Türkische Lira mit neuem Allzeittief zum US-Dollar
Türkische Währung erleidet neuem Vertrauensverlust
Die türkische Lira hat heute ein neues Allzeittief gegen den US-Dollar erreicht und damit ihre Erholungsphase seit dem bisherigen Allzeittief vom 06.11.2020 beendet. Vor dem Hintergrund der sich weiter verschlechternden Vertrauensbasis und einer möglichen Herabstufung der Kreditwürdigkeit der Türkei ist eine erneute Beschleunigung der Abwertung wahrscheinlich.
Einen viel schlechteren Zeitpunkt für die erneute politische Intervention in die im besten Falle unabhängige Geldpolitik hätte sich der türkische Präsident Erdogan kaum aussuchen können. Denn zuletzt erfolgten seine Eingriffe in die Zusammensetzung der Notenbankspitze in immer kürzeren Abständen. Erst in dieser Woche entließ Erdogan einen Vizegouverneur der Notenbank und ersetzte ihn mit einem regimetreuen Anhänger. Notenbank-Vize Oguzhan Özbas wurde durch Semih Tümen ersetzt, einem früheren Berater des Präsidenten. Vor 2 Monaten hatte Erdogan bereits den Notenbankchef Naci Agbal ausgetauscht, nachdem dieser gegen die Schwäche der türkischen Lira mit Zinserhöhungen reagiert hatte.
Diese Rochaden zeigen dem Markt erneut, dass es mit der Unabhängigkeit der türkischen Zentralbank nicht weit her ist, die aber eine Bedingung für das Vertrauen in die Währung darstellt. Folgerichtig geriet diese unter immer stärkeren Verkaufsdruck und erreichte nun heute gegen den US-Dollar ein neues Allzeittief.
Da Erdogan hohe Zinsen aber als „Mutter und Vater allen Übels“ ansieht, ist davon auszugehen, dass diese auch dann zu niedrig bleiben werden, wenn die Inflationsrate steigt. Zuletzt lag diese bei 17 %. Neben dem Vertrauensverlust ist es die Inflationsdifferenz, welche auf den Außenwert der türkischen Lira drückt und nun zu einem neuen Allzeittief gegen den US-Dollar geführt hat.
Das Überschreiten der bisherigen Höchstmarke vom 06.11.2020 bei 8,58 Lira je US-Dollar beendet auch eine Zwischenerholung in einem seit Jahrzehnten andauernden Abwertungstrend und bestätigt dieses damit ein weiteres Mal, verstärkt um die Inflations-Abwertungs-Spirale, die eben nur mit steigendem Vertrauen und höheren Zinsen zu durchbrechen ist.
Der türkische Präsident sichert mit den neuen politischen Entscheidungen an der Notenbank-Spitze zwar kurzfristig seine Macht, verspielt aber damit das Vertrauen der Investoren. Die wiederholte Aufforderung an die türkischen Bürger, ihre Ersparnisse in türkischen Lira zu halten, erscheint damit als monetäre Selbstzerstörung. Stattdessen haben die Guthaben auf türkischen Fremdwährungskonten zuletzt zu- statt abgenommen. Nachdem Erdogan vor 2 Jahren bereits auf kommunaler Ebene deutliche Niederlagen einstecken musste, scheint er nun auch den Kontakt zu den Sorgen und Nöten der Bevölkerung zu verlieren.
Und was ist das Fazit?
Die türkische Notenbank hat in den vergangenen 2 Jahren rund 128 Mrd. US-Dollar an Devisenreserven zur Stützung der türkischen Lira aufgewendet. Damit zahlt die Türkei einen hohen Preis für den durch den türkischen Präsidenten beschleunigten Vertrauensverlust, der durch seine Außenpolitik, insbesondere in Syrien, beschleunigt wird. Die US-Sanktionen in diesem Zusammenhang und das erkennbar unterkühlte Verhältnis Erdogans zum neuen US-Präsidenten Biden machen einen positiven Trendwechsel trotz aller strategischen Ratio schwer.
Vor diesem Hintergrund bleibt weiter offen, ob es der Türkei gelingt, ihr großes Leistungsbilanzdefizit weiter so wie in der Vergangenheit zu finanzieren. Eine weitere Abwertung der Lira dürfte es für in US-Dollar verschuldete türkische Unternehmen den Schuldendienst immer schwerer machen.
Die Ratingagentur S&P hat angekündigt, das Kreditrating der Türkei von B+ zu überprüfen. Der Kapitalmarkt bewertet das Land aber bereits tiefer. Eine neue Herabstufung der Kreditwürdigkeit könnte die Abwertung der türkischen Lira weiter beschleunigen. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir, Investments in türkische Lira abzusichern.
28.05.2021 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de
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