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Target-2-Saldo Deutschlands über 1 Billion Euro

Deutsche Bundesbank mit Target-2-Saldo von über 1 Bio. Euro

NTG24 - Target-2-Saldo Deutschlands über 1 Billion Euro

 

Wie die Deutsche Bundesbank auf ihrer Webseite mitteilt, ist der Target-2-Saldo per Ende Juli 2020 auf über 1 Billion Euro gestiegen.

Danach betrug dieser per 31.07.2020 genau 1.019.214.084.029,88 Euro.

Target2 ist ein Zahlungsverkehrssystem, über das nationale und grenzüberschreitende Zahlungen in Zentralbankgeld schnell und endgültig abgewickelt werden. Diesen Zahlungen können ganz unterschiedliche Geschäfte, wie z. B. die Zahlung einer Warenlieferung, der Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers, die Gewährung oder Rückzahlung eines fälligen Darlehens oder die Geldanlage bei einer Bank zugrunde liegen.

Auch Transaktionen im Rahmen von Offenmarktgeschäften des Eurosystems werden über das Target2-System abgewickelt. Fließen beispielsweise einer über die Bundesbank an Target2 teilnehmenden Bank Gelder aus dem Ausland zu, führt dies bei der Bundesbank zu Verbindlichkeiten gegenüber dieser Bank. Im Gegenzug entsteht eine Forderung der Bundesbank in gleicher Höhe gegenüber der sendenden nationalen Zentralbank. Diese wiederum belastet das Konto der sendenden Geschäftsbank. Die bei den nationalen Zentralbanken entstehenden Forderungen und Verbindlichkeiten aus einer über den Tag anfallenden Vielzahl solcher Transaktionen gleichen sich normalerweise nicht vollständig aus.

Am Ende des Geschäftstages verbleibende Forderungen und Verbindlichkeiten aller an Target2 teilnehmenden nationalen Zentralbanken werden gemäß einem Abkommen im Eurosystem an die Europäische Zentralbank (EZB) übertragen und dort saldiert. Die so entstehenden Target2-(Netto)-Salden sind demnach das Ergebnis der grenzüberschreitenden Verteilung von Zentralbankgeld innerhalb der dezentralen Struktur des Eurosystems.

 

Euro

Bildnachweis: @ EMH Service GmbH

 

Im Juni 2020 verzeichnete Spanien bzw. die Banco de Espana einen negativen Target2-Saldo in Höhe von etwa 462 Milliarden Euro. Dies bedeutet, dass die spanische Notenbank rund 462 Milliarden Euro grenzüberschreitende Verbindlichkeiten gegenüber den anderen am Target2-System teilnehmenden Zentralbanken hatte.

Noch stärker war allerdings im Vormonat Juni der Target2-Saldo Italiens negativ. Dieser bzw. der der Zentralbank Italiens wies einen negativen Saldo in Höhe von 537 Milliarden Euro auf.

Die Negativsalden Italiens und Spaniens addieren sich auf 999 Milliarden Euro und sind damit größter Bestimmungsgrund für den positiven Target2-Saldo Deutschlands bzw. der Deutschen Bundesbank von 995 Milliarden Euro im Juni 2020.

Nun ist dieser um rund 20 Milliarden Euro im Juli 2020 angestiegen und beträgt per 31.07.2020 genau 1.019.214.084.029,88 Euro, also rund 1.019 Milliarden Euro. An der Gewichtsverteilung dürfte sich auch im Juli 2020 wenig geändert haben.

Die fehlende Tendenz eines Salden-Ausgleichs ist vor dem Hintergrund der zunehmenden Durchbrechung zentraler Rechtsgrundlagen der Europäischen Union hochproblematisch. Letztes Beispiel war das PSPP-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 05.05.2020.

Der Anstieg des Target2-Saldos reflektiert neben den Handelsbilanzüberschüssen Deutschlands gegenüber Italien, Spanien und Griechenland vor allem die Kapitalflucht aus aktuell diesen EU-Ländern.

Hinzu kommen die Anleihekäufe der EZB im Rahmen des Corona-Anleihekaufprogramms.

Im Juni 2020 kam es beim Target2-Saldo der EZB zu einer scharfen Trendumkehr, und Ende Juni betrug der Negativsaldo der EZB 260 Milliarden Euro. Es kommt hier demnach zu einer teilweisen Verschiebung der Salden von den Mitgliedsstaaten zur EZB selbst. Die weitere Entwicklung des Target2-Saldos der EZB in der Gesamtbewertung des extrem hohen Target2-Saldos Deutschlands sollte deshalb genau verfolgt werden.

