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Wertgutachten begründet kürzere Restnutzungsdauer eines Gebäudes

Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer eines Gebäudes durch Wertgutachten

NTG24 - Wertgutachten begründet kürzere Restnutzungsdauer eines Gebäudes

 

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass ein Wertgutachten für den Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer eines Vermietungsobjektes ausreichend ist.

 

Hintergrund:

 

Der Kläger hat im Jahr 2011 eine Immobilie in einem Zwangsversteigerungsverfahren erworben. Das Gebäude wurde im Jahr 1955 erbaut. Für das freistehende Dreifamilienhaus wurde im Auftrag des Amtsgerichts ein Wertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für den Eigentümerwechsel gefertigt. Durch erfolgte Instandsetzungsmaßnahmen wurde in dem Gutachten von einem fiktiven Baujahr von 1960 ausgegangen. Die Gesamtnutzungsdauer der Immobilie beträgt laut Gutachten 80 Jahre und die Restnutzungsdauer 30 Jahre.

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Werbebanner SemitaxDie Bewertung der streitigen Immobilie erfolgte nach der geltenden Wertermittlungsverordnung. Der Kläger machte im Rahmen der Einkommensteuererklärung eine erhöhte Absetzung für Abnutzung von 3,33 Prozent geltend, anstatt der gesetzlich vorgesehenen 2 Prozent. Das Finanzamt lehnte die erhöhte Absetzung mit der Begründung ab, dass „aus dem eingereichten Wertgutachten ergäben sich keine Erkenntnisse, die eine Restnutzungsdauer von 30 Jahren statt der gesetzlich vorgeschriebenen 50 Jahre begründeten.

Das Gutachten belege weder eine kürzere technische Nutzungsdauer (z.B. durch Darlegung eines materiellen Verschleißes der Rohbauelemente) noch eine kürzere wirtschaftliche Nutzungsdauer im steuerrechtlichen Sinne. Die Ermittlung der Restnutzungsdauer sei nach den Grundsätzen der Immobilienverordnung und der Sachwertrichtlinie erfolgt und sei auf den Begriff der Restnutzungsdauer im steuerrechtlichen Sinne gem. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht übertragbar.

Die in einem Wertgutachten angesetzte Restnutzungsdauer sei in der Regel als Grundlage für den steuerlich relevanten Abschreibungszeitraum nicht geeignet, da es nicht im Zusammenhang mit der gesetzlichen Typisierung der AfA-Regelung stehe. Eine mit wirtschaftlicher Abnutzung begründete kürzere Nutzungsdauer der AfA könne nur angenommen werden, wenn das Wirtschaftsgut vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich verbraucht sei.“

 

Entscheidung:

 

Das Finanzgericht entschied zugunsten des Klägers. Nach § 7 Abs.4 S.2 EStG kann für die Abschreibung eines Gebäudes die tatsächliche kürzere Nutzungsdauer zugrunde gelegt werden. Die tatsächliche kürzere Nutzungsdauer ist der Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann. Die Beweislast liegt beim Steuerpflichtigen. Die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens sei nach Auffassung des Finanzgerichts nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer kürzeren Nutzungsdauer.

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Werbebanner ClaudemusDa im Rahmen der Schätzung nur die größtmögliche Wahrscheinlichkeit über eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer verlangt werden kann, würde eine Verengung der Gutachtenmethodik oder eine Festlegung auf ein bestimmtes Ermittlungsverfahren die Anforderungen an die Feststellungslast übersteigen (vgl. BFH-Urteil vom 28.07.2021 IX R 25/19, BFH/NV 2022, 108). Beim vorliegenden Gutachten handelt es sich nicht um ein Parteigutachten, da es vom Amtsgericht in Auftrag gegeben wurde. Das Gericht folgt den Ausführungen des Gutachters, dass die tatsächliche Nutzungsdauer der streitigen Immobilie zum Zeitpunkt der Anschaffung auf 30 Jahre verkürzt war. Wie in dem vom BFH entschiedenen Verfahren (BFH-Urteil vom 28.07.2021 IX R 25/19, BFH/NV 2022, 108) hat der Gutachter eine modellhafte Ermittlung der Restnutzungsdauer durchgeführt, die seitens des Gerichts nicht zu beanstanden ist.

 

Fazit:

 

Ein Wertgutachten nach der Wertermittlungsverordnung kann als Nachweis für eine tatsächlich kürzere Nutzungsdauer eines vermieteten Gebäudes herangezogen werden.

 

24.03.2022 - Tanja Schwedtmann

Unterschrift - Tanja Schwedtmann

 

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