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Was will uns der Ölpreis sagen?

Ölschwemme setzt dem Ölpreis zu

NTG24 - Was will uns der Ölpreis sagen?

 

Die Nachricht war eigentlich keine Überraschung. Aber offensichtlich passten die heutigen Zahlen zu den Rohöl-Lagerbeständen in den USA nicht zu den im Markt umlaufenden Erwartungen.

Erst am Wochenende hatte sich Mexiko in einem Schlussakt a la ,,Halb zog er sie, halb sank sie hin‘‘ dem Druck aus dem Weißen Haus gebeugt, seine Ölförderung zumindest auf den ersten Blick so zu senken, dass man das Ergebnis als ,,großartigen Deal‘‘ verkaufen konnte. Aber wie es auch bei anderen ,,Lösungen‘‘ ist, die nur durch Druck zusammengehalten werden: Nimmt dieser Druck ab, wird er durch neue Einflüsse überkompensiert oder verschwindet ganz bröselt die Lösung auseinander. Es ist deshalb eine interessante Frage, welche Halbwertszeit der letzte OPEC++ Deal haben wird. Die neuen hohen Discounts, die Saudi-Arabien auf sein Öl gewährt, konterkarieren für’s erste jedenfalls den ,,Geist des OPEC++ Deal‘‘.

 

Doppelschock aus der Realwirtschaft

 

Dem Sentiment am Ölmarkt half es zudem nicht, dass nun der Internationale Währungsfonds seine globale Wachstumsprognose deutlich kürzte. Man fragt sich einfach, woher denn die Nachfrage für die weltweite Güterproduktion kommen soll. Denn wenn die Betriebe nicht nur den Gleitflug in die Insolvenz mit den jetzt ausgeschütteten öffentlichen Finanzhilfen, sondern auch die Kurve in Richtung Wiederanlaufen der Produktion kriegen, müssen diese Waren und Dienstleistungen immer noch verkauft werden. Zentral für dieses ,,Wachstumsszenario‘‘ ist also eher der Konsument. Ob der vom öffentlichen Füllhorn ebenso beeindruckt ist wie die Firmen erleichtert, sollte nicht leichtfertig zugunsten einer höheren Verschuldung beantwortet werden. Denn die Explosion der Arbeitslosenzahlen und der Überkonsum der mindestens letzten 10 Jahre legen ein komplexeres Bild und damit eine differenziertere Antwort nahe.

Derweil wird der Futurepreis der Ölsorte West Texas Intermediate (WTI) mit Fälligkeit im Mai 2020 mehr als 7 Dollar unter dem Preis des Juni-Kontrakts gehandelt. Damit hat WTI den tiefsten Contango seit 2009!

Die API-Zahlen (American Petroleum Institute) zeigen parallel Anzeichen extremen Überangebots. Man sollte nicht vergessen, dass die Lagerkapazitäten endlich sind, was ein unabweisbarer Grund für die Produktionssenkung gewesen sein dürfte. Die vom API gemeldeten Lagerbestände für Rohöl sind in der vergangenen Woche um 13,143 Mio. Barrel gestiegen, während der Markt nur 11,676 Mio. Barrel erwartet hatte. In der Vorwoche waren es noch 11,938 Mio. Barrel gewesen.

Der Wochenbericht der US-Energiebehörde EIA zeigte ebenfalls einen stärker als erwartet ausfallenden Aufbau der US-Ölreserven. Danach stiegen die US-Rohölbestände um 19,2 Mio. Barrel auf 503,6 Mio. Barrel. Damit liegen die Reserven etwa 6 % über dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre.

Derweil haben die Ölmärkte nicht nur die Angebotsseite, dessen Narrativ eigentlich einen steigenden Ölpreis hätte erwarten lassen, sondern auch die Nachfrageseite beäugt und offensichtlich als zu leicht bzw. zu schwach befunden, um als Grund für steigende Ölpreise zu dienen.

Ein Blick auf den WTI-Preischart zeigt, dass dieser gerade erst unter eine dynamische, wenn auch schwache Trendunterstützung gefallen ist (schräge blaue Linie). Nachdem die Unterstützung vom September 2003 (obere dünne blaue Horizontale) nicht gehalten hat, steht nun der Test der Unterstützung vom November 2002 an. Diese liegt bei 17,12 Dollar.

 

WTI

 

Sollte diese Marke unterschritten werden, kommt der charttechnische Showdown: Die Unterstützung vom Dezember 1998 bei 10,65 Dollar ist eine vorher im April 1986 gebildete Unterstützungszone. Deshalb liegen die rote horizontale Linie von 1998 (10,65 USD) und die blaue von 1986 (9,75 Dollar) auch eng beieinander. Ein Bruck dieser Zone würde das ultimative Verkaufssignal für den Ölpreis darstellen. Aber soweit sind wir noch nicht!

Was ergibt ein Vergleich von BRENT und WTI?

 

WTI und Brent

 

Ein Blick auf die relative Entwicklung des Ölpreises der Sorten Brent und WTI ergibt, dass sich Letztere erst seit Anfang April schwächer entwickelt hat. Zuvor gab es kaum größere relative Abweichungen.

Dies könnte bedeuten, dass die Märkte die ,,Ölschwemme‘‘ in den USA für schwerwiegender halten als in Europa. Zwar gilt das Arbitrageargument grundsätzlich auch für den Ölmarkt. Allerdings ist es so eine Sache mit der Homogenität des Gutes Öl. Viele industrietechnische Faktoren bestimmen die Verarbeitungsqualität von Öl, weshalb neben den Transportkosten auch weitere Substitutionshemmnisse bestehen.

 

Fazit

 

Der Ölpreis leidet weiter unter dem kombinierten Angebots- und Nachfrageschock. Der Saldo der angekündigten Produktionskürzung und dem erwarteten Nachfragerückgang drückt auf die Preise. Und hier mehr auf jenen von WTI-Öl als von Brent-Öl. Wir empfehlen, die oben genannten Unterstützungsmarken im Blick zu behalten und Positionen ggf. auf diesem Niveau abzusichern.

 

15.04.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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