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Türkischer Präsident erklärt dem Zins den Krieg

Chronische Inflation und das Misstrauen in die türkische Lira

NTG24 - Türkischer Präsident erklärt dem Zins den Krieg

 

Der türkische Präsident Erdogan kämpft an vielen Fronten: in Aserbaidschan, in Syrien, gegen die Kurden im eigenen Land und im Irak, gegen die aus seiner Sicht ungerechte Verteilung der Meereszugänge mit dem NATO-,,Partner‘‘ Griechenland, gegen Zypern bei den Gasvorkommen im Mittelmeer, und nicht zuletzt gegen die politischen Gegner im eigenen Land.

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Werbebanner Zürcher BörsenbriefeNun aber hat er einem weiteren alten Bekannten den ,,ökonomischen Krieg‘‘ erklärt: Dem Zins!

Am vergangenen Samstag erklärte er nach Informationen des Nachrichtenportals ,,Business Recorder‘‘, dass sich die Türkei in einem ,,ökonomischen Krieg‘‘ gegen jene befinde, die das Land in eine ,,teuflische Triangle aus Zinsen, Wechselkursen und Inflation‘‘ trieben.

Es kann deshalb nicht wirklich überraschen, dass er an der Unabhängigkeit der Notenbank sägt, um diese für seine Niedrigzinsvorgaben empfänglicher zu machen und so die Finanzierungskosten im Inland zu verringern.

Diese Politik schlägt dem Außenwert der türkischen Lira allerdings anhaltend auf den Magen.

 

 

Nachdem nun die türkische Zentralbank ihr Inflationsprognosen um 3 % angehoben hat erhielt die Lira einen neuen Abwertungsschub gegen den US-Dollar. Trotz der überraschend deutlichen Leitzinserhöhung im September 2020 um 200 Basispunkte hat es die türkische Notenbank nicht geschafft, die Märkten von einer überzeugenden Strategie zur Verteidigung des Außenwertes der Lira zu überzeugen. Dazu trug auch bei, dass sie im Oktober, anders als von den Märkten erwartet, die Leitzinsen nicht anhob.

Nun erklärte die türkische Zentralbank stattdessen, dass die Konsumentenpreise in diesem Jahr um 12,1 % anstatt zuvor um 8,9 % ansteigen werden. Für das kommende Jahr erwarten die Zentralbanker einen Rückgang der Inflation auf 9,4 %, nachdem sie bislang noch von 6,2 % ausgegangen waren.

Gegen den Vertrauensverlust in die Außenpolitik der Türkei helfen allerdings auch keine Zinserhöhungen. Die zunehmende Zahl der Konflikte, in die sich die Türkei verwickelt hat, schafft für sie auch mehr Gegner.

Eine langfristige Betrachtung zeigt eine schubweise Abwertung, die sich jedoch auf einer linearen Skale exponentiell beschleunigt.

 

 

Vor dem Hintergrund einer langen Historie instabilen Geldwertes wird klar, dass das ,,Urvertrauen‘‘ der Märkte in die Wertstabilität der türkischen Lira fehlen könnte.

Der Außenhandel, zu dem auch die bedeutende Tourismusindustrie zählt, ist dabei aber wohl nicht der entscheidende Einflussfaktor. Und wie lange die Devisenreserven der Türkei noch reichen, ist ebenfalls eine nicht nur von der Nettowarenausfuhr abgängige Frage. Denn die Kapitalflüsse sind um ein Vielfaches höher als die Summe, die zur Abwicklung des Außenhandels nötig ist. Nicht zuletzt deshalb kommt der Frage eine zentrale Bedeutung zu, ob es die Türkei schafft, das Vertrauen der Kapitalmärkte zurückzugewinnen.

 

Fazit

 

Der türkische Präsident Erdogan wirft weiter einen langen Schatten auf die türkische Geldpolitik. Eine weitere Abwertung ist deshalb auch mittelfristig das wahrscheinlichste Szenario. Die exponentielle Entwicklung der Lira gegen den US-Dollar dürfte deshalb solange anhalten, bis die Türkei das verlorene Vertrauen der eigenen Bürger und des Kapitalmarktes in die Wertstabilität der türkischen Lira wieder herstellen kann.

 

02.11.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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