
BFH stärkt Teilzeitstudierende: Fahrtkosten können vollständig abgesetzt werden
Urteil vom 24.10.2024 bringt klare Abgrenzung zwischen Teil- und Vollzeitstudium
Wer neben dem Beruf oder in freier Zeiteinteilung ein Studium absolviert, kann steuerlich profitieren – sofern es sich um ein Teilzeitstudium handelt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 24.10.2024 (Az. VI R 7/22) eine bedeutsame Klarstellung für alle Teilzeitstudierenden getroffen: Fahrtkosten dürfen in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten abgezogen werden – auch ohne gleichzeitige Erwerbstätigkeit.
Streitpunkt: Entfernungspauschale oder Reisekostengrundsätze
Grundsätzlich gilt: Wer regelmäßig eine Bildungseinrichtung besucht, kann die Fahrtkosten zur Universität oder Hochschule steuerlich geltend machen. Doch dabei stellt sich die Frage, in welcher Höhe. Während bei einem Vollzeitstudium lediglich die Entfernungspauschale (0,30 € pro einfache Strecke) gilt, können Teilzeitstudierende ihre tatsächlichen Fahrtkosten – also 0,30 € pro gefahrenem Kilometer – nach Reisekostengrundsätzen absetzen.
Das Finanzamt wollte im zugrunde liegenden Fall diese Unterscheidung nicht gelten lassen. Ein Teilzeitstudent der Fernuniversität Hagen hatte seine Fahrtkosten vollumfänglich als Werbungskosten abgezogen. Doch das Amt erkannte nur die Entfernungspauschale an und stufte das Studium – trotz nur 20 Wochenstunden – als Vollzeitstudium ein.
BFH: Studienumfang entscheidend – nicht die Erwerbstätigkeit
Der BFH stellte klar: Maßgeblich für die steuerliche Einstufung ist nicht die Erwerbstätigkeit des Studenten, sondern der tatsächliche Studienaufwand und die Vorgaben der Studienordnung. Ein Zeitaufwand von ca. 20 Stunden pro Woche ist nach Ansicht des Gerichts nicht mit einer Vollzeitbeschäftigung vergleichbar – somit liegt ein Teilzeitstudium vor.
Konsequenz: Der Kläger durfte seine Fahrtkosten in tatsächlicher Höhe abziehen. Der BFH rügte die pauschale Argumentation des Finanzamts und betonte, dass die steuerliche Einordnung sich an objektiven Kriterien orientieren müsse – nicht an Mutmaßungen zur Lebenssituation des Steuerpflichtigen.
Was Studierende jetzt beachten sollten
Teilzeitstudierende haben durch dieses Urteil einen handfesten steuerlichen Vorteil. Wichtig ist jedoch:
- Nachweis der Teilzeiteigenschaft: Studienbescheinigung, Studienordnung, Modulbeschreibungen oder Zeitpläne können helfen, den durchschnittlichen Aufwand zu belegen.
- Dokumentation der Fahrten: Um die tatsächlichen Kosten geltend zu machen, müssen diese nachvollziehbar aufgezeichnet werden – idealerweise mit einem Fahrtenbuch oder zumindest mit exakten Angaben zu Datum, Ziel, Zweck und Entfernung.
- Keine Erwerbstätigkeit nötig: Wer nicht arbeitet, verliert dadurch nicht den Anspruch auf die tatsächliche Kostenanerkennung – solange es sich um ein Teilzeitstudium handelt.
Aber: Erstausbildung nur begrenzt absetzbar
Wichtig: Das Urteil betrifft ein Zweitstudium, bei dem uneingeschränkter Werbungskostenabzug möglich ist. Bei einer Erstausbildung sind die Kosten lediglich als Sonderausgaben bis zu 6.000 € jährlich abziehbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) – und nicht als Werbungskosten.
Diese gesetzliche Ungleichbehandlung steht seit Jahren in der Kritik, weil sie viele junge Studierende benachteiligt. Der aktuelle BFH-Beschluss ändert daran nichts, stellt aber erneut klar: Nur im Zweitstudium ist eine vollständige steuerliche Berücksichtigung der Studien- und Fahrtkosten möglich.
28.07.2025 - Daniel Eilenbrock
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