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Deliktsrechtliche Nachbarhaftung

Entscheidung vom 05.11.2021 (Az. 10 U 6/20) – wann der Nachbar die Umzugskosten bezahlen muss

NTG24 - Deliktsrechtliche Nachbarhaftung

 

Ein von einem Nachbar bedrohtes Ehepaar bekommt ihre Umzugskosten erstattet. Das OLG Karlsruhe verurteilte in einer aktuellen Entscheidung vom 05.11.2021 (Az. 10 U 6/20) den ehemaligen Nachbarn zur Zahlung von 44.000 Euro Schadensersatz.

Im zugrundeliegenden Fall hat der Nachbar nach dem Einzug des Ehepaares begonnen, diese auf verschiedenste Weise zu bedrohen und zu schikanieren. Dies ging von permanenter Beobachtung aus dem Fenster, über nächtliches Klopfen bis hin zu härteren Beleidigungen. Einmal lief der beklagte Nachbar dem Ehemann sogar mit einem Beil hinterher. Zuvor hatte ersteres dem Ehepaar bereits zweifach mit dem Tode gedroht. Als der Ehemann fliehen konnte, wandte sich der Beklagte dem Kraftfahrzeug des Ehepaares zu und beschädigte dieses mithilfe des Beils. Infolgedessen entschloss sich das Ehepaar, das Haus zu verlassen und übergangsweise eine Mietwohnung zu beziehen. Im Anschluss daran erwarb das Paar ein neues Eigentumshaus. 

 

Erste Instanz

 

In einem erstinstanzlichen Verfahren vor dem Landgericht (LG) Mannheim verklagte das Paar den Nachbarn auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 113.000 Euro. Diese Summe sei die Summierung von Umzugskosten, den Nebenkosten für das neue Haus (Grunderwerbssteuer nebst Notarkosten). Zuzüglich machte das Ehepaar geltend, dass sie ihr verlassenes Haus zu einem geringeren Erlös verkaufen mussten und dazu noch Maklergebühren angefallen seien. Diese Klage wurde vom LG Mannheim aber abgewiesen.

 

Zweite Instanz

 

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Werbebanner ZB-SeminarDas OLG Karlsruhe kippte im Berufungsverfahren die Entscheidung des LG Mannheim und verurteilte den Nachbarn zu einer Schadenersatzzahlung in Höhe von 44.000 Euro. Der Nachbar habe sich durch sein Verhalten der Nachstellung gem. § 238 StGB sowie der Bedrohung gem. § 241 StGB schuldig gemacht. Diese Normen des Strafgesetzbuchs sind Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Voraussetzung für eine zivilrechtliche Deliktshaftung nach § 823 Abs. 2 BGB ist allerdings, dass die verursachten Schäden vom Schutzzweck der verletzten (hier) Strafgesetze umfasst sind.

Dies ist bei dem von dem betroffenen Ehepaar geltend gemachten Schaden in Höhe von 113.000 Euro nur partiell der Fall. Der Schutzzweck der Nachstellung und der Bedrohung umfasst solche Schäden, die zur Wiederherstellung des persönlichen Sicherheitsgefühls notwendig sind. Konkret sind dies die Umzugs- und Nebenkosten im Zuge des Erwerbs des neuen Hauses, während die Kosten in Verbindung mit dem Verkauf des alten Hauses lediglich als nicht vom Schutzzweck umfasste Vermögensfolgeschäden zu klassifizieren sind.

 

11.11.2021 - Laura Lehmann

Unterschrift - Laura Lehmann

 

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