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Edelmetalle am Ende der Streckfolter?

Ein Marktbericht von Arndt Kümpel

 

In den letzten Tagen zeigten die Edelmetalle wieder einmal, dass ein starker US-Dollar einigen Gegenwind mit sich bringt. Jedoch ging der turbulente Mix aus eskalierenden Handelsgesprächen zwischen den USA und China, der Zollankündigung Präsident Trumps gegen Mexiko sowie dem beginnenden Vorwahlkampf in den USA mit deutlich fallenden Zinsen einher. Und dies spricht naturgemäß für Edelmetalle, da diese nach der alten Argumentation keine Zinsen verdienen und deshalb bei niedrigerem Zins auch niedrigere Opportunitätskosten bzw. Verzichtskosten haben. Dass das weiter zerrüttende Vertrauen in die Weltwirtschaft zu sinkenden Wachstumserwartungen führt und in der Folge mit sinkenden Zinsen einhergeht, ist aus dieser Perspektive dann nur folgerichtig. Ebenso wie der Fluchtreflex in den US-Dollar, denn die Wahlen zum Europäischen Parlament, der Durchmarsch der Brexit-Partei in Großbritannien, die Rücktrittsankündigung der britischen Premierministerin und der aufziehende politische Tornado in Italien waren eben nicht dazu angetan, das Vertrauen in den Euro zu erhalten.

Zwar hatten vor allem Gold, Silber und Platin in den letzten Wochen einiges zu ertragen. Nun aber mehren sich im Kontext obiger Turbulenzen die Argumente für einen Besitz von Edelmetallen und damit die Anzeichen für einen strukturell stärkeren Kursrückenwind.

Die aktuelle Ausgangslage der Edelmetalle ist deshalb einen genaueren Blick wert. Während die Katalysatormetalle Palladium und Platin unter der derzeit auf die Automobilindustrie zielenden US-Strafzollpolitik litten, war der negative Einfluss auf Silber schon bereits deutlich geringer, obwohl eine sich abschwächende Konjunktur auch die industrielle Silbernachfrage senken würde. Jedoch wurde Silber von seiner hohen Korrelation mit Gold gestützt, womit die Kapitalmärkte daran erinnern könnten, dass die Geldqualität von Silber noch lange nicht verschwunden ist.

Technisch stehen die vier Edelmetalle ebenfalls vor sehr unterschiedlichen Herausforderungen. Ein Blick auf den Palladiumchart zeigt, dass Palladium seit dem 25.03.2019 eine klassische Konsolidierung seines vorangegangenen Anstiegs von rund 900 US-Dollar im August 2018 bis auf über 1.600 US-Dollar am 21.03.2019 durchläuft. Wie weit diese gehen wird und wie lange diese andauert, ist derzeit offen. Wie bereits beschrieben, lässt sich eine Angleichung der Wertentwicklung von Palladium und Platin mit der Trading-Strategie ,,Short Palladium, Long Platin‘‘ umsetzen, insbesondere dann, wenn die wichtige Unterstützung bei 780 US-Dollar im Platinchart halten sollte. Diese Unterstützung ist umso bedeutender, da die Mustervermutung des langfristigen Platinkursverlaufes auf ein fraktales Kursmuster hinweist, was nur dann aufrechterhalten werden kann, wenn der Platinpreis weder unter das Zyklustief vom Oktober 2008 bei 747,50 US-Dollar noch unter das Zyklustief des kleineren Fraktals vom August 2018 bei 755,76 US-Dollar fällt. Aus diesem Grund ist es besonders spannend, den weiteren Verlauf des Platinpreises zu beobachten.

Mindestens genauso spannend ist aber jener von Gold und Silber. Gold als Antidollar hatte in den letzten Tagen einigen Gegenwind von einem starken US-Dollar, aber auch einem stärker werdenden Schweizerfranken. Technisch gesehen befindet sich Gold nach dem Überwinden seiner zweiten langfristigen Abwärtstrendlinie im Januar 2019 in einer Konsolidierungsphase, bei der der Goldpreis von oben auf der Abwärtstrendlinie herunterrutscht und dabei auf statische Unterstützungen aus dem Oktober und November 2017 trifft. Die letzten 6 Wochen verwendete der Goldpreis an dieser statischen Unterstützung für eine Bodenbildung, die am vergangenen Freitag beendet wurde. Die nächsten Kursziele liegen nun im Bereich 1321 US-Dollar und 1340 US-Dollar, bevor danach das technische Schlachtfeld um 1360 US-Dollar angepeilt werden kann. Mit Überraschungen ist hierbei aber zu rechnen. Dieses Überraschungspotenzial hat insbesondere auch Silber als kleine Schwester von Gold. Denn im Silberpreis kommt die auch bei Platin vorliegende fraktale Struktur mit dem technischen Rückenwind von Gold zusammen. Die erste Interpretationsschwelle liegt hier bei 13,65 aus dem Dezembertief 2015 und die zweite bei 13,90 US-Dollar vom Dezember 2018. Strukturell ist der Silberchart ebenso wie jener des Platins weit in den technischen Grenzbereich hinein gedehnt und kann jederzeit zu einer starken Aufwärtsbewegung ansetzen. Die monetären Eigenschaften des Silbers sollten dabei umso stärker zum Tragen kommen, je größer die Zweifel am System des Fiatgeldes und der Wertstabilität der alternativen Vermögenswerte wie insbesondere Anleihen, aber auch Aktien und Immobilien werden.

Fazit: Vor allem Gold und Silber stehen in einer aussichtsreichen technischen Ausgangsposition. Platin ist die Wildcard mit Gegenwind, aber vor allem im Gegensatz zu Palladium mit einigem Aufholpotenzial. Zu beachten sind sowohl bei Silber als auch bei Platin die musterentwertenden Schwellen nach unten. Die Widerstandskraft des Goldkurses gegen einen starken US-Dollar lässt aber gerade für Gold und Silber einigen Optimismus zu. Denn es sollte nicht vergessen werden, dass sich Gold in über 70 Währungen bereits auf einem Allzeithoch befindet, dies aber durch die dominante Betrachtungslinse des US-Dollar leicht aus dem Blick gerät. Kurz: Ein Ende der Streckfolter in den nächsten Wochen ist aus technischer Sicht wahrscheinlicher geworden!

 

01.06.2019 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de





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