
Steuerliche Behandlung von Einzahlungen in die Erhaltungsrücklage: Zeitpunkt des Werbungskostenabzugs
Die ehemalige Instandhaltungsrücklage im Fokus
Die steuerliche Behandlung der Einzahlungen in die Erhaltungsrücklage, ehemals Instandhaltungsrücklage, von Wohnungseigentümern ist seit Jahrzehnten ein kontrovers diskutiertes Thema. Bereits 1988 entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass diese Beiträge erst bei der tatsächlichen Verausgabung durch den Verwalter als Werbungskosten abziehbar sind. Grund hierfür ist die Zuordnung der Beiträge zum gemeinschaftlichen Verwaltungsvermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Der einzelne Wohnungseigentümer verliert mit der Zahlung zwar die Verfügungsgewalt über die Mittel, sie bleiben jedoch Teil des Verwaltungsvermögens und sind an dessen Zweckbindung gebunden.
Diese Sichtweise wurde von der Finanzverwaltung übernommen. So wird der Werbungskostenabzug konsequent erst im Zeitpunkt der Verausgabung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft zugelassen, wenn die Mittel für Maßnahmen eingesetzt werden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen.
WEG-Reform: Neue Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft
Mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) im Jahr 2020 erhielt die Wohnungseigentümergemeinschaft volle Rechtsfähigkeit. Die bisherige „Instandhaltungsrücklage“ wurde in „Erhaltungsrücklage“ umbenannt, und ihr Vermögen steht seither im Eigentum der Gemeinschaft, nicht mehr anteilig bei den einzelnen Wohnungseigentümern. Diese rechtliche Neuregelung könnte Anlass geben, die steuerliche Behandlung der Einzahlungen neu zu überdenken, da der endgültige Vermögensabfluss beim Wohnungseigentümer bereits im Zeitpunkt der Einzahlung erfolgt.
Bisher sieht die Finanzverwaltung jedoch keinen Änderungsbedarf. Sie argumentiert, dass die Beiträge weiterhin dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft dienen und daher erst bei tatsächlicher Verausgabung berücksichtigt werden können.
Aktuelle Rechtsprechung: FG Nürnberg bleibt bei der bisherigen Linie
Das Finanzgericht (FG) Nürnberg hat diese Auffassung jüngst bestätigt. In einem Urteil aus dem Jahr 2024 entschied das Gericht, dass die Änderungen im Wohnungseigentumsgesetz keine Auswirkungen auf die ertragsteuerliche Behandlung der Einzahlungen haben. Es berief sich dabei auf die bisherige BFH-Rechtsprechung, die unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung der Vermögensverhältnisse bleibt. Maßgeblich sei, ob die Mittel für Erhaltungsmaßnahmen oder andere abzugsfähige Zwecke verausgabt wurden.
Auch das FG Nürnberg betonte, dass erst im Zeitpunkt der Verausgabung entschieden werden könne, ob die Beträge zu sofort abziehbaren Werbungskosten führen oder als nachträgliche Herstellungskosten zu werten sind.
Offene Fragen und Revisionsverfahren
Die Kontroverse über den Zeitpunkt des Werbungskostenabzugs bleibt jedoch bestehen. Das FG Nürnberg hat die Revision zugelassen, sodass der BFH erneut Gelegenheit hat, diese Frage zu klären. Dabei geht es um die grundlegende Frage, ob die durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz eingeführte Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft eine steuerliche Neubewertung der Einzahlungen rechtfertigt.
Die Entscheidung des BFH wird mit Spannung erwartet, da sie erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung von Wohnungseigentümern haben könnte, die ihre Wohnungen vermieten und Beiträge in die Erhaltungsrücklage leisten. Bis dahin bleibt es bei der bisherigen Praxis: Ein Abzug als Werbungskosten ist erst bei Verausgabung der Mittel möglich.
24.01.2025 - Daniel Eilenbrock
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