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Rohstoffe und Inflation – alles nur vorübergehend?

Rohstoffhausse - Alles nur vorübergehend?

NTG24 - Rohstoffe und Inflation – alles nur vorübergehend?

 

Die jüngste Korrektur der Rohstoffpreise wirft die Frage auf, wo die Weltwirtschaft in Bezug auf den Rohstoffzyklus steht. Ein näherer Blick auf die Bestimmungsgründe zeigt, dass diejenigen Faktoren, welche zu tieferen Rohstoffpreisen führen, von ,,vorübergehender‘‘ Natur sind als jene, welche steigende Rohstoffpreise nahelegen.

Wenn man einmal auf die Entwicklung der Rohstoffpreise im Kontext der Corona-Pandemie, der im Zuge verordneten Lockdowns weltweit und deren Auswirkung auf die Rohstoffförderung zurückschaut, so werden verschiedene Spannungslinien sichtbar.

Zum einen zwischen der monetären Reaktion explodierender staatlicher Unterstützungsprogramme für Konsumenten und Produzenten. Zum anderen divergiert das Ausmaß der staatlichen Einschränkungen und die Dauer, bis sie wieder aufgehoben wurden.

Die massive Geldschöpfung hat nun mit ihrem Vermögenseffekt zu einer deutlichen Aufwertung ,,realer Assets‘‘ wie Rohstoffen geführt, welche nach dem Einbruch im Frühjahr 2020 zu einem Turnaround ansetzen, der inzwischen, wie unten stehender Chart zeigt, deutlich über das Niveau vom Jahresanfang 2020 hinausgeht.

 

 

Ist diese Vermögenspreis-Inflation bei den Rohstoffen nur vorübergehend?

 

Ein guter Grund für einen erneuten deutlichen Rückgang der Rohstoffpreise wäre, wenn diese auf ihren realen Märkten einen Angebotsüberschuss aufweisen würden. Dann sollte es eine Frage der Zeit sein, wann auch die Marktpreise reagieren. Aber ist dies wirklich flächendeckend der Fall? Dann müsste der Bloomberg Commodity Index, dessen laufender Future-Kontrakt in der Grafik abgebildet ist, in nicht so ferner Zukunft wieder unter das charttechnische Ausbruchsniveau fallen, welches als rote Horizontale dargestellt ist.

Nun ist die Lage auf den realen Rohstoffmärkten aber eine andere. Der Ölmarkt ist ein wesentlich von politischen und marktstrukturellen Faktoren beeinflusster Markt (Iran, OPEC, Russland, China).

Die Rohstoffpreise sind stark vom Wetter, aber auch von substitutiven Preisen abhängig (Zucker und Ethanol).

Die Metalle wiederum haben nach einer längeren Phase von Angebotsüberschüssen inzwischen einen Stand erreicht, bei dem in nicht wenigen Märkten diese Angebotsüberschüsse deutlich kleiner geworden sind oder sich bereits in Angebotsdefizite verwandelt haben.

Die Antwort auf die Frage, ob also die in den vergangenen Monaten gesehenen Preissteigerungen bei Rohstoffen von dauerhafter Natur sind, liegt in der Dauerhaftigkeit der Antriebsfaktoren.

Dabei war es zu Beginn der Pandemie vor allem die Frage, was relativ schneller abstürzte – das Angebot oder die Nachfrage. Vor dem Hintergrund der gleichzeitig marktwirksam werdenden Nachfrage aus staatlichen investiven Konjunkturprogrammen und steigender Investmentnachfrage ist es unwahrscheinlich, dass sich beides wieder auf den Stand von vor der Pandemie zurückbildet.

Anzeige:

Werbebanner ISIN-WatchlistSelbst wenn die Zinsen leicht steigen und damit der Zins die Investitionsnachfrage dämpfen könnte, so ist doch klar, dass die staatliche Investitionsnachfrage deutlich weniger zinssensibel ist als die private. Deshalb ist damit zu rechnen, dass die reale Nachfrage nach Rohstoffen weiter anhalten wird, da der politisch hochpriorisierte ,,grüne Umbau‘‘ der Weltwirtschaft gerade erst angefangen hat.

Die jüngsten Maßnahmen Chinas mit dem Ziel, den starken Anstieg der Rohstoffpreise durch die Freigabe staatlicher Vorräte zu drücken, könnte sich hingegen als ,,transitory‘‘ erweisen. Denn egal wie groß die chinesischen Rohstoffvorräte sind, sie sind endlich. Der durch den Verkauf ausgelöste Korrekturdruck auf die Rohstoffpreise ist somit eher vorübergehender Natur.

