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Urlaub in der Corona-Krise

Rechtliche Betrachtungsweise der Urlaubsregelungen in der Corona-Krise

NTG24 - Urlaub in der Corona-Krise

 

Ein derzeit vermutlich sehr weit verbreitetes Problem und ein deutlich hervortretendes Symptom der Corona-Pandemie ist eine starke Unsicherheit bei Arbeitnehmern weltweit. Nicht nur im Hinblick auf die Möglichkeit zu arbeiten, wie uns beispielsweise die Massenarbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten zeigt, sondern auch in Bezug  auf das Arbeitspensum und vor allem die Konditionen von Arbeit, schwebt eine große Wolke der Unsicherheit über den Menschen. In Deutschland kann das System der Kurzarbeit glücklicherweise relativ unkompliziert und direkt einiges auffangen, sodass sich das Chaos in Grenzen hält und die auf anderweitige staatliche Unterstützung angewiesenen Selbstständigen die am schwersten betroffene Gruppe bleibt.

Der Sommer rückt nicht nur temperaturmäßig immer näher und es drängt sich für viele vermehrt die Urlaubsfrage in den Vordergrund. An Reisen ist derzeit nicht zu denken und mit einer drastischen Veränderung der äußerst eingeschränkten Situation kann zumindest in naher Zukunft nicht gerechnet werden. Dementsprechend werden die meisten Menschen nun versuchen, den lang ersehnten Reiseurlaub nach hinten zu verschieben. Da wäre es natürlich nett, wenn die Urlaubstage ebenso flexibel verschoben werden könnten.

 

Woher kommt der Urlaubsanspruch?

 

Die rechtliche Grundlage für einen Urlaubsanspruch bildet das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), welches Arbeitnehmern pro Kalenderjahr bezahlten Urlaub über einen Zeitraum von vier Wochen (§§ 1, 3 BUrlG) zusichert. Auch das Unionsrecht setzt einen solchen Urlaubsanspruch als obligatorisch voraus. Europarechtlich ist das Recht auf bezahlten Urlaub grundsätzlich in Art. 31 Abs. 2 der Grundrechtecharta der Europäischen Union (GrCH)  festgelegt. Präzisiert wird diese grundrechtliche Garantie durch die Arbeitszeitrichtlinie RL 2003/88/EG ebenfalls mit vier Wochen. Ihre Bedeutung als „ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union anzusehen ist, von dem nicht abgewichen werden darf" (EuGH, Urt. v. 6.11.2018, Az.: C-684/16) wurde auch in zahlreichen Urteilen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) betont.

Dem Urlaubsanspruch liegt zwar der Grundgedanke eines Erholungsbedürfnisses zugrunde, ein solches ist jedoch keine Voraussetzung für die Gewährung von Urlaub, wie das Bundesarbeitsgericht feststellte (BAG, Urt. v. 20.5.2008, Az.: 9 AZR 219/07). Vertraglich können in Form einer Individualabrede natürlich auch mehr Urlaubstage als die obligatorischen vier Wochen festgelegt sein

 

Den Urlaub mit ins nächste Kalenderjahr nehmen?

 

Eine nahe liegende Überlegung in Zeiten von Corona wäre es natürlich für viele, den nicht wie geplant für Reisen verbrauchbaren Urlaub für das nächste Jahr zu sparen, um das angestaute Fernweh dann zur Genüge erfüllen zu können.

Das einzige Problem an der Idee ist jedoch § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG. Dieser regelt, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. Eine Übertragung auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers vorliegende Gründe dies rechtfertigen. Der Ausfall von privaten Urlaubsreisen wird wohl regelmäßig keinen solch dringenden Grund darstellen, stattdessen handelt es sich bei den Ausnahmefällen meist um Krankheit.

Eine Ausnahme regelt § 7 Abs. 4 BUrlG für Fälle, in denen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ansteht. Wenn der dem Arbeitnehmer zustehende Urlaub tatsächlich nicht mehr gewährt werden konnte, können die Resturlaubsansprüche ausbezahlt werden.

