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Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Zeiten von Corona

Merkel verteidigt aktuelle Maßnahmen

NTG24 - Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Zeiten von Corona

 

Auf die stark gestiegenen Infektionszahlen reagieren Bund und Länder nun mit konkreten Maßnahmen. Das öffentliche Leben soll erheblich eingeschränkt werden, was stark an den Zustand im Frühjahr erinnert. Die beschlossenen Maßnahmen sind für viele Menschen mit gravierenden Grundrechtseingriffen verbunden, insbesondere in Hinblick auf die Berufsfreiheit und die allgemeine Handlungsfreiheit. Daher ist es auch nicht erstaunlich, dass diese enorm kritisiert werden.

In einer Regierungserklärung hat Bundeskanzlerin Angela Merkel alle Bürger zu weiterer Vorsicht und Solidarität in der Pandemie aufgerufen. Es komme auf jede und jeden Einzelnen sowie Engagement, Ausdauer und Rücksichtnahme aller an, sagte sie im Bundestag.

Zudem reagierte Merkel auf die Kritik, indem sie die Maßnahmen verteidigte. Sie bezeichnete sie als „geeignet, erforderlich, verhältnismäßig“. Doch was genau steckt hinter diesen Begrifflichkeiten?

 

Ein Grundsatz aus dem Rechtsstaatsprinzip

 

Mit den von Merkel gebrauchten Merkmalen greift sie auf das sogenannte Verhältnismäßigkeitsprinzip zurück, das ein wichtiges Merkmal des deutschen Rechtsstaates darstellt. Dieses dient dem Zweck, die Bürger vor übermäßigen Übergriffen des Staates in die allgemeinen Grundrechte zu schützen und wird deswegen auch als „Übermaßverbot“ bezeichnet. Das Prinzip besteht aus verschiedenen Elementen.

Anzeige:

Werbebanner Zürcher BörsenbriefeZunächst muss der Staat mit der grundrechtsbeschränkenden Maßnahme einen legitimen Zweck verfolgen. Dieser stellt in der aktuellen Lage kein Problem dar, da der Staat die Pflicht hat, die Bürger zu schützen. Der Schutz vor weiteren Gefahren, die die Gesundheit gefährden, ist damit während der Corona-Pandemie ein legitimer Zweck.

Eine grundrechtsverkürzende Maßnahme muss zudem geeignet sein, den mit der Maßnahme verfolgten Zweck überhaupt zu erreichen. Dies ist zu bejahen, wenn durch die in Rede stehende Maßnahme die Wahrscheinlichkeit der Zweckerreichung erhöht wird bzw. wenn der angestrebte Erfolg durch sie zumindest gefördert wird. Zu beachten ist jedoch, dass es nicht erforderlich ist, dass der angestrebte Erfolg mit Sicherheit erreicht wird. In diesem Punkt herrscht bezüglich der neuen Maßnahmen keine Einigkeit. Problematisch ist hier, dass es mittlerweile sehr schwierig ist, Infektionswege nachzuverfolgen, sodass die Bewertung der Geeignetheit von Verboten problematisch ist.

Darüber hinaus muss die Maßnahme erforderlich sein. Dass Maßnahmen in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen erforderlich sind, sollte offensichtlich sein. Hier muss jedoch auf die genaue Bedeutung der Erforderlichkeit abgestellt werden. Erforderlichkeit heißt, dass der Zweck nicht durch ein anderes, gleich wirksames, aber weniger belastendes Mittel erreichbar ist. Auch darüber herrscht Uneinigkeit in Hinblick auf die neuen Maßnahmen.

Die Angemessenheitsprüfung ist der letzte Schritt der Zweck-Mittel-Relation. Dabei wird die Schwere des Grundrechtseingriffes durch das gewählte Mittel in Relation zu dem verfassungsrechtlichen Gewicht der verfolgten Zwecke gesetzt. Die Angemessenheit ist dann gewahrt, wenn der Grundrechtseingriff nicht außer Verhältnis zum verfolgten Zweck steht. Sie ist damit eine abwägende Frage und wie Merkel betonte, ist es daher „richtig, wichtig und unverzichtbar“, dass die Maßnahmen öffentlich diskutiert, kritisiert und auf ihre Angemessenheit befragt werden.

 

Ein ständiges Abwägen

 

Wie schon lange nicht mehr zuvor hat die Corona-Pandemie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in die Köpfe der Menschen gebracht und Diskussionen ausgelöst. Letztlich dreht sich so vieles um diesen Grundsatz und das wird auch vorerst so bleiben. Jede der Anti-Corona-Maßnahmen, die noch kommen mag, wird an eben diesem Maßstab der Verhältnismäßigkeit gemessen werden.

 

30.10.2020 - Ann-Kathrin Wellen - akw@ntg24.de

 

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