Dunkle Chartwolken über der türkischen Lira
Charttechnischer Gegenwind für die türkische Lira
Die türkische Lira hatte es in den vergangenen Wochen schon fast aus der Presse geschafft. Der Wechselkurs gegen den US-Dollar ging ohne größere Schwankungen seitwärts, blieb aber auf hohem Niveau. Im Vergleich mit den Turbulenzen vom Sommer 2018 war das ja eine fast idyllische Lage.
Allerdings nur an der Oberfläche. Denn eine Währung ist die Summe aller fundamentaler und psychologischer Dynamiken und diese laufen seit einiger Zeit sowohl geopolitisch wie währungstechnisch gegen die türkische Lira.
Die Nutzung der Währungskeule durch US-Präsident Trump, welche der Lira einen Abwertungsschub gegen den US-Dollar bis auf 7,08 Lira je Dollar im August 2018 einbrachte, konnte Präsident Erdogan innenpolitisch noch geradeso abfedern. Einige verlorene Lokalwahlen später ist die Türkei dabei, außenpolitisch immer stärker auf Konfliktkurs mit einigen Nachbarstaaten zu gehen. Dies betrifft nicht nur Griechenland, sondern auch Ägypten, Syrien und die EU als Ganzes.
Der Schock auf die Weltwirtschaft im Zuge der Corona-Pandemie hat dabei im März 2020 auch in der Türkei zu tiefgehenden Verwerfungen geführt. Im Zuge dessen brach der Kurs der türkischen Lira gegen den US-Dollar Anfang Mai 2020 auf ein neues Allzeittief von 7,27 Lira je Dollar ein, erholte sich dann aber wieder und bildete ein ,,Erregungs-Plateau‘‘, auf dem die Volatilität erneut wieder abnahm.
Bis Juni 2020...
Das langsame politische Weichkochen der Glaubwürdigkeit der türkischen Notenbank durch die Regierung wurde dabei begleitet von einem politischen Management des Fremdwährungs-Exposures türkischer Banken.
Das Micro-Management der Kapitalflüsse verringerte das Vertrauen in das gesamte geldpolitische Institutionengefüge der Türkei. Nur Interventionen schafften eine ,,Scheinstabilität‘‘ des Wechselkurses, die nun zu Ende zu gehen scheint.
Denn im Zuge der Corona-Krise kam es nicht nur zu einer starken Abnahme ausländischer Kapitalflüsse in die Türkei, was bei einem ,,Managed Floating‘‘ oder bei einem politisch angestrebten System quasi fester Wechselkurse zu einer permanenten Erosion der Devisenreserven führt.
Hinzu kam außerdem, dass der politische Konflikt mit Griechenland um Öl- und Gaserkundungsbohrungen im Mittelmeer auch die geopolitische Risikolage für die Türkei verschlechtert haben, nachdem nun Frankreich und Ägypten gemeinsame Militärübungen abhielten, um in der unübersichtlichen Lage in Libyen gemeinsam Flagge zu zeigen. Die ungeklärten Territorialstreitigkeiten mit Zypern und Griechenland um zugehörige Seegebiete stellen einen potenziellen Hotspot dar, der durch die NATO-Mitgliedschaft beider Staaten auch gleich noch zum ultimativen Stresstest für die Allianz im Konfliktfall werden könnte. Die Implikationen der aktuellen Risikolage sind also weit größer.
Die türkische Lira hat inzwischen ein skaleninvariantes Konsolidierungsmuster gebildet. Die beiden Skalen sind in Chart 1 als gelbe Rechtecke umrissen und weisen im Innenverhältnis eine Impulssequenz auf, die aus einem doppelbödigen ersten Teil und einem abflachenden zweiten Teil besteht. Dieses Muster wiederholt sich auf kleiner Skale, also dem rechten kleineren Rechteck.
Chart 2 zeigt diese nicht identischen, aber selbstähnlichen Formationen mit separaten kleineren Rechtecken.
Wichtig ist dabei auch, dass im Mai 2020 bereits ein neues Allzeittief gegen den US-Dollar erreicht wurde und deshalb das Verkaufssignal bereits generiert wurde. Die seither laufende Minikonsolidierung ist damit sehr wahrscheinlich eine Erholung im Abwärtstrend (der türkischen Lira gegen den US-Dollar.
Fazit
Das selbstähnliche Konsolidierungsmuster in Kombination mit dem bereits erreichten neuen Allzeittief der Lira gegen den US-Dollar deutet darauf hin, dass ein neues Allzeittief der Lira gegen den US-Dollar in nicht so ferne Zukunft bevorsteht. Wir empfehlen deshalb ein aktives Management des Währungsrisikos in der türkischen Lira.
28.07.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de
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