Argentinien: Schuldenstreit und Pesoschwäche
Argentinischer Peso und der Staatsbankrott
Dem einstmals reichsten Land Südamerikas droht die neunte Staatspleite seiner Geschichte. Überraschungen sind zwar auch nach oben möglich, aber derzeit bleibt erst einmal das Zwischenfazit, das die Hoffnungen auf eine gütliche Lösung schwinden.
Denn am vergangenen Freitag, dem 19.06.2020, ist die Frist verstrichen, bis zu der die wichtigsten Gläubiger Argentiniens das Angebot der Regierung für eine Umschuldung hätten annehmen können.
Die Regierung Argentiniens hat nun 2 Alternativen: Sie kann zum 9. Mal Mal die Zahlungsunfähigkeit des Landes verkünden, oder die Frist für die Verhandlungen noch einmal verlängern, was den Nervenkrieg der Gläubiger weiter fortsetzt.
Überraschend kommt dies aber nicht. Die internationalen Gläubiger kannten das Risiko. Der jetzige Präsident Alberto Fernández kam im Dezember 2019 mit dem Versprechen an die Macht, die Wirtschaft des Landes zu stärken. Die Staatsfinanzen waren da bereist zerrüttet und das soziale Gefüge aus der Balance geraten. Und dann kam noch zu allem Überfluss die Corona-Krise, die jede Hoffnung auf Wachstum zerplatzen ließ.
Präsident Fernandez und der ,,Politik-Bug'' Fernandez-Kirchner
Jetzt steht der Präsident schneller unter größerem Druck, als er wohl selber angenommen hat, denn die wirtschaftliche Lage seiner Wähler hat sich dramatisch verschlechtert. Die innenpolitische Unterstützung sinkt, und der ,,Politik-Bug‘‘, seine frühere Chefin, die Vizepräsidentin und Ex-Präsidentin Cristina Kirchner, sitzt auf dem politischen Rücksitz. Geht es schief, war es der Präsident, funktioniert der neoperonistische Interventionismus mal, bekommt sie von den Lorbeeren ab. Keine schlechte Gleichung für die Vizepräsidentin.
Damit sind auch schon die weiteren Perspektiven für die argentinische Wirtschaft umrissen. Denn ohne Einigung mit den Gläubigern wird die Kapitalmarktfähigkeit Argentiniens noch eine Weile auf sich warten lassen.
Wann der Knall kommt, hängt auch von der globalen und globalwirtschaftlichen Großwetterlage ab. Eine Erholung der Rohstoffpreise für Agrarprodukte wäre ein guter Anfang. Solange aber der große Nachbar Brasilien wirtschaftlich und politisch auf Kniescheiben geht, sind die Potenziale dafür eher begrenzt. Allerdings wartet China bereits auf eine Gelegenheit, die Bindungen Argentiniens an seine amerikanische ,,Extension‘‘ der globalen Seidenstraßen-Initiative zu verstärken. Denn die Ressourcen Argentiniens und die strategische Lage als Alternative zu der aus chinesischer Perspektive Westwärts-Bewegung nach Europa machen das Land geostrategisch attraktiv.
Der argentinische Peso wertet derweil konstant weiter gegen den US-Dollar ab. Damit löst sich die Kaufkraft der innerargentinischen Ersparnisse in der Landeswährung weiter in nichts auf.
Fazit
Unter den gegebenen Umständen sind die Chancen auf eine hinreichend akzeptierte Lösung in den Verhandlungen über eine Vermeidung des 9. Staatsbankrotts Argentiniens gering. Zuletzt hatten auch 2 große Ratingagenturen die Bonität auf ,,Zahlungsausfall‘‘ bzw. ,,begrenzten Zahlungsausfall‘‘ gestuft. Wir empfehlen deshalb, derzeit Engagements in argentinischen Peso zu meiden.
24.06.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de
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