 

Effektive Nachfrage und effektives Angebot

 

Durch die von China selbst ins Leben gerufenen riesigen Investitionen wird die Rohstoffnachfrage auch weiterhin hoch bleiben. Denn würde China auf eine schnelle Umsetzung seiner Initiative ,,Neuen Seidenstraße‘‘ verzichten, wo doch ein möglichst schneller Wohlstand der implizite Deal der KP Chinas mit seinen Bürgern ist, mit dem Letztere auf große Teile ihrer individuellen Freiheit verzichten und sich die KPC somit politische Duldung erkauft?

Es ist aber nicht nur China. Die neue US-Administration hat mit ihrem Wiederaufbauprogramm eine zusätzliche Nachfrage nach Rohstoffen angekündigt, deren effektive Nachfrage bereits am Horizont abzusehen ist. Sollte also China wirklich einen Gang bei der ökonomischen Aktivität zurückschalten, dürfte der Nettoeffekt beider Entwicklungen weit weniger auf die Rohstoffpreise drücken, als es China gerne sähe.

Und schließlich sind die Zinserwartungen möglicherweise weit weniger von den Notenbanken beeinflussbar als erforderlich. Denn wenn ein Investor weiß, dass die Notenbank den Nominalzins niedriger als die Inflationsrate halten will, damit durch einen negativen Realzins die exorbitanten Schuldenberge kleiner werden, hat er bei der Deutung geldpolitischer Entscheidungen einen Deutungskonflikt. Im Ergebnis könnte es als Nettowirkung zu einem zusätzlichen Kapitalfluss in Richtung realer Vermögenswerte kommen, welche weniger stark von Nominalwertverlusten betroffen sind.

Daneben ist es eine offene Frage, wie sich das Angebot an Rohstoffen wirklich bei steigenden Preisen entwickelt. Denn Minen sind keine Dienstleistungen und auch kaum skalierbar. Die aus der mit Liquidität überfluteten digitalen Ökonomie generierte Nachfrage könnte also an der schlichten Tatsache einen limitierenden Faktor finden, dass die Zeitspanne, die zur Erhöhung der realen Rohstoffproduktion nötig ist, viel länger ist als für stabile oder fallende Rohstoffpreise nötig.

Trifft also eine steigende effektive Nachfrage auf ein kurzfristig weniger stark steigendes effektives Angebot, so sind nicht fallende, sondern steigende Preise zu erwarten!

 

Und was ist das Fazit?

 

Die Vermutung, dass die Rohstoffpreise nach den letzten Äußerungen Chinas dauerhaft deutlich fallen werden, ist mittelfristig wenig plausibel. Eine neue globale Corona-Welle dürfte zudem von einem deutlich weniger starken Lockdown begleitet sein, nachdem es hier in Bezug auf die Wirksamkeit in einer wachsenden Zahl von Ländern zu einem Umdenken kommt. Eine zunehmende Zahl von Geimpften und Genesenen dürfte dabei eine Rolle spielen.

Ein Blick auf die Faktorstärke und Dauerhaftigkeit der Einflussfaktoren auf die Rohstoffpreise zeigt, dass mit einem erneuten massiven Rückgang der Rohstoffpreise nicht rechnen ist. Natürlich sind Szenarien möglich, in denen neue Verwerfungen wie kriegerische Konflikte oder neue Viren-Mutationen neue ,,Supply Chain Disruptions‘‘ verursachen. Dies ist nach neuesten Umfragen auch die Hauptsorge von Unternehmen in internationalen Wertschöpfungsketten. Dieses Risiko ist real, aber derzeit nicht der ,,real case‘‘.

Bei einer Gesamtwürdigung ergibt sich somit, dass die Korrektur der Rohstoffpreise zwar noch etwas andauern könnte, ihre Tiefe aber insgesamt begrenzt ist. Stattdessen könnten wir bald den nächsten Aufwärtsimpuls beim Bloomberg Commodity Index sehen, wenn nämlich eine anhaltende chinesische Nachfrage auf eine zusätzliche Nachfrage der restlichen Welt trifft – sei es nun Eisenerz, Zink, Soja oder Erdöl!

 

23.06.2021 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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