Der Brexit zehrt an den Nerven
Brexit verstärkt Konjunkturschwäche
Die letzten Tage waren im Vereinigten Königreich wirklich kein Zuckerschlecken. Erst urteilte das höchste britische Gericht, Premier Johnson hätte das Parlament rechtswidrig in den Zwangsurlaub geschickt. Dann kam man am Mittwoch erstmals nach der Zwangspause wieder zusammen, und Unterhauspräsident John Bercow konnte die Wut auf beiden Seiten der Brexit-Barrikade kaum bremsen. Und zitierte deshalb zwei hochrangige Parlamentsmitglieder zu sich, um sie aufzufordern, nicht nur die Lautstärke zu senken, sondern "sich gegenseitig als Gegner und nicht als Feinde zu behandeln."
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Der nahende Brexit führte auch an anderer Stelle zu Anzeichen weicher Knie. Michael Saunders, ein externes Mitglied des geldpolitischen Komitees der englischen Notenbank sagte am Freitag, dass selbst wenn Großbritannien einen No-Deal-Brexit vermeiden könne, die damit einhergehenden Unsicherheiten das mittelfristige Wachstumspotenzial wahrscheinlich verringern werden. Dies könne im Ergebnis bewirken, dass eine angemessene Geldpolitik weitere Zinssenkungen auch ohne Brexit erforderlich machen könne.
Britisches Pfund mit zusätzlichem Gegenwind
Das britische Pfund, welches in den letzten Wochen auf den stärker werdenden Gegenwind gegen einen Brexit mit einer leichten Aufwertung reagiert hatte, schaltete daraufhin wieder in den Rückwärtsgang.
Das Pfund nähert sich gegen den US-Dollar inzwischen einer mustergenerierten Entscheidungszone, in der eine weitere Seitwärtsbewegung unwahrscheinlich wird. Da auf Wochen- und Monatsbasis der Schlusskurs bereits höher lag als bei seinem bisherigen Allzeithoch (des Dollars gegen das Pfund) vom Oktober 2016, ist die Wahrscheinlichkeit höher, das es sich bei dem Rücksetzer zuletzt um eine Konsolidierung im aktuellen Aufwärtstrend handelt, zudem die (orangene) Unterstützung bisher nicht unterschritten wurde. Sollte die Symmetrievermutung richtig sein, ziehen im November Sturmwolken über dem Pfund zusammen, zumindest gegenüber dem US-Dollar.
Auf Firmenebene sieht das dann so aus: Jaguar, BMW und Toyota bereiten sich auf eine Unterbrechung ihrer Zuliefererkette vor, die bei einem No-Deal-Brexit entstehen könnte. Angesichts sinkender Verkaufszahlen im In- und Ausland sieht man sich trotz des gesunkenen Pfundes dazu gezwungen. Passend dazu fiel der Ausstoß des Fertigungssektors im Inland, der 2,7 Mio. Personen beschäftigt und 50 % der Exporte ausmacht, auf ein neues 15-Monats-Tief. Jaguar Land Rover teilte am Donnerstag mit, dass die Autoproduktion für eine Woche ruhen lassen werde und die Brexit-Notfallpläne aktiviert werden.
Aus dieser Perspektive werden sowohl die schwachen Nerven der Politik als auch die der Notenbank plausibel. Auf aktuellem Niveau ist jedenfalls von Neuengagements im britischen Pfund abzuraten, bis dieses ihre Richtung mit einem signifikanten Impuls zu Erkennen gibt.
27.09.2019 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de
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