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Stromsteuerrechtlicher Handlungsbedarf bei der Einführung der Elektromobilität

Neue Herausforderungen für Energieversorger, Industrie und Privatkunden

NTG24 - Stromsteuerrechtlicher Handlungsbedarf bei der Einführung der Elektromobilität

 

Der massive Ausbau der Elektromobilität in den letzten Monaten berührt viele Bereiche. Auch die Stromsteuer ist betroffen. Zwar wurden erst in 2018 verschiedene Klarstellungen und Vereinfachungen zu diesem Thema in das Stromsteuergesetz eingeführt. Damit bestehen nun ausdrückliche Regelungen für die klassischen Lieferkonstellationen, wie bspw.

- Energieversorgungsunternehmen geben Strom über öffentliche Ladesäulen ab,

- Privatkunden beziehen Strom von Energieversorgungsunternehmen für selbst betriebene Ladesäulen,

- Industrieunternehmen geben bezogenen Strom über eigene Ladesäulen an Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten ab.

In der Praxis bilden sich jedoch immer wieder neue Modelle, Vertragsgestaltungen und Lieferkonstellationen heraus. Beispielsweise werden verschiedene Dienstleister, wie Ladesäulenbetreiber und Roamingdienstleister, in die Stromlieferkette zwischen Energieversorgungsunternehmen und Stromnutzer eingebunden. Privatkunden wollen nicht mehr nur an eigenen oder öffentlichen Ladepunkten Strom tanken, sondern möchten auch selbst Strom erzeugen und an Dritte verkaufen. Hier stößt das Stromsteuerrecht an seine Grenzen. Es drohen Doppelbesteuerungen und Unsicherheiten bei der Bestimmung des Steuerschuldners.

 

Betriebliche Ladesäulen bei Industrieunternehmen

 

Unternehmen des Produzierenden Gewerbe müssen die für Elektromobile eingesetzten Strommengen bei den Steuerentlastungsanträgen nach § 9b StromStG und § 10 StromStG herausrechnen. Diese Verbräuche sind nicht begünstigungsfähig. Dies gilt unabhängig davon, ob die Verwendung der Elektroautos eigenbetrieblich oder zu anderen Zwecken erfolgte. Seit 2020 wird in den amtlichen Vordrucken für die Steuerentlastungen diesbezüglich ausdrücklich abgefragt, ob der zur Entlastung angemeldete Strom für Zwecke der Elektromobilität eingesetzt wurde. Dies ist entsprechend zu verneinen.

Anzeige:

Werbebanner ISIN-WatchlistEs ist zu beachten, dass unter Elektromobilität im stromsteuerrechtlichen Sinn alle von außen aufladbare Fahrzeuge mit Straßenverkehrszulassung fallen, d.h. sowohl reine Batterieelektrofahrzeuge und als auch Plugin-hybride. Dagegen sind elektrische Fahrzeuge unproblematisch, die keine Straßenverkehrszulassung besitzen und nur auf dem Betriebsgelände genutzt werden, z.B. elektrische Gabelstapler oder Hubwagen. Sie fallen nicht unter die stromsteuerrechtliche Definition der Elektromobilität und sind somit nicht bei den Steuerentlastungsanträgen herauszurechnen. Auch nur auf dem Betriebsgelände genutzte Elektrofahrräder sind weiterhin begünstigt.

 

Einbau von (geeichten) Zählern?

 

Die Stromsteuerverordnung sieht in § 17b Abs. 4a StromStV eine Vereinfachung für die Abgrenzung der Strommengen bei den Steuerentlastungsanträgen vor. Soweit Strommengen, die für die Elektromobilität verwendet wurden, wegen des Nichtvorhandenseins von Mess- oder Zähleinrichtungen nicht ermittelt werden können, ist eine sachgerechte, von einem Dritten nachvollziehbare Schätzung zulässig.

Leider ist das Stromsteuerrecht jedoch nicht der einzige zu beachtende Rechtsrahmen. Sollen bspw. auch Vergünstigungen nach dem EEG geltend gemacht werden wie die Besondere Ausgleichsregelung ist eine eichrechtskonforme Messung grundsätzlich erforderlich. Auch wenn der Strom verkauft werden soll, werden geeichte Zähler regelmäßig benötigt.

 

Versorgerstatus

 

Die Abgabe von Strom im Rahmen der Elektromobilität z.B. an Mitarbeiter, Kunden, Besucher usw. kann zu stromsteuerrechtlichen Anmeldepflichten führen. Wer Strom an andere leistet, wird grundsätzlich zum stromsteuerrechtlichen Versorger, d.h. er muss eine entsprechende Erlaubnis beim zuständigen Hauptzollamt beantragen und jährliche Steueranmeldungen auf amtlichen Vordruck abgeben.

 

Vereinfachungsregel

 

Erfreulicherweise ist diesbezüglich 2018 eine Vereinfachungsregel in Kraft getreten. Soweit ausschließlich bereits versteuerter Strom vom Energieversorgungsunternehmen bezogen wird, und dieser ausschließlich für Zwecke der Elektromobilität abgegeben wird, führt dies nicht zum Versorgerstatus. Es ist dabei auch unbeachtlich, an wen der Strom abgeben wird, z.B. eigene Mitarbeiter oder fremde Dritte. In diesem Fall sind Registrierung und Stromsteueranmeldungen nicht erforderlich.

 

Abgabe von selbst erzeugtem Strom

 

In der Praxis ergeben sich aktuell oftmals Probleme beim Zusammenspiel zwischen den Steuerbegünstigungen für die dezentrale Eigenerzeugung und den Vereinfachungen für die Elektromobilität. Ergebnis ist meist zusätzlicher Compliance-Aufwand bei vergleichsweise geringen Steuermehrbelastungen. Wird auch steuerfrei selbst erzeugter Strom an Dritte zum Laden von E-Fahrzeugen abgegeben, greift die Vereinfachungsregel zum stromsteuerrechtlichen Versorger regelmäßig nicht mehr. Eine Anzeige als sogenannter eingeschränkter Versorger sowie jährliche Meldungen über Stromerzeugung und Stromabgabe beim zuständigen Hauptzollamt werden erforderlich. Daneben sind die Auswirkungen auf die steuerfreie Eigenerzeugung im Einzelfall zu prüfen.

 

07.06.2021 - Bertil Kapff - kapff@climate-score.org

 

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