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Stabiler Euro?

Die Scheinstabilität des Euro

NTG24 - Stabiler Euro?

 

In einer Welt, in der der Transmissionsmechanismus der Geldpolitik funktioniert, wären die jüngsten Zahlen zur Entwicklung der Verbraucherpreise in der Eurozone etwas Positives. Denn im September 2019 lag die jährliche Inflationsrate im Euroraum bei gerade einmal 0,8 %, nachdem sie im Vormonat bei 1 % und im September 2018 bei 2,1 % gelegen hatte.

Ein Blick auf die von Eurostat veröffentlichten Teilaggregate der Inflationsrate, die wesentlich zu dieser Entwicklung beitrugen, zeigt, dass es vor allem die gesunkenen Energiepreise und Industriegüter ohne Energie sind, die auf die Jahresrate drücken. Am relativ stärksten sind die Preise bei Dienstleistungen für einen nicht noch stärkeren Rückgang der Inflationsrate verantwortlich.

 

Was aber bedeutetet diese Entwicklung für den Euro?

 

Die europäische Geldpolitik hat schon wieder die Vorstufe der monetären Herz-Lungen-Maschine angeworfen, obwohl bis vor einigen Wochen die Gesundbeter der europäischen Konjunktur ebenfalls Hochkonjunktur hatten. Vom gestörten, oben erwähnten Transmissionsmechanismus der Geldpolitik, keine Rede. Und die schwachbrüstigen Banken?

 

Eurogeld

Bildnachweis: © EMH Service GmbH

 

Nimmt man nun die Tatsache, dass Geld in der Eurozone seit Jahren nichts kostet und dies gleichzeitig das Geschäftsmodell der Banken zerstört, zusammen, fragt man sich, was eigentlich passiert, wenn der Konjunkturzyklus erst mal in einer Rezession landet. Welches nicht vorhandene Eigenkapital soll denn die dann anfallenden Wertberichtigungen auf Kredite auffangen? Wie war das mit dem antizyklischen Risikopuffer? Und mit dem Gesundbeten?

Abzuwarten bleibt, ob die fallende Inflationsrate Bestand hat. Denn Energiepreise können so schnell steigen, wie sie gefallen sind. Wenn sie aber weiter auf diesem oder niedrigeren Niveau bleiben sollten, dürfte der Realzins des Euro steigen. Dies hat dann schon ein bisschen den Geschmack nach dem Japan der 2000er Jahre. Sollte die US-Notenbank zudem wie in der Finanzkrise 2008 wieder schneller mit ihren Interventionen sein als die EZB, dürfte die Differenz kurzfristig für den Euro sprechen.

Das große Aber ist dabei: Es sind vielleicht gar nicht die Differenzen der Zinsparität, die die Kapitalströme im wesentlichen treiben. Und wenn man nur 1 % der Devisenumsätze braucht, um den Welthandel abzuwickeln, dürfte die Kaufkraftparität auch nicht mehr Erklärungswert haben. Was man aber in der Geldgeschichte erkennt, ist, dass Kapitalflucht häufig ein Vertrauensverlust vorausgeht. Dieses Vertrauen hat Professore Draghi mit seiner letzten Holzhammerentscheidung, die obige Herz-Lungen-Maschine wieder anzuwerfen, erneut aufs Spiel gesetzt.

 

Euro in Dollar

 

Mit Blick auf den Wechselkurs des Euro gegen den US-Dollar und den Schweizer Franken könnte man annehmen, dass die aktuelle Aufwertung durch den gestiegenen Realzins ausgelöst worden ist. Und dass er überverkauft ist und eine Gegenbewegung braucht. Beides steht jedoch auf wackeligen Beinen. Sollte die Wirtschaft weiter schwächer werden und die Inflationsrate wieder steigen, kann der Realzins rasch wieder drehen. Und welches Währungs-Shirt dreckiger ist, Dollar, Euro oder Yen, wird man sehen, wenn neue geldpolitisches Trouble-Shooting beginnt. Denn im Euroraum liegt ebenso wie in Japan der Hauch der Verzweiflung in der Luft. Warum? Keiner weiß, wie bei Null- und Negativzinsen die Konjunktur stabilisiert. Ja, die Fiskalpolitik soll es richten. Problem nur: Die Verschuldung ist in den letzten Jahren nicht wesentlich gesunken. Und die Verschuldungsgrenze, ab der das Vertrauen in die Rückzahlung abnimmt, ist bei vielen Schuldnern nie unterschritten worden!

 

Euro in Franken

 

Gegen eine deutliche Aufwertung des Euro spricht schließlich sein Trend. Und dieser zeigt gegen beide Referenzwährungen abwärts. Wenn es Kapitalflüsse in den Euroraum im erhofften Ausmaß gegeben hätte, müssten die Gläubigerverteilung bei Staatsanleihen und auch der relative Aktienbesitz von Euroraumaktien durch Nicht-Euroraum-Käufer anders aussehen.

 

Fazit

 

Man soll Frau Lagarde und Frau von der Leyen nicht unterschätzen. Die Komplexität der vor ihnen liegenden Aufgaben aber noch weniger. Bis dahin bleibt die Tatsache, dass man als in Euro bilanzierender Anleger in den letzten Jahren im Dollarraum und mit dem Schweizer Franken Währungsgewinne erzielen konnte, die der institutionellen Schwäche des Euroraumes geschuldet sind. Solange sich daran nichts Wesentliches ändert, sollte man vor allem das Potenzial des Franken und des US-Dollar als Performance-Stabilisator nicht unterschätzen.

 

17.10.2019 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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