Chinas Währung unter Blasen-Stress
Kommt der nächste Abwärtsschub für den Yuan?
Die letzten Wochen waren für Chinas Führung wirklich nicht der Durchschnitt. An jeder Ecke quietschte es. Erst musste ein Sieg über das Corona-Virus her, und dann musste man diesen Sieg auch noch dem Ausland verkaufen. Hinter dem pazifischen Meer wartet dabei ein US-Präsident im Wahlkampfmodus, dem diese Siege natürlich nicht gefallen werden. Die Anti-China-Stimmung in den USA wächst, und damit die atmosphärischen Störungen zwischen beiden Mächten, die langsam mehr ihre Unterschiede und Autonomie sichern zu wollen als ihre gemeinsamen Ziele.
Dies mag auch an der Art und Weise liegen, wie die regierende kommunistische Partei Chinas ihre Macht ausübt und sichert. Die Kette der Friktionen wird dabei immer länger. Die Unterdrückung der Uiguren in Westchina, die mit militärischem und politischem Dauerdruck artikulierten Ansprüche Chinas im Südchinesischen Meer, das Säbelrasseln gegenüber Taiwan, und nun auch noch in der letzten Woche das neue Sicherheitsgesetz ,,für‘‘ Hongkong, dem umgehend massive Proteste in Hongkong, aber auch im Rest der Welt folgten.
Man fragt sich, wie lange das Imagemarketing Chinas mit defekten Pandemieschutz-Gütern noch funktionieren wird. Denn man fragt sich unweigerlich, wie China mit einem solchen Image seine langfristigen Ziele wie die neue Seidenstraße und sein Programm ,,Made in China 2025‘‘ vorantreiben will.
Zwar lässt sich dies vielleicht innenpolitisch durchdrücken. Aber schon das Beispiel Hongkong zeigt das hohe Potenzial für ,,Kollateralschäden‘‘. Eine durch das faktische Ende des Systems ,,Ein Land, zwei Systeme‘‘ ausgelöste Kapitalflucht könnte enormen Abwertungsdruck auf den Hongkong-Dollar auslösen.
Das Risiko einer deutlichen Abwertung des chinesischen Yuan ist aber nicht kleiner. Erstmals seit Langem gibt China kein Wachstumsziel aus. Zum ersten Mal seit 1976 ist die Wirtschaft eingebrochen, und das chinesische BIP sank im 1. Quartal 2020 im Vergleich zum 1. Quartal 2019 um 6,8 %! Und auch die langfristigen Verhaltensänderungen der Konsumenten und Firmen sind noch nicht vollständig abzusehen. Hierbei dürfte die Risikoperzeption für die Konsum- und Produktionspläne eine zentrale Rolle spielen.
Sollte der Inlandsmarkt nachhaltig geschwächt sein und die internationale Fassade Chinas Kratzer bekommen, könnte es versucht sein, durch eine deutliche Abwertung der Yuan seine preisliche Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten zu verbessern. Diese war in den letzten Jahren durch die steigenden Löhne erodiert.
Wie Ministerpräsident Li in seiner Programmrede auf dem Parteitag in der vergangenen Woche ausführte, hat die Schaffung von 9 Mio. neuen Arbeitsplätzen höchste Priorität. Daneben wird das Land in diesem Jahr 1,2 Bio. Yuan (rund 178 Mrd. US-Dollar) auch ein 6,6 % höheres Militärbudget erhalten.
Wie all dies bei der ohnehin schon exorbitanten Verschuldung nachhaltig zu tragen ist, bleibt einstweilen offen. Denn eine Eskalation des Konfliktes mit den USA dürfte die Wachstumsprognose der kommunistischen Führung weiter dahinschmelzen lassen.
Fazit
Die Gleichzeitigkeit von sozialen Spannungen, die aus dem immer schwerer zu erreichenden Aufstiegsversprechungen der KP Chinas erwachsen, den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, und den politischen Spannungen mit den USA und zunehmend mit weiteren Statten über die territorialen Besitzansprüche schaffen ein für beeindruckende Wachstumsprognosen eher toxisches Umfeld. Man wird sehen, inwieweit die staatlichen Wachstumsprogramme die Wirtschaft stabilisieren können, wenn Verbraucher und Privatwirtschaft ihre Konsumpräferenzen und Produktionspläne auch nur marginal nach unten revidieren. Eine Abwertung des chinesischen Yuan könnte dann deutlich schneller politisch gewünscht sein als bisher angenommen. Eine Absicherung des daraus resultierenden Wechselkursrisikos sollte deshalb ernsthaft erwogen werden.
25.05.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de
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