Dänemark genehmigt Weiterbau von Nord Stream 2
Dänemark gibt grünes Licht für den Bau von Nordstream 2
Noch vor 3 Wochen klangen die Rufe aus Kopenhagen ganz anders. Denn nach der Vergiftung des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny wollte Dänemark den Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 neu erneut besprechen.
Ganz vorne dabei die dänische Premierministerin Mette Frederiksen: „Ich war die ganze Zeit gegen Nord Stream 2. Ich glaube, wir sollten nicht von russischem Gas abhängig werden. Es wäre gut, wenn wir eine neue Diskussion zu diesem Thema beginnen könnten“, zitiert die dänische DR Frederiksen.
Zuvor hatte allerdings im Juli 2020 die dänische Energieagentur (DEA) eigenen Angaben zufolge der Nord Stream 2 AG genehmigt, Nord Stream 2 in ihren Gewässern mithilfe von Rohrverlege-Schiffen mit Ankerpositionierung fertigzustellen.
Polen mit eigenen Energieinteressen
Ein weiterer Pipeline-Gegner ist Polen. Das Land war von Anfang an gegen den Bau. Nord Stream 2 sei ein Dienst für Wladimir Putin, zudem begebe sich Deutschland in eine erhöhte Abhängigkeit von Russland. Dies sah man 2005 so, als das Projekt auf den Weg gebracht wurde, das war 2015 so, als der Bau der Pipeline begann, das sieht man heute so. Und auch die baltischen Staaten sehen vor dem Hintergrund ihrer Geschichte die Dinge ähnlich.
Polen hat allerdings seine eigenen Pipeline-Pläne. Und so ist Polens ablehnende Haltung gegen Nord Stream 2 nicht nur anti-russisch, sondern auch pro-polnisch. Denn das Land plant ein eigenes Pipeline-Projekt — und sollte Nord Stream 2 abgebrochen werden, wäre das für Polen ein Trumpf auf dem mitteleuropäischen Gasmarkt.
Das Projekt Baltic Pipe ist seit 2013 in Arbeit und soll in zwei Jahren fertiggestellt werden. Es handelt sich um eine Pipeline, die norwegisches Erdgas über Dänemark und die Ostsee nach Polen leiten soll. Dadurch will Polen komplett unabhängig von russischem Gas werden.
„Die Umsetzung des Projektes Baltic Pipe bringt Polen, Dänemark sowie anderen Ländern der Ostseeregion und Mittel- und Osteuropas beträchtliche sozial-wirtschaftliche Vorteile mit sich“, heißt es vollmundig auf der Webseite von Baltic Pipe. „Die Investition wird zur Erhöhung der Integration der Gasmärkte und Wettbewerbsfähigkeit beitragen.“
Die Konstellation Polen, Dänemark und Russland hat also einiges an strategischer Brisanz. Treibende Kraft hinter der Haltung Polens sind auch die USA, die neben Sicherheitsinteressen auch eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen.
Dänemark zwischen Baum und Borke
Das ungeliebte Projekt wurde lange mehr oder weniger totgeschwiegen, und Gespräche mit US-Außenminister Pompeo führte die dänische Regierung hinter verschlossenen Türen. Warum? Weil die Sache eben sehr delikat sei für das kleine Dänemark, so Charlotte Flindt Pedersen, Direktorin der Dänischen Gesellschaft für Außenpolitik.
„Den USA geht es um Sicherheit, Deutschland um die Wirtschaft. Das ist unser Problem: Wir sind in der Klemme zwischen Geo- und Handelspolitik,“ so Pedersen.
Das Land hat nach ihrer Meinung aber mehr Sympathien für den US-amerikanischen Standpunkt.
„Es gibt hier wenig Verständnis für die deutsche Entscheidung, den Russen in die Hand zu spielen und von russischem Gas abhängig zu werden. Es hat auch was mit Gerhard Schröder zu tun und seiner Rolle in der Angelegenheit; dass man in Deutschland handelspolitische Interessen über sicherheitspolitische Interessen stellt. Man hätte sich hier einen intensiveren Dialog mit den Nachbarländern gewünscht. Soviel ist sicher,“ so Pedersen.
Nun allerdings hat die dänische Energiebehörde dem Unternehmen Nord Stream 2 AG die Genehmigung zur operationellen Fertigstellung der Pipeline erteilt.
In einer Presseerklärung von gestern teilte die dänische Energiebehörde mit, dass man den Betreibern eine Genehmigung erteilt hat, um ,,einen Teil" der Pipeline ,,unter bestimmten Bestimmungen zu betreiben". So soll sichergestellt werden, dass ein ,,sicherer Betrieb" ermöglicht wird.
Weiterhin heißt es, dass die Inbetriebnahme nur erfolgen könne, ,,wenn mindestens eine der Pipelines geprüft, bestätigt und entsprechende Bedingungen in der Baugenehmigung und der Betriebsgenehmigung erfüllt sind". Diese wurden offensichtlich erfüllt und deshalb ist Dänemark verpflichtet, ,,den Bau und Betrieb von Transitpipelines zuzulassen", heißt es dazu weiter.
Fazit
Das Ringen um die Gaspipeline Nord Stream 2 geht weiter und allen Anschein nach in die Endphase. Es ist auch ein Innen-Portrait europäischer Energie- und Sicherheitspolitik. Das Ende lässt sich auch weiter nur schwer abschätzen, weil nicht klar ist, welche politischen Maßnahmen die USA ergreifen werden, um eine Fertigstellung doch noch zu verhindern.
Hinzu kommt, dass die neue grüne Wandlung der EU die Pipeline zumindest teilweise schwerer kommunizierbar macht. Die Macht des Faktischen und die objektive Versorgungssicherheit für den Fall, dass die grüne Energiewende nicht so glatt läuft wie von vielen erhofft, dürften allerdings den Sturm der Entrüstung schon bald wieder etwas abflauen lassen.
02.10.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de
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