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Brasilianischer Real zwischen Baum und Borke

Brasilianischer Real mit strukturellem Gegenwind?

NTG24 - Brasilianischer Real zwischen Baum und Borke

 

In unserem Beitrag zum brasilianischen Real am 15.10.2019 zeichneten wir auf eine langfristige Abwertungstendenz des Reals gegenüber dem US-Dollar hin. Dazu wiesen wir auf das fraktale Chartmuster zwischen beiden Währungen hin. Zudem stellten wir die Frage, ob diese strukturelle Schwäche eher eine Dollarstärke oder eine Realschwäche ist.

 

Differenz in der Stärke des Zinssenkungstrends

 

Der Fokus auf die Zinssenkungserwartungen an die US-Notenbank lässt aber leicht vergessen, dass auch die brasilianische Notenbank ein ordentliches Tempo bei ihren Zinssenkungen hingelegt hat. In ihrer Oktobersitzung wurde der Leitzins um 0,5 % auf noch 5 % gesenkt. Man hielt sich natürlich alle Optionen offen und verwies auf die Risiken nach beiden Seiten der Inflations- und Wachstumstendenz.

Die brasilianische Notenbank hatte ihren expansiven Kurs in der Geldpolitik im Oktober 2016 gestartet, nachdem die Inflationsrate sich deutlich unter die vorher üblichen zweistelligen Raten bewegt hatte. Ende 2018 lag diese dann innerhalb der Zielzone der Notenbank von 4,5 % mit einer Toleranz von 1,5 %. Im Oktober 2019 betrug sie 2,54 % nach 2,89 % im September und 3,43 % im August 2019. Die Inflationserwartungen für die Jahre 2020 bis 2022 liegen aktuell bei 3,6 %, 3,8 % und 3,5 %. Die Inflationsrate ist also derzeit so tief wie seit September 2017 nicht mehr.

Im Ergebnis könnte sich, getrieben durch eine schneller als in den USA fallende Inflationsrate, die brasilianischen Leitzinsen noch deutlich stärker verringern, womit sich der Zinsvorteil des Reals abschwächen und diesen für Kapitalzuflüsse unattraktiver machen würde.

 

Brasilien Flagge

Bildnachweis: © Telefonaktiebolaget L. M. Ericsson

 

Was machen die Exporte und die Importe?

 

Eine weitere Abschwächung der Exporte könnte ebenfalls dazu beitragen. Denn im Oktober nahm der Außenhandelsüberschuss Brasiliens weiter drastisch ab. Er fiel von 5,79 Mrd. US-Dollar im Oktober 2018 auf nur noch 1,21 Mrd. US-Dollar im abgelaufenen Monat. Hierzu trugen insbesondere die Exporte bei, die um 16,7 % auf 18,23 Mrd. US-Dollar fielen. Die Exportkategorien, die gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat am stärksten fielen, waren Stahl und Eisen (-61,2 %), Rohöl (-49,4 %) und Autos (-39,3 %). Geografisch betrugen unter den größten Außenhandelspartnern Brasiliens die Exportrückgänge für China 6,3 %, die USA 22,2 %, die EU 32,3 % und Argentinien 32,2 %.

Die Importe stiegen dagegen leicht um 5,7 % auf 17,03 Mrd. US-Dollar, getrieben von Investitionsgütern (+12,3 %) und Zwischenprodukten (+14,3 %). Andererseits fiel der Import von Konsumgütern um 4.8 % und für Kraft- und Schmierstoffe um 25,9 %. Geografisch legten die Importe aus China um 11,3 % zu, ebenso wie aus dem ASEAN-Raum (10,8 %) und den USA (11 %), während sie aus Mexiko um 18,7 % fielen und für die EU fast gleichblieben (-0,2 %).

