BioNTech erhitzt weiter die Gemüter, Steinhoff mit neuem Kurssprung, gemischte Signale bei Novavax und bei Volkswagen scheinen die Anleger unzufrieden
Die Meinungen gehen auseinander
BioNTech propagiert derzeit stark Booster-Impfungen, hält gar eine Verkürzung der Wartezeit für sinnvoll und spricht immer wieder davon, dass Geimpfte auch vor Omikron mit drei Spritzen gut geschützt seien. Medienberichte vom Donnerstag scheinen allerdings auf den ersten Blick eine andere Sprache zu sprechen.
So berichtete der „Tagesspiegel“ über eine Gruppe von sieben Deutschen im Alter von 25 bis 39 Jahren, welche sich in Südafrika mit der Omikron-Variante infiziert haben, obwohl sie alle bereits eine Booster-Impfung erhalten haben sollen. Allerdings kam es bei keinem einzigen der Betroffenen zu einem schweren Verlauf. Das deckt sich mit dem derzeitigen Kenntnisstand, dass aktuell erhältliche Impfstoffe eben nicht verlässlich vor einer Infektion, sehr wohl aber vor einem Besuch auf der Intensivstation schützen.
Letztlich wird die Meldung allerdings nach Gusto interpretiert, in den sozialen Medien wird das Ganze von Impfgegnern bereits munter ausgeschlachtet. An der Börse hingegen gibt es Hoffnungen, dass nun doch vielleicht eine vierte Impfung gegen Omikron notwendig sein könnte. Für BioNTech (US09075V1026) wäre das keine schlechte Neuigkeit und so bewegte der Aktienkurs sich gestern wieder leicht um ein Prozent in die Höhe.
Ja, nein oder doch?
Derartige Luxusprobleme wie BioNTech hätte Novavax (US6700024010) wohl gerne. Das US-Unternehmen verfügt noch immer über keine Zulassung für seinen Tot-Impfstoff und in den letzten Tagen häuften sich nun Meldungen darüber, dass es beim Zulassungsprozess in den USA Probleme gebe. Grundsätzlich ist das allerdings nichts Neues und bezogen wird sich auf Produktionsprobleme, die mindestens seit September bekannt sind. Großartige Neuerungen haben sich nicht ergeben, auch wenn das mancherorts den Anschein erwecken mag.
Aus Europa gibt es tatsächlich sogar positive Nachrichten. Dr. Marco Cavaleri in seiner Position als Chef der EMA äußerte gegenüber der italienischen Zeitung „La Stampa“, dass es schon in wenigen Tagen eine Zulassung für das Novavax-Vakzin geben könnte und sprach im selben Atemzug von guten Studiendaten. An der Börse konzentrierten die Marktakteure sich aber anscheinend auf die negativen Meldungen, die Aktie von Novavax verlor am Donnerstag um 1,2 Prozent an Wert.
Ein typischer Steinhoff-Move
So gar nichts Neues gab es derweil von Steinhoff (NL0011375019) zu hören, wo der Aktienkurs gestern trotzdem gleich um 8,5 Prozent zulegte. Die Bullen konnten damit einen Widerstand bei 0,14 Euro hinter sich lassen und wieder für neue Hoffnung bei dem schwer angeschlagenen Papier sorgen.
Eine solche Bewegung ist für den Pennystock nicht unbedingt ungewöhnlich und noch ist fraglich, wie nachhaltig das Ganze ist. Im Internet wollen es einige bereits genauer wissen, die Rede ist teilweise von „großen News“, die schon in wenigen Tagen ihren Weg an die breite Öffentlichkeit finden sollen. Derartige Wortmeldungen sind jedoch mit einer großen Portion Vorsicht zu genießen, es könnte sich dabei sehr gut auch nur um Stimmungsmache handeln, um die Kurse noch weiter in die Höhe zu treiben. Für den Moment bleiben die Anteilsscheine von Steinhoff eine enorm riskante Angelegenheit.
Kein Zeichen von Aufbruchstimmung
Bei Volkswagen (DE0007664039) hat sich jüngst entschieden, dass Herbert Diess den Konzern weiterhin leiten wird. So richtig glücklich ist über die Entscheidung längst nicht jeder. Analysten begrüßen das Ganze zwar, in Teilen der Belegschaft sieht das jedoch ganz anders aus und auch die Aktionäre zeigen sich nicht besonders angetan.
Das lässt zumindest der Aktienkurs vermuten, der im gestrigen Handel um gut ein Prozent nachgab und auf 182,44 Euro zurückfiel. Die „WirtschaftsWoche“ kommentierte das Geschehen unter der Überschrift „Diess nervt. Aber Diess hat recht.“, was die Gemengelage der Emotionen an den Märkten erstaunlich gut zusammenfasst. Einstellen dürfen die Anleger sich nun wohl auf noch viele Tesla-Vergleiche in der Zukunft. Das muss aus geschäftlicher Sicht nichts Schlechtes sein, dem einen oder anderen dürfte das Ganze aber schon zu den Ohren herauskommen.
Irgendeiner meckert immer
Der letzte Handelstag brachte so manche Überraschung mit sich. Ob jene positiv oder negativ anzusehen sind, liegt im Auge des Betrachters. Ob Corona, spontane Kurssprünge bei Pennystocks oder der Entscheidung über den Chefsessel bei VW: irgendjemand wird immer unzufrieden sein.
Als Anleger ist es da vor allem wichtig, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Manches Mal steckt hinter vermeintlich großen Entwicklungen erstaunlich wenig kursrelevantes Material und umso mehr blanke Spekulation. Gleichwohl reicht zuweilen auch einfach nur die Stimmung aus, um den Trend bei einer Aktie grundlegend zu verändern. Die Kunst liegt darin, wirklich bedeutsame Entwicklungen von hochstilisierten Nichtigkeiten zu unterscheiden. Das gelingt aber selbst den besten Analysten nicht immer zuverlässig. Verlassen kann man sich da wohl nur auf ein Abwägen der Faktenlage nach bestem Wissen und Gewissen, abgerundet durch eine nicht zu dick aufgetragene Portion Bauchgefühl.
10.12.2021 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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