Steht der Brent-Ölpreis vor einem langfristigen Trendwechsel?
Brent-Öl scharrt mit den Chart-Hufen
Der Ölpreis hat sich erstaunlich schnell von den Wachstumssorgen in Bezug auf China erholt. Ein charttechnischer Blick auf den Brent-Ölpreis zeigt, dass dieser kurz vor dem Bruch mehrerer wichtiger Widerstände steht, die zu einer neuen Trendbewertung führen könnten. Der dafür zentrale Widerstand befindet sich bei 86,62 Dollar.
Der Ölpreis ist ein zentraler Referenzpunkt der Weltwirtschaft. Seine Preisänderungen haben einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf die ökonomischen Dispositionen der Marktteilnehmer, nicht nur am Finanzmarkt. Dies zeigt ein Blick zurück auf die Geschichte der Ölkrisen und Ölkriege.
Neben der Angebotspolitik im Rahmen der OPEC+ spielen die USA eine bedeutende Rolle für den Ölpreis, das dieser in US-Dollar gehandelt wird und damit der Ölpreis auch den Auswirkungen eines stärkeren US-Dollars ausgesetzt ist, was einen bedeutenden Teil der Dollar-Änderungen des Ölpreises erklärt.
Nachfrageseitig ist der Einfluss Chinas von großer Bedeutung, wie die Preisschwäche des Öls in den letzten Tagen wieder einmal verdeutlichte. Wachstumssorgen durch die chinesische Corona-und Kreditpolitik sowie immer stärkere Marktinterventionen am Finanzmarkt wackelten an dem ,,Best Case‘‘-Szenario chinesischen Wirtschaftswachstums.
Ob sich diese Befürchtungen im erwarteten Zeithorizont und in ihrem Ausmaß bestätigen, bleibt einstweilen offen.
Die charttechnische Analyse abstrahiert von all dem und interpretiert die Preisentwicklung sowie die zugehörigen Indikatoren wie die Umsätze vor dem Hintergrund der Historie. Daraus leitet sie Mustervermutungen ab, die zu einer besseren Schätzung der Preisentwicklung führen sollen als ohne sie. Grundlage dabei ist, dass die Markteffizienzhypothese zumindest in ihrer starken Variante nicht gilt.
Blickt man aus dieser Perspektive auf den Ölpreis der Sorte Brent, wie in Chart 1 abgebildet, so zeigt sich zum einen das erste Rohstoff-Zyklustief im Januar 2016, nachdem die USA über Russland nach deren Krimannexion Sanktionen verhängten. Der zweite Einbruch war der Corona-Schock Anfang März 2020.
Anzumerken ist nun aus charttechnischer Sicht, dass hierbei jeweils tiefere Tiefs und tiefere Hochs gebildet wurden, was für einen Abwärtstrend spricht.
Sein dem Corona-Crash im März 2020 ist der Brent-Ölpreis von rund 20 Dollar auf knapp 70 Dollar angestiegen und hat dabei sein Preisniveau zu Beginn der Corona-Krise deutlich überschritten und bereits den seit Juli 2014 laufenden Abwärtstrend gebrochen.
Dies macht die aktuelle Chartsituation so spannend. Denn Brent-Öl steht nun vor einem wichtigen statischen Widerstand bei 74,73 Dollar, der vom April 2019 stammt. Dieser wurde intra-monthly im Juni und Juli bereits überschritten, jedoch begann Mitte Juli dann eine kurzfristige Korrekturphase, die den Ölpreis in die Nähe seines mittelfristigen Aufwärtstrends brachte.
Chart 2 zeigt nun die Entwicklung des Brent-Öls der letzten 30 Jahre in US-Dollar. In ihm wird deutlich, dass dieser bei seinem Absturz auf 20 Dollar eine wichtige Unterstützung aus dem Jahr 2001/2002 getestet hat.
Zugleich wird deutlich, dass der Bruch der seit 2014 laufenden Abwärtstrend-Linie das Warmlaufen für einen noch wichtigeren Trendbruch sein könnte. Denn ein Überschreiten des Zwischenhochs vom Oktober 2018 bei 86,62 Dollar öffnet vor dem Hintergrund der dann gebrochenen Regel tieferer Zyklushochs das Tor für einen neuen Aufwärtstrend bei Öl!
Diese Entwicklung würde allerdings bereits zuvor durch ein Überwinden der langfristigen Abwärtstrend-Linien angekündigt. Der tiefere liegt bei aktuell 77,60 Dollar, während der höhere bei etwa 81,30 Dollar liegt.
Und was ist das Fazit?
Der Ölpreis hat seit dem Corona-Crash im März 2020 einen Anstieg von 20 Dollar auf knapp 70 Dollar hinter sich und dabei bereits 2 mittelfristige Abwärtstrends überwunden. Ein Sprung über den statischen Widerstand bei 86,62 Dollar hätte mustertechnisch eine Neubewertung des seit Juli 2008 laufenden 13-jährigen Abwärtstrend zur Folge. Sollte dadurch ein entsprechendes Momentum frei werden, könnte die große Preislücke zwischen 86,62 Dollar und dem Preisniveau von Anfang Juli 2014 bei 112 Dollar schnell geschlossen werden. Nicht zuletzt aus diesem Grund sollten die Versuche des Brent-Ölpreises, die Marke von 86,62 Dollar zu überwinden, verstärkt verfolgt werden.
24.08.2021 - Arndt Kümpel
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