 

Fazit

 

Der Target2-Saldo, dessen Bedeutung als Einfallstor ungedeckter Forderungen und Verbindlichkeiten innerhalb des ESZB-Systems zuerst von Prof. Hans-Werner Sinn, dem früheren Präsidenten des IfO-Instituts München gegen starke Widerstände herausgestellt wurde, entwickelt sich weiter in eine Größenordnung, die die Erpressbarkeit Deutschlands innerhalb der ESZB erhöhen. Wie Prof. Sinn bereits mehrfach ausführte, wären Alternativen wie jene in den USA mit der Bereitstellung zusätzlicher Sicherheit, durchaus praktikabel. Neben Staatsanleihen kommt hier vor allem Gold in Betracht.

 

07.08.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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Bewertungen, Kommentare und Fragen an den Redakteur

 

  • Arndt Kümpel - 16.10.2020 09:54:48 Uhr

    Sehr geehrter Herr Ledjeff, vielen Dank für Ihr erneutes Feedback.

    Meines Wissens nach ist der Saldo aus dem Target-2-System der EZB nicht frei verfügbar, da es keine rechtlichen Mittel für Deutschland gibt, diese Forderung einzuklagen. Dies ist gerade einer der Gründe, warum u.a. Prof. Sinn kritisiert, dass diese Target-2-Salden nicht besichert werden. In den USA sind die Verbindlichkeiten innerhalb des FED-Systems, die über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben (über den Quartalsultimo hinweg), mit Staatsanleihen oder ähnlichen Sicherheiten zu unterlegen. Warum dies bei der EZB unterlassen wurde, ist eine spannende Frage.

    Jedenfalls sehe ich keine Möglichkeit, ohne Änderung des EZB-Statuts die Target-2-Salden einzutreiben.

    Vielen Dank nochmals für Ihre Kommentare!

    Beste Grüße
    Arndt Kümpel


  • George Ledjeff - 15.10.2020 09:36:01 Uhr

    Im Schreiben vom 2. 10. 2020 ist richtig dargestellt, Deutschland hat ein Guthaben gegenüber der EZB.
    Warum wird dieses Guthaben nicht abgerufen für Investitionen in die Infrastruktur ? Warum nicht investieren in Kindergärten, Schulen, Pflege ?


  • Arndt Kümpel - 02.10.2020 11:20:47 Uhr

    Sehr geehrter Herr Ledjeff, vielen Dank für Ihren Kommentar.

    Dazu zwei Hinweise: Nach vielfachen Ausführungen der Deutschen Bundesbank handelt es sich beim Target-2-Saldo einer nationalen Notenbank, um den es in dem Artikel in Bezug auf Deutschland geht, um eine Verbindlichkeit. Und zwar im aktuellen Fall Deutschlands gegen die EZB. In seinem Artikel vom 13.03.2012 schreibt Bundesbankpräsident Weidmann zur Frage, wer ggf. die Verluste eines Euro-Mitgliedslandes (z.B. Italiens) tragen müsste: ,,Verluste der EZB wären aber gegebenenfalls von allen Notenbanken des Eurosystems zu tragen – unabhängig von deren Target2-Saldo.'' Der Anteil Deutschlands am Kapital der EZB beträgt zum 01.01.2020 21,44 %, der Italiens 13,82 %. Bei einem Austritt dürfte Italien wohl kaum seine EZB-Verluste tragen. Wie hoch die Verluste der Bundesbank in diesem Falle (nur Italiens) wären, lässt sich derzeit nicht sagen. Die Verluste der Bundesbank müsste aber die Bundesrepublik tragen.

    Dazu

    Die Frage, inwieweit dieser Saldo ein Risiko darstellt, wird seit Jahren diskutiert. Hier gehen die Meinungen deutlich auseinander, je nachdem, ob man den Austritt eines Landes aus dem Euro für realistisch hält oder nicht. Ich möchte nur daran erinnern, dass der Austritt aus der EU vor einigen Jahren ebenfalls als sogar rechtlich unmöglich dargestellt wurde. Nun ist Großbritannien ausgetreten.

    Zur Frage des Goldes: In dem Artikel wird auf das Gold Italiens angespielt. Italien besitzt aktuell 2.451,8 Tonnen Gold, es ist also schon da. Ob das Land ohne Zustimmung der EZB darüber frei verfügen kann, war 2018/2019 Gegenstand einer hitzigen Debatte, weil die EZB nicht dieser Ansicht war. Vorläufiges Resultat der Debatte: Italien kann frei verfügen. Damit kann dieses Gold auch als Sicherheit verwendet werden.

    Mit besten Grüßen
    Arndt Kümpel


  • George Ledjeff - 01.10.2020 11:23:33 Uhr

    Woher soll das Gold kommen ? Der Saldo ist keine Schuld. Er zeigt an, wieviel mehr neu gedrucktes Geld diese Länder erhalten haben. Deutschland steht dasselbe zu. Es wird nicht abgerufen, da unsere schwarze Null davon nichts versteht. Das kommt raus, wenn Juristen Wirtschaft machen.


 

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