Plug Power: Trotz Überlegenheit zu Nel ASA kein Kauf – Verlustausweitung im 4. Quartal allein durch den Ausblick kaschiert
Ausblick 2022 plausibel, aber weiter erhebliche Kosten- und Margen-Defizite
Vorgestern legte PLUG POWER, der weltgrößte, voll integrierte Entwickler „grüner“ Wasserstoff (Hydrogen)-Technologien, angefangen von der Herstellung von Elektrolyseuren zur Gewinnung von Wasserstoff aus Wasser, über die Herstellung und den Transport des grünen Wasserstoffs selbst bis hin zur Entwicklung der heutzutage umweltfreundlichsten Brennstoffzellen-Technologien und zugehörigen Betankungslösungen mit verflüssigtem Hydrogen sein Ergebnis des 4. Quartals und Gesamtjahres 2021 vor, das nicht anders auch als z.B. bei ihrem norwegischen Weltkonkurrenten NEL ASA in der Umsatzentwicklung noch sehr passabel, in der anschließenden Gewinnbekanntgabe jedoch (wieder einmal) verheerend ausfiel.
Dass anders als im Rahmen der am 16.02. von NEL ASA (NO0010081235) publizierten, gewaltigen Verlustausweitung (siehe unsere Analyse dazu hier) vorgestern daraufhin nicht ebenso auch die Aktie von PLUG POWER (US72919P2020) abstürzte, sondern sich nach der ernüchternden Zahlenbekanntgabe dennoch behauptet zeigte, war dabei ohne Zweifel einzig und allein der Tatsache zuzuschreiben, dass der im US-Bundesstaat New York ansässige Wasserstoff-Spezialist im anschließenden Ausblick auf das Jahr 2022 und darüber hinaus vor dem Hintergrund seiner weltweit unerreichten Wasserstoff-Technologiebandbreite und -Wertschöpfungskettenabdeckung wenigstens weitere mittel- bis langfristige quantitative Ergebnis- und Produktionseinschätzungen abgab und dabei auch schon zuletzt getroffene Aussagen rundweg bestätigte. Eine ähnliche Prognoseabgabe war die norwegische Nel ASA sogar auch selbst für das Jahr 2022 in ihrer schlichtweg desaströsen Konzernpräsentation vom 16.02. dagegen komplett schuldig geblieben, so dass die damalige rigorose Abstrafung der Aktie hierauf auch vollkommen angemessen war.
Im Gesamtjahr 2021 konnte Plug Power, basierend auf ihrem durch zahlreiche neue Kooperationsprojekte immens ausgebauten Kundennetzwerk, verglichen mit Nel ASA (Umsatzanstieg um + 22 %) eine noch ungleich dynamischere Umsatzausweitung um + 64 % auf 502 Mio. USD vermelden, womit die Analystenkonsensschätzung von 497 Mio. USD übertroffen wurde. Eine noch positivere Überraschung lieferte dabei auch gerade die Umsatzerzielung im 4. Quartal, die mit 162 Mio. USD nicht nur die Konsensprognose von 156 Mio. USD ebenso übertraf, sondern nach Herausrechnung einer massiven cashunwirksamen Sonderbelastung im letztjährigen 4. Quartal 2020 (infolge gewaltiger offener Leistungsverbindlichkeiten aus Neuprojekten wurde damals sogar ein rechnerisch negativer Umsatz (!) von – 316 Mio. USD ausgewiesen) sogar einen Anstieg um ca. + 75 % gegenüber dem Vorjahr darstellte. Diesem nochmals stärkeren Umsatzsprung im 4. Quartal lag dabei ein Anstieg der reinen fakturierten Rechnungsausstellungen (Billings) um + 78 % gegenüber dem Vorjahr auf 155 Mio. USD zugrunde.
