Die nächste Zündstufe in Europa
Niederlande - Die nächste Zündstufe in Europa
Bereits in unserem letzten Bernecker Research- Börsenduell der Aktienmärkte Frankreich vs. Deutschland am 22.09. wiesen wir auf den Rekordausbruch des Marktes Frankreich sowie unsere auch aus weiteren Gründen aktuell gegebene Bevorzugung dieses Marktes gegenüber Deutschland hin.
Nun ist nach der Schweiz und Frankreich auch der nächste Markt an der Reihe, eine weitere Rekordstufe der europäischen Aktienmärkte zu zünden, und zwar nicht ohne Grund gerade ein „kleinerer Bruder“ von Frankreich und Deutschland, der (über seine südliche Angrenzung an das belgische Wallonien) geographische und historische Verbindungen zu beiden Sprachgebieten aufweist: die Niederlande!
Auch dieser Aktienmarkt verzeichnete letzte Woche zumindest ein leichtes historisches Hoch seines Leitindexes AEX 25 seit dem Rallyestart in 2009, allerdings ist dieses noch nicht so klar ausgeprägt wie für den französischen CAC 40-Index. Doch für uns ist klar: Auch hier dürfte die finale Ausbruchsbestätigung nun in den nächsten Tagen erfolgen. Warum wir daher neben Frankreich auch für diesen Markt perspektivisch sehr positiv eingestellt sind, analysieren wir hier.
Chart: AEX 25 gegen DAX 30-Index
Niederlande – Historisches Aktienmarkt-Wachstum
Vergleicht man die Aktienmarkt- und BIP-Entwicklungen der wichtigsten weltweiten Kernmärkte (sehr systematisch aufbereitet durch das US-Aktienresearch-Institut Gurufocus LLC / www.gurufocus.com) so kann man für den niederländischen Aktienmarkt in den letzten Jahren, gemessen am AEX 25-Index, einen beeindruckenden Fortschritt des Aktienwesens wie aber auch der gesamten Aktienanlage-Kultur ablesen.
So hat sich seit dem Korrekturtief in 2009 die Aktienmarkt-Kapitalisierung des AEX 25-Index immerhin ver-2,6facht (aktuelles Niveau: 809 Mrd. Euro), was ähnlich ist, wie die Entwicklung des jedoch um 5 Werte umfangreicheren und mit relativ größeren Titeln versehenen DAX 30-Index (bereinigt um den Dividenden-Einschluss, da es sich bei dem AEX 25 anders als beim DAX um einen Preisindex ohne Dividenden-Berücksichtigung handelt). Bereits seit Anfang 2015 sieht diese Entwicklung für den DAX-Kursindex jedoch noch ernüchternder aus: Seither stagniert die Marktkapitalisierung des DAX-Kursindex vollständig bei rd. 1500 Mrd. Euro, die des AEX 25-Index hat sich dagegen im gleichen Zeitraum um 28 % erhöht!
Entsprechend deutlich hat der AEX 25 den DAX-Kursindex auf 5 Jahres-Sicht auch performanceseitig abgehängt: + 39 % vs. + 13 % im Kurs-DAX sprechen auch hier eine deutliche Sprache.
Und noch beeindruckender wird die Erfolgsgeschichte des niederländischen Aktienwesens seit dem Crash-Tief im März 2009, wenn man sich die seitherige Akzeptanzentwicklung von Aktien als Anlageform vor Augen führt, am besten verdeutlicht durch die Quotienten-Kennzahl o.g. Index-Aktienmarktkapitalisierung in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) des jeweiligen Landes. Dieser Quotient hat in den Niederlanden zuletzt stolze 110 % erreicht, also übertrifft die Entwicklung des realen BIP mittlerweile sogar! Zugleich entspricht dies mehr als einer Verdopplung seit dem entsprechenden Wert von nur 48 % im März 2009, und damit hat die Niederlande auch bereits zum europäischen Land mit der historisch traditionsreichsten Aktienkultur, nämlich Großbritannien, nahezu völlig aufgeschlossen (vergleichbarer Wert: aktuell 112 %). Frankreich mit diesem „Aktienkultur“-Koeffizienten von 93% hat Niederlande damit also bereits auch schon längst hinter sich gelassen. Von Deutschland, dessen Aktienmarktkapitalisierungs- / BIP-Quotient von nur 48 % bereits seit Jahren weltweit im tiefen „Niemandsland“ liegt, ganz zu zu schweigen.
