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Der Libanon vor dem Staatsbankrott

Libanesisches Pfund - Ruhe vor dem Sturm

NTG24 - Der Libanon vor dem Staatsbankrott

 

In unserem Beitrag vom 26.11.2019 hatten wir einen näheren Blick auf die explosive Lage im Libanon und seine Auswirkungen auf das libanesische Pfund geworfen. Inzwischen hat sich die Situation weiter zugespitzt. Dabei standen neben der vollkommen inkompetent reagierenden Regierung und den massiven Forderungen nach deren Rücktritt die Banken des Landes im Zentrum des Zornes. Zuletzt war auch die libanesische Zentralbank ein vorrangiges Ziel der Demonstranten, welche aber zuvor von Sicherheitskräften hermetisch abgeriegelt worden war. Zusätzlich erlebt das Land die schwerste Wirtschaftskrise seit dem Ende des Bürgerkriegs vor 30 Jahren.

Am 19.12.2019 war, Hassan Diab, ein Professor für Elektrotechnik, vom Präsidenten des Libanon als Ministerpräsident eingesetzt und mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Dieser will eine Regierung aus Technokraten bilden, was auch eine Mehrheit der Bevölkerung befürwortet. Es bleibt allerdings fraglich, wie die politischen Machtblöcke reagieren, die seit dem Bürgerkrieg zwischen 1975 und 1990 nach religiöser Zugehörigkeit aufgeteilt sind.

 

Kapitalverkehrskontrollen verschärfen den Konflikt

 

Die Protestanten werfen der politischen Führung vor, sich zusammen mit der finanznahen libanesischen Elite am Geld der Bevölkerung bereichert zu haben. Die Geschäftsbanken haben auf Anordnung der Zentralbank private Konten mit ausländischer Währung wie US-Dollar und Euro gesperrt. Die Kontoinhaber dürfen nur täglich 100 Dollar und pro Woche nur maximal 200 Dollar in ausländischer Währung abheben. Überweisungen ins Ausland sind ebenfalls verboten, Gutschriften aus dem Ausland dürfen nicht ausgezahlt werden. Der politische Druck steigt mit der zunehmenden wirtschaftlichen Not.

Ende Dezember 2019 kam es dann zu einem plötzlichen Ende der Kapitalflüsse, was den Libanon in eine Krise gestürzt hat, die an ,,multiples Organversagen‘‘ erinnert. Denn das Land hat ein Leistungsbilanzdefizit von rund 25 % aufgebaut, welches ohne hohe und schnelle Devisenzuflüsse zu einem Zusammenbruch führt. Denn die Exportbasis des Libanon ist einfach zu klein, um für die essenziellen Importe aufkommen zu können.

Hinzu kommt die Staatsverschuldung des Libanon, die inzwischen auf über 150 % des BIP gestiegen ist. Das Haushaltsdefizit von 10 % des BIP steigt dabei immer weiter, was auch die Fähigkeit zum Schuldendienst rasant einschränkt.

Und schließlich ist der Bankensektor des Libanon dem Zusammenbruch nahe. Deren Anlagen machen durchschnittlich zu über 50 % Staatsanleihen des Libanon aus. Ein Staatsbankrott würde also mit einem Zusammenbruch des Bankensektors einhergehen. Und die Bereitschaft der Bevölkerung, den Banken, die ihnen ihre Guthaben nicht auszahlen, zu stützen, dürfte wohl gegen Null tendieren.

 Das libanesische Pfund, welches bislang in einem Verhältnis von 1.507,5 libanesischen Pfund an den US-Dollar gekoppelt ist, steht auf dem Schwarzmarkt weiter enorm unter Druck. Er wird aktuell zu rund 2.400 Pfund je US-Dollar gehandelt, was einer Abwertung von 59,7 % entspricht.

 

Libanesisches Pfund

 

Fazit

 

Das libanesische Pfund, sein offizieller ,,Fassaden‘‘-Kurs als auch sein um 60 % tieferer Schwarzmarktkurs zeigen den Staatsinfarkt des Libanon. Das Proporzdenken der religiösen Fraktionen, für die die wirtschaftliche Not der Libanesen zweitrangig ist, verschärft die Lage. Hinzu kommt die Verquickung der Solvenz der Banken mit der Zahlungsfähigkeit des Staates Libanon, welche bei einem Staatsbankrott beide insolvent und überschuldet sind.

Dieser ist allerdings inzwischen sehr wahrscheinlich, ein Schuldenmoratorium und nachfolgende Umschuldungsverhandlungen nur eine Frage der Zeit. Offen ist nur noch die Höhe der Abwertung des libanesischen Pfundes gegen den US-Dollar, die Art des Währungsregimes danach und die Frage, ob man (bürger-) kriegsähnliche Zustände dabei vermeiden kann oder nicht.  

 

17.01.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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