Der russische Rubel hängt weiter am Ölpreis
Wohin tendiert der russische Rubel?
Russlands Währung hat gegenüber anderen, administrativ gesteuerten ,,Ölwährungen‘‘ den Vorteil, dass man an ihr die Einflüsse auf Russlands Wirtschaft und Finanzmärkte sowie deren Gewichtung tendenziell deutlich besser ablesen kann als in Währungssystemen mit festen Wechselkursen.
Der Grund dafür ist einfach: Man erspart sich das Verpulvern von hart zusammengekratzten Devisenreserven, die man nicht zur Aufrechterhaltung einer Pseudostabilität am Devisenmarkt aufwenden muss. Und diese Devisen sind zwar aufgrund der doch weitsichtigen, auf zunehmende Autarkie setzende Politik der Währungsreserven angestiegen und leisten nun gute Dienste dabei, die inländischer Wahlbevölkerung im Corona-Schock und bei der bereits zuvor bestehenden Wachstumsschwäche bei der Stange zu halten.
Eine Folge dieser Grundsatzentscheidung für flexible Wechselkurse ist auch, dass es bei einer schnellen Veränderung derselben zu einem Anpassungsschock kommt. Verändert sich durch einen Terms-of-Trade-Schock wie etwa dem Absturz der für Russland so wichtigen Ölpreise die Ein- und Ausfuhrpreise, reagieren freie Wechselkurse unmittelbar darauf, da sie eine höhere Inflation und damit einen sinkenden Realwert der Binnenwährung antizipieren.
Dies spiegelt die Entwicklung des russischen Rubels, wie nachfolgender Chart zeigt, gut wider. Der Rubel wertete gegen den US-Dollar vor der Finanzkrise bei einem steigenden Ölpreis noch leicht auf, fiel dann aber bei abstürzenden Ölpreisen im Jahresverlauf 2009 deutlich.
Ähnlich die Entwicklung nach der Annexion der Krim durch Russland und den daraufhin verhängten Sanktionen. Der Ölpreis fiel und der Rubel wertete deutlich ab.
Die an Ende 2015 einsetzenden Hoffnungen auf eine Erholung des Ölpreises zerfielen ab Mitte 2019 und damit deutlich vor der Corona-Pandemie.
Als diese dann im März 2020 von den Märkten begonnen wurde einzupreisen und der Ölpreis in den USA kurzzeitig auf null fiel, erlebte der Rubel einen erneuten Abwärtsschub.
Man könnte nun zwar argumentieren, dass die Binnenwirtschaft und die inländischen Investitionen auch bedeutende Einflussfaktor darstellen. Allerdings hängt eben ein bedeutender Teil des inländischen Einkommens von den Rohstoffpreisen, die über die russischen Exporte zu Einkommen werden, ab. Dies stellt damit einen Zweitrunden-Abwärtseffekt in einer Lohn-Exportpreis-Spirale dar.
Man sollte deshalb nicht darauf hoffen, dass bei fallenden Ölpreisen die Kauflaune russischer Konsumenten steigt. Die staatlichen Großunternehmen investieren durchaus strategisch, nicht zuletzt auf Anweisung aus dem Kreml. Aber die fehlende nachhaltige Umstrukturierung der russischen Wirtschaft und das mangelhafte Investitionsumfeld, welches vor allem durch eine strukturelle Rechtsunsicherheit behindert wird, drücken eben auch nachhaltig auf die Investitionspläne.
Fazit
Der russische Rubel bleibt bis auf Weiteres eine Rohstoffwährung, die invers den Preisen für Energierohstoffe folgt. Solange die Corona-Pandemie auf Letztere drückt, ist der russische Rubel währungstechnisch nicht attraktiv. Sollte aber eine weltweite Angebotsverknappung, die auch aus militärischen Konflikten folgen kann, auftreten, dürfte der Rubel einer derjenigen Währungen sein, die davon überdurchschnittlich profitieren. Ob dies den Strukturwandel der russischen Wirtschaft ankurbelt, steht aber wieder auf einem anderen Blatt.
17.07.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de
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