnahme Rumäniens in die Rechtsgemeinschaft EU

 

Zur Erinnerung: Im Februar 1993 hatte Rumänien ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union abgeschlossen, das am 1. Februar 1995 in Kraft trat. Danach stellte Rumänien am 22. Juni 1995 ein offizielles Beitrittsgesuch, und im Dezember 2004 wurden die Verhandlungen abgeschlossen. Wegen der fragilen Wirtschafts- und Rechtslage Rumäniens wurden dem Land bis 2007 strenge Auflagen erteilt. Der Beitrittsvertrag wurde dann aber am 25. April 2005 unterzeichnet. Einige Klauseln darin hätten es der EU ermöglicht, den für den 1. Januar 2007 geplanten Beitritt um ein Jahr zu verschieben. Dies trat aber nicht ein, und so wurde Rumänien zusammen mit Bulgarien zum 1. Januar 2007 in die Europäische Union aufgenommen.

Rechtlich zentral für die Aufnahme war die damalige Prognose, dass Rumänien aufnahmefähig im Sinne der EU-Verträge ist. Die Kriterien dafür sind in Art. 49 und Art. 2 des Vertrages über die Europäische Union zu finden, wobei Art. 49 die Rechtsgrundlage für den Beitritt zur EU durch europäische Staaten enthält und Art. 2 die Werte darlegt, auf die sich die EU stützt.

Explizit muss das Land die Kopenhagener Kriterien von 1993 erfüllen. Diese Kriterien beinhalten neben einer funktionsfähigen Marktwirtschaft auch die Fähigkeit, die aus einer Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen zu übernehmen und wirksam zu erfüllen, einschließlich der Ziele der politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion. Daneben ist drittens eine hinreichende institutionelle Stabilität notwendig, welche Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte garantiert und Minderheiten achtet und schützt.

Der Europäische Rat, der im Dezember 1995 in Madrid tagte, ergänzte, dass die Kandidatenländer in der Lage sein müssen, EU-Recht anzuwenden und zu gewährleisten, dass das in nationale Rechtsvorschriften umgesetzte EU-Recht wirksam durch angemessene Verwaltungs- und Justizstrukturen umgesetzt wird.

 

Fazit

 

In der Rückschau verdeutlicht der aktuelle Prozess, dass es anhaltende Risiken innerhalb des rumänischen Staates gibt, diese institutionelle Garantie des auch juristischen Besitzstandes der EU zu wahren, wozu eben genau jene richterliche Unabhängigkeit gehört, deren Gefährdung der EU-Generalanwalt heute aufgezeigt hat. Es wird deshalb in der anstehenden Urteilsverkündung auch eine politische Reaktion auf die Entwicklungen in Rumänien nötig sein, denn eine dauerhafte Verletzung dieser Aufnahmevoraussetzungen dürfte das Ansehen der EU als Rechtsgemeinschaft enormen Schaden mit Blick auf einen effektiven Rechtsschutz und seine Reputation zufügen.

 

23.09.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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