Hoch dynamisches Umsatzwachstum durch Kerngeschäft + Kooperationen / Übernahmen
Ergänzend zu ihrem hoch dynamisch ausgebauten Kerngeschäft von Elektrolyseur-Herstellungen, Wasserstoff-Erzeugungen und Brennstoffzellen-Produktionen bzw. -Betankungen, das z.B. allein im 4. Quartal von einem 50%igen Auslieferungsanstieg ihres Kernprodukts der Brennstoffzellen für Gabelstapler und Hubwagen („GenDrive“) sowie der stark umsatzgenerierenden Unterhaltung von insgesamt 11 kompletten Hydrogen-Infrastruktursystemen im Jahr 2021 (im Vorjahr noch 9) gekennzeichnet war, wurde die Umsatzentwicklung in 2021 darüber hinaus noch erheblich durch rekordhohe Abschlüsse neuer Hydrogenprojekte beflügelt.
So lieferten derartige 2021er Neuabkommen allein im 4. Quartal insgesamt einen konzernweiten zusätzlichen Umsatzbeitrag von über 20 %, d.h. bereinigt um diese Akquisitionseffekte hätte der sog. „organische“ Umsatzanstieg von Plug Power im 4. Quartal „nur“ ca. + 55 % betragen.
Derartige relevanteste Neuprojekte bestanden neben den schon in unserer vorherigen Analyse exemplarisch aufgelisteten speziell im 2. Halbjahr 2021 außerdem noch vor allem in weiteren Akquisitionen/Übernahmen in dem von Plug Power langfristig für weitere Hydrogen(transport)-Kostensenkungen als essenziell angesehenen Bereich von Hydrogenverflüssigungs-Technologien.
Dem zukunftsweisenden Expansionssegment „Hydrogenverflüssigung“ war im 2. Halbjahr vor allem die Übernahme von Joule Processing, einem Wasserstoffverflüssigungs-Spezialisten auf Basis kryogener Gefriertechnologien zuzurechnen (lt. Plug Power Potenzial mit einer Prozesskostenersparnis von 25 % oder 200 Mio. USD über die nächsten 4 Jahre verbunden), ebenso wie auch ein weiteres Kooperationsabkommen mit dem Hydrogenverflüssigungs-Anlagenbetreiber Mafi-Trench LLC, einer Tochter der weltführenden schwedischen Industrieholding ATLAS COPCO.
Massive Verlustausweitung im 4. Quartal, besserer Ausblick für 2022
Waren diese Umsatz- und Kooperations-/Akquisitions-Expansionserfolge von Plug Power im letzten Jahr also von einer sehr überzeugenden Dynamik geprägt gewesen, so sah die Gewinnentwicklung in 2021 sowie gerade auch im 4. Quartal jedoch umso düsterer aus.
So wurde im Gesamtjahr 2021 der Nettoverlust je Aktie zwar auf – 82 Cts. halbiert, der Analystenkonsens war jedoch sogar lediglich von – 58 Cts. ausgegangen. Ausschlaggebend für diese klare Konsensverfehlung war dabei vor allem ein schockierendes weiteres Anschwellen des Nettoverlusts im 4. Quartal gegenüber dem 3. Quartal um gewaltige 74 % auf nunmehr – 33 Cts. je Aktie gewesen, was nicht weniger als das 3fache der Analystenerwartungen (- 11 Cts.) darstellte.
Der Vorstand um CEO Andrew Marsh begründete diese erneute krasse Nettoverlustausweitung im 4. Quartal vor allem mit kapazitätsbedingt immens gestiegenen Einsatzkosten in der elektrolytischen Gewinnung von Wasserstoffmolekülen zur Herstellung von „grünem“ Wasserstoff, wie aber auch Corona-bedingt gestiegenen Logistikkosten sowie massiv erhöhten Vertriebs- und Verwaltungsaufwendungen aus den umfangreichen jüngsten Neuprojektabschlüssen, die ja u.a. auch die grundsätzliche kontinuierliche Wartungs- und Instandhaltungsverpflichtung („Client Services“) für die von Plug Power ausgelieferten Brennstoffzellensysteme beinhalten.