Die geplanten Reisen einfach aufs nächste Jahr zu verschieben erscheint dementsprechend derzeit nicht komplett unrealistisch, den Urlaub aus der Corona-bedingten Quarantänezeit mit ins nächst Kalenderjahr zu nehmen, allerdings schon.

 

Urlaub noch canceln?

 

Hat der Arbeitgeber den beantragten Urlaub erst einmal gewährt, kann nicht mehr ohne Weiteres Abstand davon genommen werden, es gibt also kein „Stornierungsrecht“. Es müsste zunächst das Einverständnis des Arbeitgebers eingeholt werden. Hier wird das Ziel des Urlaubs, nämlich die Erholung, dem Arbeitnehmer doch zur Einschränkung. Erholung ist nämlich wohl auch ohne Probleme ohne Reisen möglich, sodass eine Argumentation dahingehend, dass die geplante Reise ja nun nicht angetreten werden könne und der Urlaub damit hinfällig werde, wohl arbeitsrechtlich nicht standhalten würde.

 

Aus der Arbeitgeberperspektive

 

Auch der Arbeitgeber ist an die vereinbarten Urlaubstage gebunden, sodass er bei der Urlaubsplanung nicht einfach frei schaffen kann. Bereits gewährter Urlaub kann schwerlich wieder zurückgenommen werden. Das LAG Köln entschied zum Beispiel, dass es nicht genügt, dass ein Unternehmen aufgrund von Krankheit oder mehrerer sich im Urlaub befindender Arbeitnehmer in personelle Schwierigkeiten kommt, um Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückrufen zu können (LAG Köln, Urt. v. 27.9.2012, 6 Sa 449/12). Diese Möglichkeit haben Arbeitgeber lediglich in echten Notfällen.

Meist lohnt es sich trotzdem, dem Arbeitgeber in Krisenzeiten wie diesen entgegenzukommen, sollte der Chef sein Personal aufgrund eines hohen Arbeitsaufkommens aktuell dringend benötigen. Dies könnte eine gute Grundlage für Verhandlungen über zusätzlichen Urlaub oder finanzielle Kompensation schaffen und stärkt sicherlich auch den Zusammenhalt innerhalb des Unternehmens in der Pandemie-Zeit.

Eine Ausnahme, bei der der Arbeitgeber seine Mitarbeiter einseitig in den Urlaub entsenden kann, sind Betriebsferien. Diese müssen jedoch mit dem Betriebs- oder Personalrat – falls es einen solchen gibt – abgestimmt werden, lange genug im Vorfeld angekündigt werden und den Arbeitnehmern muss ein gewisser Spielraum eingeräumt werden. So muss ihnen genug Resturlaub zur Verfügung bleiben und der Arbeitgeber muss den Zeitraum nach billigem Ermessen bestimmen.

 

Besonderheiten von Urlaubsansprüchen im Zusammenhang mit Kurzarbeit

 

Für viele Unternehmen ist das Anmelden von Kurzarbeit derzeit der einzige Ausweg aus der Krise. Auch bei dieser Sonderkonstellation stellt sich die Frage, wie genau sich die Corona-Pandemie auf Urlaubsansprüche auswirkt.

In der Regel müssen alle Urlaubsansprüche vor Beginn der Kurzarbeit für das laufende Jahr verplant werden. Der Urlaub findet dann auch in der Kurzarbeit statt. Nach § 11 Abs. 1 S. 3 BUrlG wird für die Urlaubszeit der ursprüngliche volle Verdienst gezahlt, also Urlaubsgeld in ungekürzter Höhe. Eine Ausnahme hiervon gilt im Fall der „Kurzarbeit null“, bei der der Arbeitnehmer gar keine Arbeitsleistung mehr schuldet. Für diesen Zeitraum können sich die Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer anteilig reduzieren.

 

28.04.2020 - Lena Beermann - lb@ntg24.de

 

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