Erklärungen der Erfolgsstory „Niederländischer Aktienmarkt“
Eine elementar wichtige Grundlage für die hervorragende Standortreputation des Marktes Niederlande und dadurch dessen anhaltende gerade auch ungebrochen hohe Anziehungskraft ausländischen Anlagekapitals liegt ohne Frage in dessen äußerst liberaler Unternehmens- und Gewinn (= Körperschafts) - Besteuerung begründet. Dieser Satz liegt in den Niederlanden pauschal bei 20 % für Einkommen < 200.000 Euro, bei 25 % für Einkommen darüber. Eine Gewerbesteuer existiert in den Niederlanden gar nicht, was ansonsten in ganz Europa – abgesehen von Steuerparadiesen wie Malta, Jersey oder Gibraltar - nur noch in Irland der Fall ist. Bis 2021 will die Niederlande diese sogar zu einer weiteren Erhöhung ihrer Standortqualität auf nur noch 15 % für Einkünfte < 200.000 Euro und 20,5 % für Einkünfte > 200.000 Euro senken! In Deutschland dagegen kommt der Gesamtbetrag aller Unternehmenssteuern (Körperschaftssteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer) auf mindestens 30 %, kann je nach regional unterschiedlichem Gewebesteuer-Hebesatz von 200 – 900 % jedoch auch durchaus insgesamt über 40 % hinausgehen. Ihre Widerspiegelung finden diese sehr attraktiven Steuerbedingungen bzw. -entlastungen in den Niederlanden natürlich auch direkt in entsprechenden Weitergaben an die Dividendenausschüttungen. Diese weisen in den Niederlanden lediglich einen Quellensteuersatz von 15 % auf, können nach Anrechenbarkeit im Rahmen bestehender ausländischer Doppelbesteuerungsabkommen (Regelsätze einer Anrechenbarkeit: ebenfalls 15 %) für Auslandsanleger also sogar auf 0 reduziert werden. Der Quellensteuersatz deutscher Dividendenausschüttungen liegt incl. Solidaritätszuschlag dagegen bei rd. 26,4 %.
Dies veranlasste zurückliegend natürlich auch bereits viele Aktienkonzerne mit Hauptsitz im Ausland trotz dortiger Beibehaltung ihrer operativen Zentralen ihre Finanzzentralen in die Niederlande zu verlegen und dort auch ihre Aktienemissions-Registrierung zu beantragen. Prominenteste Beispiele für derartige Finanzverlagerungen in die Niederlande, die natürlich eine direkte Aufwertung des dortigen Kapitalmarktes (mit indirekter Auswirkung auch auf den Aktienmarkt) darstellen, sind z. B. AIRBUS (ISIN: NL0000235190, jedoch Geschäftszentrale in Toulouse / Frankreich), QIAGEN (ISIN: NL0012169213, Geschäftszentrale in München) oder Ferrari (ISIN: NL0011585146, Geschäftszentrale in Maranello / Italien).
Und wie könnte es anders sein: Ein interessantestes Wirtschafts- und Finanzpolitikum liegt sicherlich zudem darin, dass ausgerechnet die immer stärker expandierende Mehr-Länder-Börse EURONEXT (Gründungsnationen in 2000: Frankreich, Niederlande und Belgien) ihre Unternehmenszentrale in den Niederlanden/Amsterdam angesiedelt und dort auch ihre Aktienemission registriert hat (ISIN: NL0006294274). Ein repräsentativeres Gütesiegel für den Aktienmarkt Niederlande ist sicher kaum denkbar (und zugleich natürlich auch ein entscheidender Impuls für den Aufschwung Frankreichs, den dieser Aktienmarkt ebenfalls erfährt).
Bildnachweis: © Finance & Research AG
Auf das Phänomen EURONEXT wird daher auch noch weiter einzugehen sein, was (unter anderem) im nächsten Börsenduell mit der Aktie der DEUTSCHEN BÖRSE (ISIN: DE0005810055) zu analysieren sein wird.
Ein weiterer elementarer Vorzug der sehr traditionsreichen Unternehmenskultur der Niederlande ist außerdem ohne Frage, dass es hier eine Fülle solide wachsender, weltführender Großkonzerne gibt, die - in der aktuellen geopolitischen Großwetterlage unverzichtbarer denn je - historisch exzellente Exportverflechtungen sowohl in die USA wie nach Asien aufweisen. Dies ist ohne Frage selbst in der jetzigen modernen Weiterentwicklung noch immer dem bereits Jahrhunderte zurückliegenden ständigen Status der Niederlande als eine weltführende Kolonial- und Handelsmacht zuzuschreiben, und zwar in allen nur denkbaren Sektoren.
