Edelmetalle als Versicherung oder Investment – oder beides?
Ein Marktbericht von Arndt Kümpel
Man muss in der derzeitigen weltwirtschaftlichen Lage wirklich nicht lange suchen, um Hinweise auf die Rolle von Edelmetallen als Versicherung gegen bestimmte Risiken zu finden. Denn der konjunkturelle Nebel wird an den meisten Wachstumszentren der Weltwirtschaft dicker und nicht dünner. Es sei daran erinnert, dass es nach der Finanzkrise neben dem Geldtsunami der Notenbanken vor allem China war, was mit seinen Konjunkturprogrammen einen Nachfrageschub auf den Weltmärkten auslöste und wesentlich dafür verantwortlich war, die konjunkturelle Karre aus dem Dreck zu ziehen.
Inzwischen ist Donald Trump US-Präsident und findet die Erkenntnisse der neuen Außenhandelstheorie nützlich, um seine Wiederwahl zu erleichtern. Ähnlich wie bei den anderen Erscheinungsformen des Protektionismus stellt die daraus abgeleitete strategische Handelspolitik aber ein Beispiel für eine ,,beggar my neighbour‘‘- Politik dar. Diese kann Gegenmaßnahmen des Auslandes wie etwa Retorsionszölle auslösen, die in einen für alle Beteiligten verhängnisvollen Handelskrieg münden können.
Allerdings würde Trumps ökonomischer Chefberater Larry Kudlow erwidern, dass die USA gar nicht so viel nach China exportieren wie anders herum, weshalb China sowieso nicht mit vergleichbaren Zöllen Vergeltung üben kann. Die USA exportierten 2018 Waren für 120 Milliarden US-Dollar nach China, während China Waren im Wert von 539 Milliarden US-Dollar in die USA lieferte. Indes, es steht viel auf dem Spiel, aber die Spielregeln werden gerade geändert. Denn das Entwicklungsmodell Chinas der letzten Jahrzehnte basierte auch auf der stillschweigenden Duldung bzw. Akzeptanz der faktischen Umgehung der Freihandelsidee im Binnenmarkt Chinas. Das normative a la Charte des Freihandels scheint für China, wohl aber auch bald für die EU, mit US-Präsident Trump ein vorläufiges Ende gefunden zu haben. Die chinesischen Unternehmens- und Staatsschulden wachsen derweil munter weiter und die Kapitalflucht dürfte wieder zunehmen. Wie dies mit einer weiteren Öffnung insbesondere des chinesischen Kapitalmarktes vereinbar sein soll, wird wohl vorerst das Geheimnis von Präsident Xi und seinen Beratern bleiben.
Die BBB-Bond-Bombe und das Liquiditätsrisiko
Man fragt sich vor diesem Hintergrund unweigerlich, wer im nächsten konjunkturellen Abschwung die zusätzliche globale Nachfrage auslösen soll. Vom kalten Seitenwind im Welthandel einmal abgesehen, tickt auf den globalen Finanzmärkten ein weiteres Risiko, das die Edelmetalle wertmäßig allein aufgrund der Marktgröße zum Scheinen bringen könnte. Gemäß einer Studie von Morgan Stanley vom Oktober 2018 ist in den USA das Volumen von Firmenanleihen der niedrigsten Investmentgradekategorie von 2008 bis 2018 von 770 Mrd. US-Dollar auf 2,4 Bio. US-Dollar gestiegen.
Da in einem Konjunkturabschwung 20 % - 40 % von ihnen herabgestuft würde, verlören allein in den USA Firmenanleihen mit einem Nominalvolumen zwischen 500 Mrd. US-Dollar und 1,1 Bio. US-Dollar das Investmentgrade und sähen sich einer Refinanzierungsklippe gegenüber, da viele institutionelle Investoren diese Wertpapiere verkaufen müssten. In der EU ist die Lage ähnlich.
Im Ergebnis würde schlicht die Liquidität verschwinden, was nichts anderes bedeutet als steigende Geld-Brief-Spannen (oder gar keinen Geldkurs). Und so wird auch das schwächste Kettenglied der Vertrauenskette deutlich. Wären zudem von der Herabstufung der Kreditwürdigkeit auch höher bewertete Anleihen betroffen und sich dieser Effekt zudem auf kommunale und staatliche Schulden ausweiten, sollten Sie sich anschnallen! Wie vor diesem Hintergrund Banken ihre Aktivseite werttechnisch so stabil halten können, dass ihr Mini-Eigenkapital nicht durch die erzwungenen Wertberichtigungen im Kreditgeschäft und bei Anleihen aufgezehrt wird, bleibt einstweilen ein Geschäftsgeheimnis, das auch als toxisch für das Vertrauen in die Bankenstabilität insgesamt eingestuft werden kann. Die Warnungen der Bankenaufsicht in den vergangenen Wochen geben einen ersten Vorgeschmack auf dieses Szenario.
