als .pdf Datei herunterladen

BFH: Ernstliche Zweifel an rückwirkender Verlängerung der Nachbehaltensfrist bei Grunderwerbsteuer

Aussetzung der Vollziehung bestätigt

NTG24 - BFH: Ernstliche Zweifel an rückwirkender Verlängerung der Nachbehaltensfrist bei Grunderwerbsteuer

 

Durch das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12.05.2021 wurde die Nachbehaltensfrist des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG für steuerfreie Grundstücksübertragungen im Gesamthandsvermögen von fünf auf zehn Jahre verlängert. Der Gesetzgeber ordnete in § 23 Abs. 18 und 24 GrEStG Übergangsvorschriften an, die jedoch widersprüchlich formuliert sind.

Anzeige:

Werbebanner Audipy2. Streitfall: Formwechsel nach Ablauf der alten, aber innerhalb der neuen Frist

Im konkreten Fall hatte eine Personengesellschaft im Jahr 2018 Grundstücke in eine Schwestergesellschaft eingebracht. Damals galt eine fünfjährige Nachbehaltensfrist, innerhalb derer die Anteile an der übernehmenden Gesellschaft nicht verändert werden durften, ohne die Steuerfreiheit zu gefährden. Im Jahr 2023 – nach Ablauf dieser Frist, aber innerhalb der später eingeführten zehnjährigen Frist – fand ein Formwechsel statt. Das Finanzamt setzte daraufhin Grunderwerbsteuer fest und berief sich auf die neue Fristenregelung.

 

3. FG Düsseldorf: Zweifel an Rückwirkung – AdV gewährt

Das Finanzgericht Düsseldorf gewährte mit Beschluss vom 09.09.2024 (11 V 1325/24 A (GE)) die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Es bezweifelte, dass die verlängerte Nachbehaltensfrist rückwirkend auf Erwerbsvorgänge vor dem 01.07.2021 angewendet werden könne, da § 23 Abs. 18 GrEStG dies ausdrücklich ausschließt.

 

4. BFH bestätigt: Ernstliche Zweifel an der Anwendung der zehnjährigen Frist

Mit Beschluss vom 10.04.2025 (Az. II B 54/24 (AdV) hat der BFH die Entscheidung des FG bestätigt. Bei summarischer Prüfung bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung, weil die gesetzlichen Übergangsregelungen nicht eindeutig seien:

- § 23 Abs. 18 GrEStG bestimmt, dass die zehnjährige Frist nur für Erwerbsvorgänge nach dem 30.06.2021 gilt.

- § 23 Abs. 24 GrEStG legt fest, dass die neue Frist nicht gilt, wenn die alte Frist bereits vor dem 01.07.2021 abgelaufen ist – was die Möglichkeit einer rückwirkenden Anwendung für noch laufende Fristen suggeriert.

Die Widersprüchlichkeit der Regelungen sei nicht aufzulösen, sodass der BFH im Rahmen der summarischen Prüfung des Aussetzungsverfahrens von einer ungeklärten Rechtslage ausgeht.

 

5. Keine abschließende Entscheidung in der Hauptsache, aber deutliche Signale

Ob die rückwirkende Anwendung der verlängerten Nachbehaltensfrist auf Erwerbsvorgänge vor dem 01.07.2021 tatsächlich verfassungsrechtlich zulässig ist oder nicht, bleibt einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorbehalten. Im Verfahren auf AdV reicht bereits eine begründete Ungewissheit, um der Antragstellerin Recht zu geben.

 

6. Praxishinweis: Steuerpflichtige mit „Altfällen“ haben gute Argumente

Der Beschluss stärkt die Position von Unternehmen und Gesellschaften, die vor dem 01.07.2021 Grundstücke in Gesamthandstrukturen übertragen haben und nun nach Ablauf der damaligen fünfjährigen Frist strukturverändernde Maßnahmen planen oder vollzogen haben. In diesen Fällen kann erfolgreich AdV beantragt werden, solange der Erwerbsvorgang vor dem Stichtag lag.

 

Zusätzlicher Hinweis zur Immobilienbewertung

In der Praxis ist es bei Umstrukturierungen oder Transaktionen hilfreich, ein fundiertes Verkehrswertgutachten erstellen zu lassen. Dies bietet eine objektive Grundlage zur Bewertung der eingebrachten Grundstücke und kann in steuerlichen Verfahren oder bei späteren gesellschaftsrechtlichen Schritten von Bedeutung sein. Besonders bei rückwirkend problematischen Fällen liefert ein solches Gutachten Transparenz über den tatsächlichen Marktwert.

 

19.05.2025 - Daniel Eilenbrock

Unterschrift - Daniel Eilenbrock

 

Auf Twitter teilen     Auf Facebook teilen




Ihre Bewertung, Kommentar oder Frage an den Redakteur


Bitte geben Sie die Anzahl der unten gezeigten Eurozeichen in das Feld ein.
>

 



 

 

Haftungsausschluss - Die EMH News AG übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit der Empfehlungen sowie für Produktbeschreibungen, Preisangaben, Druckfehler und technische Änderungen. (Ausführlicher Disclaimer)