So sind beispielsweise Unternehmen wie die mittlerweile nur noch medizintechnisch engagierte PHILIPS (NL0000009538) oder auch der weltführende Halbleiterbeschichter ASML HOLDING (NL0010273215) von der Weltlandkarte dominierender Großkonzerne nicht mehr wegzudenken. Beide Unternehmen bleiben daher auch Kernanlagen z. B. in unserem Musterdepot KONSERVATIV des Börsenbriefs Züricher Trend.
Nicht weniger prägend für die niederländische Aktientradition wird in Zukunft auch das Wirken von Konzernkomplexen mit der interessanten Struktur dualer britisch-niederländischer Zentralen sein, was auch dem weiter steuersparenden Umstand geschuldet ist, dass Niederlande keine Gewerbesteuer erhebt, aber gleichzeitig der Körperschaftssteuersatz in Großbritannien aktuell rd. 2 % niedriger (und auch im Sinken begriffen) ist. Derartige grenzüberschreitende Holdings mit dualen Aktien-Hauptlistings weisen beispielsweise die Unternehmensgiganten UNILEVER (GB00B10RZP78 / NL0000388619) und ROYAL DUTCH SHELL (GB00B03MLX29) auf. Auch der britisch-niederländische Wissenschaftsverlag RELX / ehemals REED ELSEVIER (GB00B2B0DG97) verzeichnet eine entsprechende operative Dualität und ist zudem ein ähnlicher Vertreter im sehr interessanten Spezialmetier „Verlagswesen“ des niederländischen Aktienmarktes, wie dies genauso auch auf den wissenschaftlichen Erzkonkurrenten WOLTERS KLUWER (NL0000395903) zutrifft.
Und aufgrund dieser nachgewiesenen Erstklassigkeit vieler niederländischer Großkonzerne ist es kaum verwunderlich, dass ebenfalls das Bankwesen in den Niederlanden, getragen von der ING GROUP (NL0011821202) und ABN AMRO (NL0011540547) immer noch eher auf solideren Füßen steht, als dies für die großen deutschen Pendants gilt.
NIEDERLANDE – Attraktives Umfeld für Aktienkäufe
Wie oben ausgeführt gibt es also ähnlich viele Vorzüge, die der Markt Niederlande aufweist und zu einer attraktiven Anlageregion macht, wie dies gegenwärtig auch für Frankreich gilt.
Dies sind zum einen die sehr traditionsreichen, historisch gewachsenen Unternehmensstrukturen, die zudem – auch das eine klare Stärke niederländischer Unternehmen – seit Jahrzehnten durchweg immer von Vorstandsmanagements geleitet wurden, die sich kulturell sehr an den Vorbildern anerkannt erstklassiger und äußerst handlungsstarker amerikanischer Konzernleitungen orientierten oder gar vielfach aus den USA „eingekauft“ wurden. Ein weiterer Vorzug niederländischer Unternehmen sind sicherlich deren stark steuerentlastende Umfelder, in denen diese zumeist operieren.
Auch mit den konjunkturellen Aussichten der Niederlande steht ganz anders als in weiten Teilen Europas in 2019 alles zum fast denkbar relativ Besten. Das reale BIP dürfte dort nach den Konsensprognosen führender internationaler Wirtschaftsinstitute infolge der wachstumsstarken – zumeist eher konsum- und weniger industriell orientierten – Geschäftsprofile um rd. 1,7 % zulegen, was einen europaweiten Spitzenwert darstellt. Ein Zustand, von dem Deutschland mit seiner BIP- Wachstumsprognose in 2019 von rd. 0,6 % aktuell nur träumen kann.
Marktbreit dürfte sich daher in den kommenden 12 Monaten ein Unternehmensgewinnwachstum von rd. 20 % einstellen. Für kleinere Aktien-Nebenwerte, die infolge der rd. 60%igen Größe niederländischer relativ zu deutschen Blue Chips an der niederländischen Börse natürlich auch ein nochmals stärkeres Gewicht einnehmen als dies in Deutschland der Fall ist, wird die Gewinnwachstumsrate gar auf rd. 25 % veranschlagt. Mit einer zugehörigen KGV-Bewertung von gerade einmal rd. 15 hegen wir daher kaum Zweifel, dass dem niederländischen Aktienmarkt der finale Chartausbruch in Kürze gelingen und er auch weiter zu den Outperformern unter den europäischen Aktienmärkten zählen wird.
Kaufempfehlungen Niederlande:
- PHILIPS (NL0000009538)
- ASML HOLDING (NL0010273215)
- UNILEVER (NL0000388619)
- RELX (GB00B2B0DG97)
- WOLTERS KLUWER (NL0000395903)
- IMCD (NL0010801007)
- AHOLD DELHAIZE (NL0011794037)
27.09.2019 - Matthias Reiner - mr@ntg24.de
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