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Politisches Dead End am Nil?

Kampf um das Wasser des Nils

NTG24 - Politisches Dead End am Nil?

 

Als wäre der Klimawandel nicht genug. Aber die Warnungen, dass am Ende einer Eskalation um die Verteilung von (Süß) Wasser militärische Konflikte stehen, sind seit Jahrzehnten auch in Afrika nicht zu überhören. Die Kombination aus Bevölkerungsexplosion, Industrialisierung und dem Raubbau an den natürlichen Lebensgrundlagen machen nicht nur, aber vor allem auch Ägypten zu schaffen.

Und auch wenn der Verweis auf eine von der Innenpolitik getriebene Außenpolitik zugegebenermaßen eine pauschale Begründung ist, es bleibt im aktuellen Fall bei der hohen Koinzidenz.

Denn Corona setzt dem Tourismusland Ägypten zu. Und nun droht der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi dem Nachbarland Libyen mit einem militärischen Einmarsch, und zu allem Überfluss auch noch dem anderen Nachbarn Äthiopien mit Intervention.

Und so steigen die Corona-Infektionszahlen auf immer neue Rekordwerte, und das vom Militär dominierte Regime des früheren Chefs des Militärgeheimdienstes al-Sisi, der 2013 die Macht ergriff, ist erkennbar ins Schlingern geraten.

Während er gegenüber der Regierung in Tripolis rote Linien für militärische Gegenaktionen zieht und dabei unter anderem auch die von der Türkei unterstützten Muslimbrüder im Hinterkopf hat, liegt der Fall bei seinem südlichen Nachbarn anders. Heute findet dazu auf Antrag Ägyptens bei der Arabischen Liga auf eine Dringlichkeitssitzung statt. Man darf auf die Aussagen im Nachgang gespannt sein. Stabile Lösungen sind aber derzeit nur schwer zu finden. Dazu haben sich wohl auch zu viele ,,Schutzmächte‘‘ versammelt, die Libyen zu einem klassischen Stellvertreterkrieg machen.

 

Pyramiden

Bildnachweis: © TUI AG

 

Eskalation im Streit um das Wasser des Nils

 

Zeitgleich wandte sich Ägypten an den UNO-Sicherheitsrat wegen der Situation in Äthiopien. Dieser soll nun verhindern, dass Äthiopien am Grand-Ethiopian-Renaissance-Damm (GERD) den Nil aufstaut und Ägypten vom Wasser abschneidet.

Außenminister Shoukry wiederholte, dass man eine diplomatische Lösung anstrebt. Aber faktisch ist das Thema aus der Perspektive des inoffiziellen Ägypten eine Rechtfertigung für einen Krieg. Offiziell sagte Shoukry, Ägypten habe seit Beginn der Verhandlungen nie mit einem Militäreinsatz gedroht. Wenn es aber dem Sicherheitsrat nicht gelingen sollte, Äthiopien zu stoppen, dann werde man sich in einer Situation wiederfinden, in der man damit umgehen müsse.

Ägypten leidet schon seit Langem unter extremer Wasserknappheit und sieht die Aufstaupläne Äthiopiens am GERD-Staudamm als existenzielle Bedrohung.

Trilaterale Verhandlungen, an denen auch der Sudan beteiligt ist, sind bislang ergebnislos verlaufen. Ägypten macht dafür Äthiopien verantwortlich, weil es nicht willens sei, in ein bindendes Abkommen einzutreten, einen Mechanismus zur Streitschlichtung und Sonderregeln zur Vermeidung von Dürren zu akzeptieren.

Äthiopien hingegen wirft Ägypten vor, an seiner 1959 durch einen Vertrag mit dem Sudan zugewiesenen Wasserquote von 55,5 Mrd. Kubikmeter pro Jahr festzuhalten und andere Anrainer von der Nutzung des Nils de facto ausschließen zu wollen.

Äthiopien hat damit gedroht, das Rückhaltebecken des Staudamms in der kommenden Regenzeit im Juli füllen zu wollen, ob mit oder ohne Einigung mit Ägypten. Ägypten sieht diesen Schritt als so unakzeptabel wie illegal an.

Neben der Problematik des Rückstaus, der zu massiven und nachhaltigen Bewässerungsproblemen im Schwemmland am Unterlauf des Nils führen dürfte, kommt noch die Frage nach der Elektrizität.

Denn Äthiopien baut am Blauen Nil Afrikas zweitgrößtes Wasserkraftwerk und dieses würde das Land zum zweitgrößten Energieproduzenten auf dem afrikanischen Kontinent machen.

Es wird erwartet, dass der Staudamm pro Jahr 15,7 Gigawatt an Elektrizität generiert.

 

Fazit

 

Der politische Engpass in Bezug auf den äthiopischen Staudamm und die Forderungen der Einbeziehung ägyptischer Interessen in die Art seiner Nutzung bezieht sich vor allem auf die Phase, in der der Staudamm angestaut werden soll und in der es am Unterlauf des Nils zu gravierenden Störungen auch unabhängig vom parallel laufenden Klimawandel kommen kann.

Das bereits unter hohem Wasserstress stehende Ägypten erhält 97 % seines Südwassers aus dem Nil, womit der Fluß die Hauptschlagader des Landes ist. Äthiopien hingegen sieht den neuen Staudamm als zentral für seine Entwicklung an, denn nur die Hälfte der Bevölkerung hat Zugang zu Elektrizität und das Wasserkraftwerk würde die Stromproduktion des Landes um 150 % erhöhen.

Ohne Interessenausgleich stehen die Zeichen am Nil weiter auf Eskalation. Eine Eskalation in Libyen könnte die politische Hemmschwelle für einen militärischen Konflikt um den Nilstaudamm für Ägypten senken, denn innenpolitisch würde eine Senkung der Wasserführung für weite Teile der ägyptischen Bevölkerung ein Desaster bedeuten.

 

23.06.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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