Brasilianischer Real leidet nicht nur unter Corona
Wohin driftet der brasilianische Real?
Der brasilianische Real klemmt derzeit einmal wieder zwischen Baum und Borke. Zum einen könnten ihn eine wirksame Strukturpolitik und eine angemessene Geldpolitik befähigen, seine Vorteile bei den ,,Terms of Trade‘‘ und dadurch mögliche Außenhandelsüberschüsse zu nutzen, was tendenziell zu einer Aufwertung führen würde.
Gleichzeitig steht inmitten der nächsten Welle des Corona-Virus und einer inkonsistenten Politik von Präsident Bolsonaro sowohl in Bezug auf das Virus, aber auch vielen anderen Politikfeldern, was zu einem deutlich dezimierten Vertrauen in die politische Steuerung des Landes geführt hat.
Und nun steigen zu allem Überfluss auch noch die Zinsen in den USA. Dies ist nicht einfach nur ein kleines Detail, sondern möglicherweise auch der Auslöser für das Deja-vu. Denn Brasilien ist mit seiner Kombination aus chronisch niedrigem Wachstum, steigender öffentlicher Verschuldung, einer relativ steilen Zinsstrukturkurve und relativ hohen Realzinsen eine Quelle von makroökonomischer Unsicherheit, welche sich in der Wirtschaftsgeschichte, auch in Brasilien, nur allzu oft über die Währungen aufgelöst hat.
Der Real allerdings hatte bereits vor der Corona-Krise die Grundlage für einen massiven Abwertungsschub gelegt, wie Chart 1 zeigt. Darin ist die fraktale Struktur der ausgedehnten Bodenbildung zwischen 2002 und 2019 sichtbar.
Das Abwertungspotenzial dieser trendbestätigenden Bodenbildung wurde dann als Auslöser durch das Corona-Virus gehoben.
In der sich anschließenden Abwertung gegen den US-Dollar verlor der brasilianische Real mit dem Rückgang von 4 Real je Dollar auf 6 Real je Dollar in der Spitze ziemlich genau 50 % an Wert!
Seit Erreichen des Allzeittiefs bei 5,99 Real im Mai 2020 hat er nun diese Abwertung konsolidiert und dabei mindestens einen Doppelboden gebildet. Ob daraus ein dreifacher Boden wird, ist zwar offen. Die Formation tieferer Hochs und höherer Tiefs deutet aber auf die Ausbildung eines Konsolidierungskeils hin, dessen obere Begrenzung in Chart 2 markiert ist.
Wie auch immer die Konsolidierung ausfällt und wie lange sie dauert: Es sind derzeit wenig Faktoren erkennbar, welche den langfristigen Abwertungstrend des brasilianischen Reals umkehren könnten.
Denn wie die Entwicklung des letzten Jahrzehnts gezeigt hat, besteht ein positiver Zusammenhang zwischen den langfristigen US-Zinsen und den Kapitalflüssen in die Emerging Markets und aus ihnen heraus.
Sollte sich also der Zinsanstieg in den USA fortsetzen, ist mit einer weiteren Schwächephase nicht nur des brasilianischen Reals zu rechnen.
Chart 3 zeigt nun noch einmal die Entwicklung einiger südamerikanischer Währungen gegen den brasilianischen Real. Neben der konstanten Abwertung des argentinischen Pesos fällt auf, dass der Real in der Corona-Pandemie nicht nur deutlich schwächer gegen den chilenischen Peso, den uruguayischen Peso und den paraguayischen Guarani war, sondern dass er die seit März 2020 aufgelaufenen Verluste auch nicht einmal teilweise wieder aufholen konnte.
Fazit
Der brasilianische Real schafft es seit Ausbruch der Corona-Pandemie nicht, sich von seinen hohen Verlusten, welche er zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 erlitt, zu erholen. Dies deutet auf schwächende Faktoren hin, welche originär wenig oder nichts mit dem Virus zu tun haben.
Im Falle eines weiteren Anstiegs der langen US-Zinsen ist das Land zudem von einem zusätzlichen Risiko eines Kapitalabflusses ausgesetzt. Sollte dieses Szenario eintreten, sollte deshalb Engagements im brasilianischen Real nicht ohne Wechselkurssicherung eingegangen werden.
Sollte es im Zuge des anstehenden Präsidentschaftswahlkampfes zu einer stärker populistischen Politik kommen, dürfte dies die Währung ebenfalls weiter schwächen, da es direkt die Konsistenz der Pandemiebekämpfung infrage stellt.
Und schließlich ist auch die wieder anziehende Inflation im Auge zu behalten, denn diese dürfte den Realzins in der Währung Brasiliens schwächen und damit weitere Kapitalabflüsse zur Folge haben.
03.03.2021 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de
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