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Die Vier-Tage-Woche – ein Konzept mit Potenzial

Wie könnte eine Umsetzung aussehen?

NTG24 - Die Vier-Tage-Woche – ein Konzept mit Potenzial

 

Nicht erst seit Coronakrise besteht das Bedürfnis, weniger zu arbeiten. Die klassische Rollenverteilung gilt schon längst nicht mehr und für viele Beschäftigten ist es schwer, eine 40-Stunden-Woche mit dem sonstigen Alltag unter einen Hut zu bringen, weshalb mittlerweile Teilzeit „normal“ geworden ist. Gerade bei jungen Familien ist dies momentan immer noch die beste Möglichkeit, um Erziehung und Arbeit zu vereinbaren. Während ein Partner in Vollzeit bleibt, wechselt der andere häufig zu Teilzeit. Jedoch geht Teilzeit mit negativen Folgen für Rente und die weitere finanzielle Unabhängigkeit einher.

Anders wäre es jedoch, wenn beide Partner weiterhin mit 30 Stunden pro Woche arbeiten könnten. Dies würde für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft, neue Möglichkeiten eröffnen. Über eine derartige Reduzierung wird nun umfassend diskutiert.

 

Eine Grundidee, zwei Ansätze

 

Auf dieser Grundidee basierend gibt es zwei verschiedene Ansätze: einmal von der IG Metall und einmal von der Parteispitze der Linken.

Die IG Metall hat vorgeschlagen, in der kommenden Tarifrunde eine Vier-Tage-Woche als Möglichkeit für Betriebe zu vereinbaren, um einen Stellenabbau zu verhindern, wobei dieser Ansatz sehr branchenspezifisch gedacht ist. Dies wäre die Antwort auf den Strukturwandel in Branchen, exemplarisch dafür steht die Autoindustrie. „Damit lassen sich Industriejobs halten, statt sie abzuschreiben", hatte der Erste Vorsitzende der Gewerkschaft, Jörg Hofmann, gesagt. Es wurde zudem von einem gewissen Lohnausgleich für die Beschäftigten gesprochen.

Im Unterschied dazu will die Parteispitze der Linken für alle Beschäftigten eine generelle Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Stunden in Vollzeit, was in einem umfassenden Positionspapier zur Digitalisierung aufgenommen wurde. Es wird davon ausgegangen, dass die Digitalisierung menschliche Arbeit überflüssig machen wird, im Gegenzug steigt die Produktivität der verbliebenen Arbeit. Die andere Bedingung ist, dass diese Arbeit sich gerecht auf die Menschen aufteilen lässt, um eine Spaltung der Gesellschaft bezüglich der Verdiener zu vermeiden.

 

Gespaltene Meinungen

 

Die Meinungen zu diesen Ansätzen gehen auseinander. Unternehmen sind durchaus offen dafür, eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit einzuführen, da es zu viel Flexibilität führen würde. Gerade die Coronakrise zeigt, – insbesondere durch Kurzarbeit – dass die Reduzierung von Arbeitszeit sinnvoll sein kann, damit Unternehmen ihre Belegschaften zusammenhalten können. Wie bei der Kurzarbeit könnten Betriebe auf diese Weise eine schlechte Auftragslage ausgleichen. Abgesehen von derartigen Krisenzeiten ist die Reduzierung der Arbeitszeit ein grundsätzlich geeignetes Mittel, um den Strukturwandel zu begleiten.

Jedoch gerade die flächendeckende Reduzierung der Arbeitszeit wird kritisiert. „Wenn (…) alle die Arbeitszeit um 20 Prozent senken, bedeutet das 20 Prozent weniger Wohlstand“, sagt Oliver Stettes, Arbeitsmarktexperte des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft. Das heißt, ein wirklicher Vorteil wird eher bei branchen- oder unternehmensspezifischen Reduzierungen gesehen.

Zudem wird im Hinblick auf den Vorschlag der Parteispitze der Linken kritisiert, dass davon ausgegangen wird, dass die Digitalisierung auf lange Sicht zu weniger Arbeit führen wird. Jedoch gehen Experten gerade nicht davon aus, sondern eher von einer Veränderung der Arbeit.

 

Die Frage nach dem Lohnausgleich

 

Dennoch, dies ist ein Konzept mit vielen Möglichkeiten, nur die Umsetzung ist fraglich. Bei der IG Metall wurde von einem Lohnausgleich gesprochen. Daher stellt sich die Frage, ob ein voller, weitgehender oder doch gar kein Lohnausgleich möglich ist.

Lohnausgleich bedeutet tatsächliche und deutliche Lohnerhöhungen und damit steigende Kosten für die Unternehmen. Dies kann sich bei der Umsetzung jedoch als schwierig erweisen. Der Wirtschaftsforscher Marcel Fratzscher geht davon aus, dass es in Zukunft in vielen Branchen keine Lohnerhöhungen geben werde. Er sehe nicht, wie man die Stundenlöhne aktuell erhöhen könnte, was ein Lohnausgleich ja bedeuten würde. Steigende Arbeitskosten würden die Unternehmen damit nur noch weiter belasten.

 

Dieses Arbeitszeitmodell hat also Potenzial und könnte auch auf lange Sicht neue Möglichkeiten eröffnen. Es ist nur fraglich, inwieweit dies umgesetzt werden kann.

 

18.08.2020 - Ann-Kathrin Wellen - akw@ntg24.de

 

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