Wann kommt die Korrektur bei Palladium?
Wie weit reicht der Tank für Palladium?
Eigentlich wissen viele Charttechniker kaum noch, was sie über die Entwicklung von Palladium schreiben sollen. Man bestätigt die sich bildende Fahnenstange und rechnet die Performance seit einer Kaufempfehlung aus. Oder man hat gar keine und schätzt den tiefen Fall in einer unausweichlichen Korrektur, die allerdings auch von einem Niveau von vielleicht 1.000 Dollar höher erst beginnen kann.
Die wesentlichen Gründe für den aktuell raketenhaften Anstieg sind schnell genannt: Palladium ist als Katalysator vor allem in der Automobilindustrie in Katalysatoren und Brennstoffzellen von hoher Bedeutung, welche durch den Dieselskandal noch vergrößert wurden. Angebotsseitig kommt Palladium zu ganz überwiegendem Teil aus Südafrika und Russland. Die instabile Stromversorgung vor allem in Südafrika ist Teil einer politischen Verwerfung und aktuell einer seiner größten Kollateralschäden.
Der Markt spiegelt diese Situation wieder. Denn es besteht ein Quasi-Angebotsduopol und damit massives regionales Klumpenrisiko. Und die Nachfrage ist aufgrund der (noch) schlechten Substituierbarkeit von Palladium durch Platin oder andere Stoffe extrem preisunelastisch!
Im Ergebnis ist die Liquidität am Palladiummarkt extrem gesunken. Potenzielle Verkäufer von Palladium haben seit August 2018 die Markterfahrung gemacht, dass zwischenzeitliche Korrekturen immer flacher wurden und immer schneller vorüber waren. Denn Handelsstrategien auf Platin-Futures, die im Angesicht der physischen Knappheit des zugrunde liegenden Metalls realisiert werden, müssen eine Verlustbegrenzung haben, bei der sie ,,eindecken‘‘. Der Kaufzwang derjenigen Marktteilnehmer, die das physische Metall über den Future-Kontrakt erwerben wollen, bilden damit die Verbindung der physischen Knappheit zu der Limitierung des Abwärtspotenzials bei Palladium-Futures.
Die bedeutet nicht, dass Palladium nicht das vorläufige Ende seiner charttechnischen Fahnenstange erreicht. Aber die physische Knappheit diktiert eben am Future-Markt eine andere Handlungslogik als jene rein durch Futurekontrakte bestimmter Märkte. Es ist eine Rückkehr der Realität ins Land der Versprechen.
Ein Merkmal dieser physischen Knappheit sind die Terminkurse von Palladium. Ein Blick auf die Preisübersicht der bezahlten Palladium-Future-Kurse an der Globex zeigt dies deutlich. Der Terminkontrakt auf Palladium mit Verfallstermin März 2020 wurde zuletzt mit 2.283,90 Dollar bezahlt, jener mit Verfallstermin Juni 2020 mit 2273 Dollar, und jener mit Verfallstermin September 2020 mit 2250 Dollar. Damit besitzt Palladium zwischen März und September 2020 für diese 6 Monate Differenz eine Laufzeitenprämie von 33,90 Dollar. Diese Prämie ist ein Future-Käufer dafür bereit zu zahlen, dass er Palladium 6 Monate eher als September 2020 erhält.
Die Risikomigration über die verschiedenen Laufzeiten von Futures führt zu dieser Backwardation genannten Situation. Basiert diese nicht auf Spekulation, sondern auf physischer Knappheit, ist die Vergangenheit ein nicht hinreichender Indikator der zukünftigen Entwicklung. Warum? Weil es für die Extremsituationen, welche die marginale Zahlungsbereitschaft der Käufer physischen Palladiums spiegelt, keine ausreichenden Informationen gibt. Das bedeutet aber auch, dass die Lieferprämie und damit der Zustand der Backwardation noch bedeutend extremere Ausmaße annehmen kann.
Fazit
Die aktuelle Entwicklung des Preises von Palladium-Futures ist ein guter Vorgeschmack auf möglicherweise weitere Knappheitssituationen in anderen realen Assets. Je kleiner der Markt, umso größer der Einfluss niedriger Preiselastizität der Nachfrage. Naheliegender Kandidat dafür sind Rhodium und aus dem Potenzial relativer Substituierbarkeit heraus Platin.
20.01.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de
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