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Deutsche Bank will Optimismus versprühen

Probleme bei dem Branchenprimus bleiben

NTG24 - Deutsche Bank will Optimismus versprühen

 

Mit ihren heute veröffentlichen Q3-Zahlen konnte die Deutsche Bank (ISIN: DE0005140008; WKN: 514000) die Analystenschätzungen deutlich übertreffen. So wies Deutschland führendes Geldinstitut für die Dreimonatsperiode nach Abzug von Zinszahlungen für Nachranganleihen einen Nettogewinn von 182 Mio. Euro aus. Zugleich zeigte sich Deutsche Bank-CEO Christian Sewing optimistisch, dass sich ein erheblicher Teil der zuletzt erreichten Ertragssteigerungen als nachhaltig erweisen wird. Da die strukturellen Probleme beim heimischen Branchenprimus bleiben, ist die Zeit zum Feiern für die Deutsche Bank-Aktionäre aber noch längst noch nicht gekommen.

Aktuell weht ein Hauch von Optimismus durch die europäische Bankenlandschaft. Erst vor wenigen Tagen konnten bedeutende Institute wie die Barclays, die HSBC und Santander ein solides Zahlenwerk für das dritte Quartal vorlegen. In dem jüngst wieder etwas positiveren Branchenumfeld gelang der Deutschen Bank ebenfalls eine positive Überraschung. So profitierte die Großbank im dritten Quartal vor allem von einem positiven Geschäft mit Anleihen, da viele Unternehmen das niedrige Zinsumfeld nutzten, um sich frische Liquidität im Corona-bedingt wirtschaftlich sehr unsicheren Umfeld zu besorgen. Entsprechend stiegen die Erträge im Investmentbanking gegenüber der Vorjahresperiode von 1,66 Mrd. Euro auf 2,37 Mrd. Euro an.

 

Langfristige Probleme bleiben

 

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Werbebanner Zürcher BörsenbriefeTrotz dieser dynamischen Steigerung im Investmentbanking ist keine Trendwende bei der Deutschen Bank auf Konzernebene erkennbar. Zum einen gilt dieser Geschäftsbereich des Frankfurter Geldhauses als extrem volatil, so dass sich bei einer Flaute im Anleihenhandel die Einnahmen wieder schnell rückläufig entwickeln könnten. Zum anderen büßten Sparten wie die Privatkundenbank und die Unternehmensbank zeitgleich weiterhin an Ertragskraft ein. Für eine Bank mit einer Bilanzsumme von knapp 1,39 Billionen Euro reicht zudem ein Mini-Quartalsgewinn von 182 Mio. Euro kaum aus, um langfristig Werte für die Aktionäre zu schaffen. Gleiches gilt für die Eigenkapitalrendite nach Steuern, die mit 1,3 % weit unter den ehemaligen Zielen der Frankfurter liegt.

Mit der massiven zweiten Corona-Welle droht in Deutschland aber auch in vielen anderen europäischen Ländern ein erneuter Lockdown. Dies würde die wirtschaftliche Aktivität ein zweites Mal stark in diesem Jahr bremsen. Entsprechend sind insbesondere jetzt verstärkt Kreditausfälle im Firmenkundengeschäft zu erwarten. Gleiches gilt bei Verbraucherkrediten, wenn die schwierige ökonomische Lage zu weiteren Entlassungen in einigen Branchen führt. Zugleich belief sich die Risikovorsorge im Kreditgeschäft bei der Deutschen Bank auf lediglich 300 Mio. Euro im vergangenen Quartal. Angesichts der aktuellen Risiken erscheint der Betrag extrem optimistisch kalkuliert.

 

Bonuserhöhungen angepeilt

 

Gegenüber Bloomberg teilte Finanzvorstand James von Moltke mit, dass Bonuserhöhungen für Investmentbanker mit Top-Performance geplant seien. Dies lässt aufhorchen, da die Deutsche Bank lange wegen solcher Zahlungen stark in der Kritik stand und immer noch steht. Nicht selten stellte sich die Frage, ob die Deutsche Bank schlechte Jahre im Investmentbanking ausgleichen kann, wenn in etwas besseren Zeiten wieder schnell hohe Boni ausgezahlt werden. Zudem hatte die Europäische Zentralbank die Banken mehrfach aufgefordert, wegen der Corona-Krise moderat mit diesen Prämien umzugehen. So muss befürchtet werden, dass der lange angekündigte Kulturwandel bei der Deutschen Bank offenbar nicht mehr als eine PR-Hülse bleibt.

In vielen Bereichen des klassischen Banking-Geschäfts legen viele Fintechs auf Kosten traditioneller Player stark zu. Diese neuen Anbieter verschärften unter anderem mit günstigen Verbraucherkrediten, kostenlosen Girokonten und Kampfpreisen im Wertpapierhandel den Wettbewerbsdruck. Mit der jetzigen Konzernstruktur und den vergleichsweise hohen Personalkosten ist es der Deutschen Bank immer noch nicht gelungen, ein dauerhaft ertragreiches Geschäftsmodell für die Zukunft zu erfinden.

 

 

Kaum noch internationales Gewicht

 

Im globalen Bankgeschäft ist das Institut ohnehin nur noch bedingt ein führender Player. Während sich viele amerikanische und asiatische Geldhäuser von der Lehman-Krise in den Jahren 2008 und 2009 nachhaltig erholten, gelang es der Deutschen Bank seit damals nicht, dauerhaft Shareholder-Value zu generieren. Mit einem Kursminus von rund 78 % Prozent auf Zehnjahressicht schneidet das ehemalige DAX-Schwergewicht extrem enttäuschend ab. Zum Vergleich legten die Anteilsscheine von JP Morgan in der vergangenen Dekade um immerhin 158 % zu. Nach der langjährigen Dauerbaisse wird die Deutsche Bank gerade einmal mit 16 Mrd. Euro bewertet während sich die Marktkapitalisierung von JP Morgan auf circa 300 Mrd. US-Dollar beläuft.

Bis die Deutsche Bank ihre strukturellen Probleme nicht lösen kann und dauerhaft Gewinne schreiben kann, bleibt eine Trendwende bei der Aktie unwahrscheinlich. Entsprechend ist der Titel trotz eines traditionell erheblichen Abschlags zum Buchwert kein Kauf.

 

28.10.2020 - Tim Rademacher - tr@zuercher-boersenbriefe.ch

 

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