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Underdog Platin

Ein Marktbericht von Arndt Kümpel

 

Die Preisentwicklung von Platin steht in seltsamem Gegensatz zum schwesterlichen Highflyer Palladium. Wir blicken nachfolgend auf die Ursachen für diese Divergenz.

Wenn man die vier Edelmetalle Gold, Silber, Platin und Palladium seit der Jahrtausendwende vergleicht, reibt man sich ein bisschen die Augen. Wie können sich Gold und Palladium im Ausmaß ihrer Preisbewegung so anders entwickeln als Silber und Platin? Schließlich ist die Korrelation von Silber mit Gold sehr hoch und Platin ist ein relatives Substitut für Palladium. Man hätte erwarten können, dass die Preisentwicklung von Silber also von jener des Goldes und jene von Platin von der des Palladiums mitgetragen wird.

Ein Grund für die größere Präferenz des Goldes über Silber liegt einerseits in der Wertdichte, die zum Teil aus seinen Eigenschaften resultiert, andererseits aber auch aus der Art und Weise, wie macht- und geldpolitisch mit Gold und Silber in den letzten 200 Jahren umgegangen wurde. Die Art der Entmonetarisierung von Silber beeinflusste die Preisentwicklung ebenso wie der starke Einfluss des Silberterminmarktes. Und obwohl Silber über Jahrtausende ein monetäres Edelmetall war, ist der Anteil industrieller Nachfrage deutlich größer, was einen zyklischen Konjunkturfaktor in die Preisentwicklung bringt.

 

Chartgrafik Platin und Palladium

 

Den Einfluss industrieller Dynamik konnte man auch im Dieselskandal in Bezug auf Platin und Palladium beobachten. Die Nachfrage nach Platin für Abgaskatalysatoren entsprach in den letzten fünf Jahren durchschnittlich rund 42 % der Gesamtnachfrage. Im gleichen Zeitraum machten zudem andere industriellen Verwendungen 22 % der gesamten weltweiten Nachfrage aus. Doch während Palladium überwiegend für Autos mit Benzinmotor verwendet wird, sind es für Platin vor allem Dieselmotoren, die im Zuge des Dieselskandals abgestraft wurden. Der Anreiz, die relative Substitutionsfähigkeit von beiden in industriellen Prozessen zu nutzen, steigt dabei tendenziell mit der Preisdifferenz, ist aber auch nicht über Nacht zu haben.

 

Die Platinnachfrage

 

Ein Lichtblick der Platinnachfrage findet sich aber im neuesten Bericht des World Platinum Investment Councils (WPIC) zum Platinmarkt für das 1. Quartal 2019. Das WPIC ist eine Vereinigung der südafrikanischen Platinproduzenten Anglo American Platinum, Impala Platinum, Lonmin, Northam Platinum, Royal Bafokeng Platinum und Sibanye-Stillwater. Im aktuellen Bericht wird mit einem signifikanten Anstieg der Gesamtnachfrage nach Platin im Jahr 2019 gerechnet. Grund hierfür ist die starke Investitionsnachfrage, die die Nachfrageschwäche im Schmuck- und Automobilbereich in bedeutendem Maße kompensiert. Der Anstieg der Investitionsnachfrage ist dabei auf einen Anstieg der ETF-Bestände zurückzuführen, die im 1. Quartal 2019 um 690.000 Unzen zulegten. Dies ist der bisher höchste ETF-Zuwachs. Im Ergebnis übertraf die Nachfrage das Angebot erheblich und führte zum größten Quartalsdefizit von 550.000 Unzen seit Beginn des WIPC im Jahr 2014.

Das WPIC erwartet für 2019 aufgrund der stark gestiegenen Investitionsnachfrage einen Zuwachs der weltweiten Gesamtnachfrage von 8 %. Das globale Angebot, zu dem allein Südafrika rund 80 % beiträgt, soll um 4 % steigen. Mögliche Stromausfälle und Arbeitskampfmaßnahmen stellen jedoch Risiken dar, die das südafrikanische Bergbauangebot im Laufe des Jahres erheblich beeinträchtigen könnten. Da die Nachfrage das Angebot voraussichtlich übersteigen wird, dürfte der Angebotsüberschuss 2019 gegenüber dem Vorjahr von 670.000 Unzen auf 375.000 Unzen zurückgehen. Im Ergebnis besteht für Palladium weiter ein globales Defizit, während sich der Angebotsüberschuss bei Platin deutlich verringert. Die Wildcard ist hierbei aber vor allem die Investmentnachfrage nach Platin, die aufgrund des sehr kleinen Marktes schnell bedeutende Änderungen an der obigen Kalkulation bewirken kann.

Fazit: Platin bläst noch immer einiger Gegenwind ins Gesicht. Die Industrienachfrage, die 2018 rund 68 % der Gesamtnachfrage ausmachte, ist noch nicht im industriellen Gleichgewicht, was eine Prognose erschwert. Der relativ enge Markt, die politischen Risiken des Quasi-Angebotsmonopolisten Südafrika und die relative Substitutionsfähigkeit mit Palladium spielen Platin jedoch in die Karten. Es braucht deshalb nicht viel, um das Sentiment des Platinmarktes zu verbessern. Der Kursverlauf zeigt dies, ebenso jedoch die Handlungsschwellen für das Risikomanagement. Platin ist damit zwar immer noch ein Underdog, aber das war Rocky Balboa als Nobody 1976 schließlich auch.

 

13.06.2019 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de





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Bewertungen, Kommentare und Fragen an den Redakteur

 

  • Dirk M. - 15.06.2019 21:32:38 Uhr

    Platin ist aktuell stark unterbewertet! Ein Blick auf historische Charts lohnt sich hier.


 

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