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Öl – Brandbeschleuniger für Gold?

Ein Marktbericht von Arndt Kümpel

 

Die Spannungen im Nahen Osten erhöhen die Risiken auf den Rohstoffmärkten zunehmend. Es geht aber eben nicht nur um den Marktpreis, sondern auch den möglichst exklusiven Zugang und die Kontrolle der Transportwege. Der Hotspot ist hier seit Jahrzehnten der Persische Golf, durch den rund 30 % der weltweiten Öltransporte gehen.

Das gelbe und das schwarze Gold führen schon lange eine spannungsreiche Beziehung. Die Spannungen im Nahen Osten sind dabei nicht nur ökonomischer Natur. Es ist eben auch ein seit Langem schwelender Konflikt um die religiöse Deutungshoheit zwischen dem wahhabitisch-sunnitischem Islam Saudi-Arabiens und dem schiitischen Islam Irans.

 

Saudi Arabien und der Iran

 

Und komplex wird es, da beide Staaten über große Ölreserven verfügen, deren Verkaufserlöse die Staatsbudgets dominieren. Damit würde sich bei fallenden Ölpreisen über kurz oder lang auch der Abwertungsdruck des im Verhältnis 3,75:1 an den US-Dollar gebundenen saudischen Rial erhöhen. Der Plan Saudi Vision 2030 und die derzeitigen Ausgaben für den teuren Status quo erfordern einen Ölpreis von mindestens 40 US-Dollar, um das Staatsbudget Saudi Arabiens vor einem Defizit zu bewahren, auch wenn die marginalen Produktionskosten mit rund 9 US-Dollar die weltweit niedrigsten sind.

Im Iran wird nicht zuletzt der aus den US-Sanktionen folgende Abwertungsdruck auf den iranischen Rial am ehesten im dritten der drei parallelen Wechselkurse deutlich. Dieser wurde bis 2012 auf dem Teheraner Markt bestimmt und ist heute ein Schwarzmarktkurs. Dort beträgt der Wechselkurs zum Euro aktuell 150.000:1, während der offizielle bei 47.300:1 liegt. Wen wundert es deshalb, dass die Kapitalflucht 2018 aus dem Iran bei rund 60 Mrd. US-Dollar gelegen haben könnte und die Miete in guten Lagen Teherans nicht selten in Goldmünzen bezahlt wird?

 

OPEC & Co.

 

Diese Gemengelage wird zudem noch durch das Gerangel der OPEC-Staaten untereinander und mit den Nicht-OPEC-Staaten, allen voran Russland, um eine Fördermengenkoordination des Quasi-Kartells zum gegenseitigen Vorteil erschwert. Dies schafft erpresserische wie kooperative Konstellationen, wie der Vertrag Russlands und des Iran über die Nutzung des Kaspischen Meeres und seine geheimen Zusatzprotokolle zeigen. Russlands Staatshaushalt rechnet mit einem Ölpreis von 40 US-Dollar, und es hat einer Verlängerung der Ende Juni auslaufenden Förderkürzung noch nicht zugestimmt. Schließlich will man keine Marktanteile an die US-Konkurrenz verlieren!

Wie der neueste Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) zeigt, wird es kurzfristig rein fördertechnisch keine Ölknappheit geben, denn der weltweite Nachfragezuwachs soll für 2019 bei 1,2 Mio. Barrel täglich liegen, während mit einer Angebotsausweitung von 1,9 Mio. Barrel gerechnet wird. Dazu tragen nicht zuletzt die steigende Schieferölförderung in den USA bei, aber auch die stärkere Ölförderung Kanadas, Brasiliens und Norwegens. Die Förderungsausweitung der USA könnte zu einem mittelfristig höheren Angebotsüberschuss führen, vor allem, wenn die Weltkonjunktur schwächer wird. Und ein stärkerer US-Dollar würde die Ölnachfrage zusätzlich beeinträchtigen.

 

Ölpreis

 

Insgesamt ist der Preispfad für Öl konjunktursensibel, was in obiger Grafik für das Krisenjahr 2009 mit seinem Ölpreisrückgang von 140 US-Dollar auf 40 US-Dollar gut sichtbar ist. Hinzu kommt die Tatsache, dass das globale BIP-Wachstum mit dem Energieverbrauch hoch korreliert ist. Bei einem zu hohen Ölpreis macht die Wirtschaft aufgrund der geringen Preiselastizität der Ölnachfrage für sich genommen schnelle Preisänderungen möglich. Damit beeinträchtigt sie im Ergebnis aber auch schnell die Konjunktur, da sich per saldo das verfügbare Einkommen nach Energiekosten verringert, die Verschuldung erhöht und die effektive Nachfrage sinkt. Damit entstehen tendenziell Abwertungseffekte in den betroffenen Währungen gegen Gold. Zudem steigt durch die Defizite der Ölimportländer volkswirtschaftlich das Leistungsbilanzdefizit bzw. sinkt der -überschuss.

Die fehlende Elastizität der realen Wirtschaftsstruktur gegenüber Ölpreiserhöhungen wirkt bei steigenden Ölpreisen inflationär. Wenn der Leitzins durch die hohe Verschuldung nicht steigen darf, sinkt der Realzins und treibt tendenziell den Goldpreis. Die Defizitländer erliegen zudem zu oft der Versuchung der Notenpresse, was zu einem sinkenden Vertrauen in die Währung und entsprechenden Fluchteffekten in Gold führt.

Fazit: Der Kampf um die Ölreserven wird überlagert von einem auf Kreditexpansion basierenden Wachstum. Dieses ölabhängige System schafft seine eigene Fragilität, das den Geldwert des zugrunde liegenden Schuldgeldes gefährdet. Aus dieser Perspektive ist Gold der perfekte Wertanker für die Ölförderländer. Ein Blick auf den Iran lässt dort außerdem ein Currency Board System mit Gold als Anker vielversprechend erscheinen. Damit ist Gold ein Auffangnetz der Ölpolitik, denn es schafft Vertrauen in Stabilität dort, wo sonst Zweifel angebracht sind. Die politisch intendierte Zugangsbeschränkung zu Ölquellen und Öleinnahmen aber ist es, was den eigentlichen Brandbeschleuniger darstellt. Insofern wäre ein stark steigender Goldpreis eher ein Zeichen der Systeminstabilität und damit der sinkenden Werthaltigkeit der anderen Assetklassen!

 

16.06.2019 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de





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Bewertungen, Kommentare und Fragen an den Redakteur

 

  • Aryana - 19.06.2019 19:17:03 Uhr

    Und was ist mit dem großen Rest der Ölvorkommen, die nicht im Nahen Osten liegen? Venezuela, Russland etc...?


 

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