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Die Herausforderung sinkender Wachstumsdynamik

Zunehmende Wachstumssorgen

 

Die Warnlampen blinken: Zum ersten Mal seit 2007 liegt der Zins der zweijährigen US-Staatsanleihen mit 1,64 % über dem der zehnjährigen, die bei 1,62 % stehen. Schon seit Mai 2019 hatte der 3-Monats-Zins in den USA über der Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen gelegen. Die Angst vor einer globalen Rezession kriecht nun unter das Hemd der Börsianer, angetrieben von einer Reihe von ernüchternden Konjunkturdaten in Europa und den USA, verstärkt durch den Handelskonflikt und die Unsicherheit des Brexit. Dazu passte die Nachricht, dass das deutsche BIP im 2. Quartal 2019 um 0,1 % schrumpfte und das Wachstum in der Eurozone im gleichen Zeitraum nur noch halb so groß war wie im 1. Quartal 2019.

 

US-Staatsanleihe 20 Jahre

 

In den USA war die Inversion der Zinskurve historisch ein Indiz dafür, dass die USA vor einer Rezession stehen. Das Niveau der 30-jährigen Staatsanleihe liegt mit 2,044 % inzwischen sowohl unter dem Tief der Finanzkrise als auch der Zwischentiefs seither. Die im Zuge früherer Ankündigungen der US-Notenbank durch ,,forward guidance‘‘ nach oben massierte Rendite hat aus heutiger Sicht ein Fehlsignal geliefert, welches suggerierte, dass der langfristige Abwärtstrend der Renditen 2018 gebrochen wurde. Nach dieser Bärenfalle im Bullenmarkt für US-Staatsanleihen bleibt nun die Frage, was das für die Gewinne der im S&P 500 enthaltenen Unternehmen bedeutet? This time it’s different – really?

 

VIX als Spiegel der unberechtigten Sorglosigkeit

 

Zumindest bleibt diesbezüglich festzuhalten, dass FED-Put und die extremen Kontextbedingungen die Sorglosigkeit der Marktteilnehmer im S&P 500 hoch und die Unsicherheit technisch niedrig hielten. Was das für die Qualität der Investitionsentscheidungen bedeutet, wird sich weisen. Die Gleichzeitigkeit einer deutlichen Wachstumsabschwächung weltweit, verbunden mit einem valiumgeschwängerten Sentiment bei Aktien, ist jedenfalls kein dauerhaft stabilisierender Zustand. Aus dieser Sicht wäre auch ein weiterer Anstieg des Volatilitätsindex VIX für Optionen auf den S&P 500-Index bis in den Bereich von 30 % keine Überraschung.

 

VIX weekly

 

Wie weit entfernt von Risk-off?

 

Ob vor diesem Hintergrund der zuvor lange kolportierte Assetwechsel von Anleihen in Aktien Breitenwirkung entfaltet ist mehr als fraglich. Die Flucht in Sicherheit, die US-Staatsanleihen noch bieten, dürfte etwa für die auf Risiko-Kante genähten Risk-Parity-Strategien bald mehr wert sein als früher. Das könnte sich nicht zuletzt aus ihrer weit unterdurchschnittlichen Performance seit Beginn dieses Jahres ergeben.

 

S&P 500

 

Der S&P 500 selbst kämpft zudem schon seit einiger Zeit mit dem zweiten Ausbruchsversuch über sein Hoch vor der starken Korrektur im Dezember 2018. Da der mittelfristige Aufwärtstrend seither in der vergangenen Woche bereits deutlich unterschritten wurde, kommt gerade für die weitere Entwicklung im August dem Schlusskurs auf Wochenbasis eine erhöhte Bedeutung zu. Für eine kurzfristige Bodenbildung wäre zudem wichtig, dass das Zwischentief von Anfang Juni 2019 bei 2728,9 Punkten nicht unterschritten wird, da ansonsten ein weiterer schneller Rückgang auf mindestens 2600 Punkte möglich ist.

Die US-Staatsanleihen scheinen ihren Boden zu suchen. Die Gründe für die neuen tiefen sind konjunktureller und wirtschaftspolitischer Natur, welche vor dem Hintergrund eines weltweit stark wachsenden Negativzins-Anleiheuniversums eine zusätzliche Gravitationskraft für Asset Manager entwickelt.

 

China - Macht oder Chaosmacht?

 

Viel wird von der weiteren Entwicklung in China, ob nun im Handelsstreit mit den USA, im südchinesischen Meer, in der Straße von Taiwan oder in Hongkong abhängen. Derweil hat Europa mit sich zu tun, wo sich Deutschland auch mit einem schwachen Euro nicht mehr wie früher aus der Wachstumsschwäche exportieren kann. Denn die beginnende Abwertung des chinesischen Yuan und das aus Brexit-Gründen schwache britische Pfund exportieren Deflation. Die Vorwürfe von US-Präsident Trump, nicht nur China, sondern auch die EZB würde die Währung manipulieren, mag populistisch klingen. Es offenbart aber, dass das Risiko kompetitiver Abwertungen real ist und die Weltwirtschaft in einer kritischen Desillusionierungsphase empfindlich treffen könnte. Davor sollte man nicht die Augen verschließen, sondern sich stattdessen auf dessen Konsequenzen einstellen.

 

15.08.2019 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 





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