 

Scharfer Rückgang des Außenwirtschaftsbeitrags zum BIP

 


Der Außenhandelsüberschuss Brasiliens ging von Januar bis Oktober 2019 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 26,7 % auf 34,82 Mrd. US-Dollar zurück. Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass der Wachstumsbeitrag der Außenwirtschaft deutlich zurückgeht und damit auch die Einkommen im Inland. Dies könnte den Inflationsausblick der Notenbank weiter senken, wenn eine mögliche Abwertung des Reals die Importpreise zu stark ansteigen lässt.

 

Peso in Real

 

Der massive Deflationsimpuls Argentiniens auf Brasilien

 

Was sich allerdings wieder auch in dieser aktuellen Statistik zeigt, ist der deflationäre Einfluss Argentiniens auf die brasilianische Volkswirtschaft. Ein Blick auf die Kaufkraft des brasilianischen Reals in argentinischen Peso zeigt, weshalb die wirtschaftlichen Spannungen zwischen beiden Ländern weiter zunehmen könnten. Der Deflationseffekt des argentinischen Pesos ist wohl bald so groß wie die politische Divergenz zwischen dem brasilianischen und dem neuen argentinischen Präsidenten und seiner Vizepräsidentin.

Aus obiger Perspektive gibt es also, auch verstärkt durch die Konkurrenz mit dem Nachbarn Argentinien, plausible Gründe, warum der Real auch unabhängig von einem starken US-Dollar gegen diesen schwächer tendieren könnte. Dazu soll nochmals das fraktale Impulsmuster des Real-Dollar-Verhältnisses betrachtet werden.

 

Real in Dollar langfristig

 

Nach einer Währungsreform und eine Aufwertungsphase in den 2000er Jahren erreichte der Real sein Zyklushoch gegen den US-Dollar 2011, um danach mit dem Einbruch der Rohstoffpreise und der deutlichen Verschlechterung der Terms of Trade wieder nachhaltig schwächer zu tendieren. Diese Entwicklung auf Monatsskala findet sich impulstechnisch auch auf kleinerer Skale (dunklere Quadrate rechts oben) wieder.

 

Real in Dollar kurzfristig

 

Auf Tagesbasis im mittleren blauen Quadrat hat sich nun zuletzt seit September eine höherliegende Seitwärtsbewegung gebildet, bei dem das kleinste Zyklustief bei ca. 4:1 und die Widerstandszone bei ca. 4,18 und 4,22 Real je Dollar liegt.

Die Mustervermutung ist nun, dass ein Ausbruch des Reals über diese Widerstände ein langfristiges Verkaufssignal generiert. Und zwar nicht nur aus einem absoluten Wechselkurs heraus, sondern aus dem zuvor gebildeten Chartmuster. Diese Mustervermutung wird allerdings ungültig, wenn der Real gegen den US-Dollar deutlich aufwertet und dabei im Chart unter die gestrichelte Linie fällt.

 

Fazit

 

Der brasilianische Real steckt zwischen Baum und Borke. Eingeklemmt zwischen einem anhaltend starken US-Dollar und einen immer schwächeren argentinischen Peso. Die Mustervermutung legt einen bevorstehenden finalen Abwertungsimpuls nahe, der die Interpretationsschwelle des fraktalen Musters überschreitet und in einen neuen, langfristigen Abwertungstrend mündet. Eine Schlussfolgerung daraus ist, vor einem neuen Engagement auf eines der oben beschriebenen Kurssignale zu warten.

 

11.11.2019 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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Bewertungen, Kommentare und Fragen an den Redakteur

 

  • Arndt Kümpel - 23.03.2020 16:04:30 Uhr

    Sehr geehrte Frau da Silva Hermer, der Artikel ist vom 11.11.2019. Sie finden alle Artikel mit Bezug zum brasilianischen Real, wenn Sie diesen Suchbergiff in der Suchmaske oben rechts eingeben. Die letzten Beiträge mit Bezug zum Real sind vom 26.02.2020 und 27.02.2020.

    Viele Grüße
    Arndt Kümpel


  • Vera da Silva Hermer - 23.03.2020 08:29:47 Uhr

    Leider sind die Informationen veraltet und nicht aktualisiert.


 

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