Die Symbiose von Investment und Versicherung
Während an dieser Stelle nochmals an die bekannte historische Negativkorrelation gerade von Gold und Silber zu den großen Standardvermögensanlagen Anleihen, Aktien und Immobilien erinnert werden soll, sei noch ein anderer interessanter Aspekt bezüglich der Wertsicherungseigenschaft von Edelmetallen erwähnt, nämlich als Investment in individuelle Geldwertstabilität bei Kryptowährungen. Auf aggregierter Ebene kann die Kombination von Kryptowährungen mit Edelmetalldeckung dazu führen, dass nicht nur die Transaktionskosten für solche Zahlungen dramatisch sinken, da mit einem exponentiellen Anstieg der Transaktionsdichte zu rechnen ist. Zwar ist eine Präferenz für bestimmte Kryptowährungen zu erwarten, die den Transaktionsvorstellungen der Zahlungsbeteiligten am besten entsprechen. Am Ende wird aber ein wichtiges Ergebnis sein, dass man so die insolvenzgefährdeten Banken und deren Gebührenbelastung umgeht. Und das Wichtigste: Die Edelmetalldeckung der Kryptowährung schafft ein Maß an Wertstabilität, welche den Kryptowährungen aktuell fehlt. Ob sich Kryptowährungen als Zahlungsmittel etablieren könnte möglicherweise davon abhängen, ob es ihnen gelingt, die vorgenannte Wertstabilität durch Edelmetalldeckung zu erreichen.
Wie die letzten Monate bewiesen haben, besteht ein Trend bei Kryptowährungen darin, sie mit Gold, Silber und sogar Platin und Palladium zu unterlegen. Damit kommt es zu einer Fusion der Wertstabilität von Edelmetallen mit der Transaktionssicherheit und Schnelligkeit von Kryptowährungen. Sollte sich dieser Trend verstärken, wäre die Frage, ob Gold, Silber & Co. Geld sind, vorläufig mit Ja zu beantworten. Und zwar nicht, weil der Staat das möchte, sondern weil etwas durch allgemeine Akzeptanz bei ökonomischen Transaktionen zu Geld wird. Ob Regierungen und Notenbanken ihr Geldschöpfungsmonopol einfach kampflos aufgeben, darf allerdings bezweifelt werden.
Und was die Regulierung und deren Fortbildung durch Richterrecht angeht: Das Kammergericht Berlin hat im Leitsatz seiner (letztinstanzlichen) strafrechtlichen Revisionsentscheidung vom 25. September 2018 (Aktienzeichen 161 Ss 28/18) entschieden, dass der Handel mit Bitcoin kein Bankgeschäft bzw. keine Straftat darstellt, weil es sich dabei weder um eine Rechnungseinheit noch um ein Finanzinstrument nach dem Kreditwesengesetz (KWG) handelt. Daher sei auch keine Erlaubnis für das Betreiben von Bankgeschäften erforderlich. Das Gericht stellt sich damit gegen die Einschätzung und Verwaltungspraxis der Bafin und stellt fest, dass dieses seine Kompetenzen deutlich überschritten hat, da es mit der Einordnung von Bitcoin als Recheneinheit seinen Aufgabenbereich deutlich überspannt! Die Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage (Bundesdrucksache 19/6034 vom 27.11.2018) von Frank Schäffler, der FDP-Fraktion und weiteren Abgeordneten mit Blick auf das Urteil und die deutlich abweichende Verwaltungspraxis der Bafin macht jedoch deutlich, dass kurzfristig auf nationaler Ebene nicht mit einer Änderung der Behandlung von Kryptowährungen bei der Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 11 KWG zu rechnen ist. Ende offen.
Fazit: Die historischen Argumente für den Einsatz von Edelmetallen in der Vermögensberatung und -verwaltung sind hinreichend belegt und damit im Grundsatz unstreitig. Die individuelle psychische Komfortzone sowie die asymmetrische Informationsverteilung und Beratungskompetenz zzgl. kostenloser Interessenkonflikte der Anlageberater sind jedoch ein wesentlicher limitierender Faktor für den angemessenen Einsatz von Edelmetallen als Investmentkategorie. Da hilft nur Eigeninitiative nach dem Motto – hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott!
Und was den Versicherungswert angeht: Hier wird deutlich, dass man weder ein Prepper noch ein Doomsday-Anhänger sein muss, um den Versicherungswert von Edelmetallen, insbesondere als Versicherung gegen den Kaufkraftverlust von gesetzlichen Zahlungsmitteln, konkret am Beispiel Kryptowährungen, nicht nur bei Stromausfall zu erkennen. Für eine einfache Szenarioanalyse nehme man die potenzielle Dynamik des Konjunkturzyklus und addiere die zu erwartenden Vermögensverluste aus Anleihen, Immobilien und Aktien sowie die anstehenden Verteilungskonflikte eines schwächeren Welthandels. Im Ergebnis bleibt damit die vorläufige Erkenntnis, dass die Versicherungseigenschaft von Edelmetallen genehmigungslos erhältlich und angesichts der historisch extremen Marktlage und der niedrigen Preise vor allem für Gold, Silber und Platin zum strategischen Risikomanagement mehr als preiswert zu haben ist. Edelmetalle sind damit beides – ein gutes Investment und eine preiswerte Versicherung!
12.05.2019 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de
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