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BSG-Urteil: Keine Bezuschussung für gleichgeschlechtliche Paare mit Kinderwunsch

Keine Grundrechtsverletzung bei Ablehnung der Kostenübernahme bei künstlicher Befruchtung in gleichgeschlechtlicher Ehe.

NTG24 - BSG-Urteil: Keine Bezuschussung für gleichgeschlechtliche Paare mit Kinderwunsch

 

Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 10.11.2021 (Az. B 1 KR 7/21 R) die auf Zahlung von Behandlungskosten, die im Rahmen einer künstlichen Befruchtung angefallen sind, gerichtete Klage abgewiesen und damit die vorinstanzlichen Urteile bestätigt.

 

Sachverhalt

 

Die Klägerin lebt in gleichgeschlechtlicher Ehe und leidet an einer Fertilisationsstörung. Sie kann also keine Kinder kriegen. Nach einer Hormonbehandlung und einer erfolglosen künstlichen Befruchtung stellte die Klägerin bei der Beklagten, einer gesetzlichen Krankenkasse, einen Antrag auf Kostenübernahme für Medikamente und Durchführung einer künstlichen Befruchtung nebst Laborleistungskosten. Die Beklagte wies die Kostenübernahmeanträge zurück, wogegen die Klägerin nun Rechtsschutz ersucht.

 

Vorinstanzen

 

In den Vorinstanzen vor dem Sozialgericht Würzburg (vom 21.05.2019, Az. S 6 KR 412/18) sowie vor dem Bayerischen Landessozialgericht (vom 19.08.2020, L 20 KR 412/19) hatte die Klage keinen Erfolg. Die Voraussetzungen einer Kostenübernahme durch die Krankenkasse richteten sich nach § 13 Abs. 3 Satz 1 des fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V). Allerdings seien die tatbestandlichen Voraussetzungen der Erstattung einer künstlichen Befruchtung nicht erfüllt. Dafür sei wiederrum § 27a Abs. 1 Nr. 4 SGB V maßgeblich. Dieser sehe ausdrücklich nur die künstliche Befruchtung bei Verwendung der Ei- bzw. Samenzellen des Ehepartners als erstattungsfähige Kosten vor. Diese sog. homologe Insemination sei vorliegend nicht erfüllt, da zwangsläufig auf die Samenspende eines Dritten zurückgegriffen werden müsse. Eine solche Drittspenderverwendung (sog. heterologe Insemination) sei ausdrücklich nicht erfasst. Das Landessozialgericht (LSG) sah weder eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Grundgesetz (GG) noch einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG, der den Schutz von Ehe und Familie zum Gegenstand hat. Die Privilegierung von homologer Insemination gegenüber der Heterologen sei geschlechterunabhängig und diene dem Kindeswohl. Bei der Befruchtung mit Hilfe von Samenspenden eines Dritten, wird dieser nach Familienrecht nur durch Annahme des Kindes unterhaltspflichtig, was aber nicht gesetzlich erzwingbar ist. Wohingegen bei einer homologen Insemination automatisch beide Elternteile qua Gesetz unterhaltspflichtig werden.

 

Entscheidung der Revision

 

Das BSG hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen und damit die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Art. 6 des Grundgesetzes begründet keine Pflicht des Gesetzgebers, allen den Kinderwunsch zu erfüllen. Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen unterfalle der weitreichenden Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers. § 27a SGB V setzt grundsätzlich die Zeugungsfähigkeit des Ehepaars voraus. Zweifelsohne sei die Erfüllung des Kinderwunsches das Behandlungsziel des § 27a SGB V. Notwendig sei aber eine Einschränkung als krankheitsähnliche Komponente. Eben keine Aufhebung der Zeugungsfähigkeit. Da die gesetzliche Krankenkasse ihrem Zweck nach der Behandlung von Beschwerden dient, fällt die Kompensation einer – in der des Ehepaares gewählten Eheform – nicht bestehende Zeugungsfähigkeit nicht darunter. Eine Ausgleichspflicht der zeugungsbiologischen Grenzen durch die gesetzliche Krankenkasse besteht ausdrücklich nicht. Die oben genannten Grundrechte sah das BSG ebenso wenig verletzt, wie die Vorinstanzen, da nicht das Geschlecht, sondern die Behandlungsmethode maßgeblich sei. Dies treffe neben gleichgeschlechtlichen Paaren in gleichem Umfang auch Zeugungsunfähige sowie Alleinstehende, sofern § 27a Abs. 1 Nr. 3 SGB V nicht die Ehe voraussetzen würde.

 

Letzter Ausweg: Verfassungsbeschwerde

 

Auch wenn das Urteil des Bundessozialgerichts einen herben Schlag für alle gleichgeschlechtlichen Ehepaare darstellt, könnte die Klage vielleicht doch noch Aussicht auf Erfolg haben. Die Klägerin hat mittlerweile den Rechtsweg erschöpft, der sog. Grundsatz der Subsidiarität ist gewahrt. Nun verbleibt die Möglichkeit vor dem Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde zu erheben und eine mögliche Grundrechtsverletzung durch § 27a Abs. 1 Nr. 3 SGB V feststellen zu lassen

 

14.11.2021 - Laura Lehmann

Unterschrift - Laura Lehmann

 

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