
FG Hessen erkennt Steuerberatungskosten als Veräußerungskosten nach § 17 EStG an
Bruch mit ständiger Rechtsprechung
Mit Urteil vom 22.02.2024 (Az. 10 K 1208/23) hat das Hessische Finanzgericht (FG) entschieden, dass Steuerberatungskosten, die im Zusammenhang mit der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG entstehen, als Veräußerungskosten im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG abzugsfähig sind. Dieses Urteil widerspricht der bislang gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach nur solche Kosten abziehbar sind, die in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen.
Rechtlicher Hintergrund: Veräußerungskosten nach § 17 EStG
Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG mindern sogenannte Veräußerungskosten den Veräußerungsgewinn. Dazu zählen solche Aufwendungen, die wirtschaftlich durch die Veräußerung veranlasst sind. Der BFH hat dies in mehreren Entscheidungen konkretisiert, u.a. im Urteil vom 17.04.1997 (VIII R 47/95, BFHE 184, 275) sowie vom 09.10.2013 (IX R 25/12, BFHE 242, 513), und fordert einen unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft.
Bisherige Abgrenzung durch den BFH
Die BFH-Rechtsprechung unterscheidet klar zwischen:
- Kosten der Vertragsdurchführung (z.B. Notarkosten, Maklerprovisionen, rechtliche Beratung zur Vertragsgestaltung), die als Veräußerungskosten abziehbar sind, und
- Kosten der steuerlichen Einordnung des Geschäfts (z.B. Beratung zur Frage, ob ein Veräußerungsgewinn steuerpflichtig ist oder wie hoch dieser ausfällt), die nicht als Veräußerungskosten gelten.
So hat z.B. das Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 05.02.2014, 4 K 2523/09) sowie das Hessische Finanzgericht selbst (Gerichtsbescheid vom 30.03.2020, 11 K 1675/17) entsprechende steuer- und rechtsberatende Aufwendungen als nicht abzugsfähig eingestuft, weil diese lediglich der Einkommensermittlung und nicht der Veräußerung selbst dienen.
Die Abweichung im Urteil des FG Hessen
Das Urteil vom 22.02.2024 stellt eine Abweichung von dieser Linie dar. Das FG Hessen lässt Steuerberatungskosten zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns als Veräußerungskosten zum Abzug zu. Diese Sichtweise erweitert den Begriff der Veräußerungskosten auf Kosten, die nach der eigentlichen Veräußerung anfallen und sich auf deren steuerliche Abwicklung beziehen.
Bewertung und mögliche Folgen
Das Urteil des FG Hessen ist insofern bemerkenswert, als es der ständigen BFH-Rechtsprechung widerspricht. Ob es zu einer Revision beim BFH kommt oder sich andere Finanzgerichte dieser Auffassung anschließen, bleibt abzuwarten. Steuerpflichtige, die vergleichbare Kosten geltend machen möchten, könnten sich nun zumindest auf das Urteil berufen – sollten jedoch auch mit einem möglichen Einspruch der Finanzverwaltung rechnen.
07.05.2025 - Daniel Eilenbrock
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