Neben den aktuellen Logistikbelastungen stuft der Vorstand jedoch gerade auch das derzeit gravierendste Kostenproblem der hohen Wasserstoffmolekül-Kosten für 2022 als deutlich rückläufig ein, da die im Oktober 2021 vorgenommene Kapazitätsausweitung ihres bisherigen Hauptwerks für die Hydrogen-Produktion im US-Bundesstaat Tennessee nun erstmals im Gesamtjahr 2022 voll kostenwirksam wird und darüber hinaus auch die gesamte Kostensenkung entlang der Wasserstoff-Wertschöpfungskette in 2022 zusätzlich durch die Mitte November 2021 erfolgte Betriebsaufnahme ihres neuen, bis dato weltgrößten „Wasserstoff-Gigawerks“ in Rochester / Bundestaat New York (zusätzliche Hydrogen-Elektrolyseure und Protonenaustauschmembran- / PEM-Module für Brennstoffzellen in einer final anvisierten Energieerzeugungs-Kapazität von über 2,5 GW) begünstigt werden dürfte.
Vor allem bedingt durch diese Kapazitätsausweitungen, durch die Plug Power für 2022 die Hydrogenerzeugung von bis zu 70 Tonnen / Tag anstrebt, stufen wir daher die Annahme von CEO Marsh, dass die operativen Kosten von Plug Power in 2022 insgesamt sinken dürften (vorbehaltlich massiver weiterer Kosten durch erhebliche Neuprojektabschlüsse) als durchaus plausibel ein, ebenso wie auch die unverändert geäußerte Absicht, in 2022 einen Konzernumsatz in einer Spanne von ca. 900 – 925 Mio. USD (= im Mittelwert mehr als 80% über dem Vorjahresniveau) erzielen zu wollen.
Langfristziele äußerst ambitioniert, Realisierung fraglich
Die Realisierung der langfristig überaus ambitionierten Konzernziele, Ende 2023 den gewinnseitigen operativen Break Even-Punkt ihrer Kernaktivitäten der Hydrogenerzeugung und -Betankungstechnologien erreichen zu wollen und bis 2025 gegenüber Ende 2022 mehr als eine weitere Verdreifachung des Umsatzes auf rd. 3 Mrd. USD, gepaart dann auch gleich mit einer operativen EBIT-Marge von 17 % erzielen zu wollen, stufen wir jedoch aus heutiger Sicht jedoch sowohl wegen der bislang auch weiter nur sehr begrenzten Volumina und Anwendungsbereiche von Wasserstoff-Projekten (aktuell fast ausschließlich für leichte Nutzfahrzeuge; serienmäßiger technologischer Einsatz in PKWs, Schwerlastwagen und industriellen Großprojekten bislang noch reine „Zukunftsmusik“) wie auch den hiervon immens abhängigen weiteren Kosten-, Margen- und Gewinnentwicklungen von Plug Power nach wie vor als kaum abschätzbar ein.
Unter diesen Voraussetzungen halten wir die Aktie mit einem aktuellen Kurs-Umsatz-Verhältnis (2024e) von rd. 7 sowie einem KGV (2024e) von rd. 220 aktuell auch weiterhin für deutlich zu hoch bewertet und raten von einem fundamental orientierten Kauf daher nach wie vor ab.
Lediglich für sehr spekulativ und charttechnisch ausgerichtete Anleger könnten unseres Erachtens derzeit mögliche Tradingengagements bis zu einem kurzfristigen Widerstandsniveau von maximal 35 USD in Frage kommen, während in dem aktuell noch immer sehr breiten Konsolidierungskeil zwischenzeitlich erneute Rücksetzer auf die alles entscheidende Horizontalunterstützung bei 17-18 USD jedoch auch weiterhin keinesfalls auszuschließen sind.
Chart: PLUG POWER (in US-Dollar)
Plug Power auf TradingView
03.03.2022 - Matthias Reiner
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