AMS und Osram: Eine sinnvolle Kombination?
Welche Chancen und Risiken eine Übernahme aufweisen würde
Es ist eine jener Geschichten, deren Anfang so seltsam ausfällt, dass man als Investor eigentlich gerne schnell abwinken und zu anderen Themen übergehen möchte. Doch es wäre wohl in diesem speziellen Fall doch ein Fehler, sich nicht damit zu beschäftigen. Die Rede ist vom Übernahmeinteresse der österreichischen AMS am Lichtspezialisten OSRAM.
Gut einen Monat ist es her, als AMS in einer fast schon Nacht-und-Nebel-Aktion eine Übernahmeofferte für OSRAM lancierte und damit in einen bereits laufenden Übernahmeversuch hineingrätschte. Denn aktuell versuchen die beiden Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle Group, OSRAM zu übernehmen. Die erste Offerte hatte allerdings eine mehr als kurze Halbwertszeit, denn schon wenige Stunden nach Veröffentlichung zog AMS sein unverbindliches Gebot wieder zurück.
Immerhin: In diesem Zusammenhang erreichte der österreichische Halbleiterhersteller, dass man bei OSRAM in die Bücher schauen konnte, allerdings nur unter der Bedingung, ein 12-monatiges Stillhalteabkommen abzuschließen, was eine entsprechende weitere Offerte erst einmal verhindern sollte. So schnell die Übernahmeidee auf dem Tisch lag, war sie auch schon wieder weg. Nur um relativ zügig dann doch wieder auf der Agenda zu erscheinen, wobei ganz aktuell AMS nun doch anscheinend Nägel mit Köpfen machen möchte.
© Osram
AMS hat mehr zu bieten
Denn wie die am Zürcher Börsenplatz notierte AMS mitteilte, hat man nun OSRAM ein Übernahmeangebot von 38,50 Euro je Aktie in bar präsentiert. Die daraus resultierenden 4,2 Milliarden Euro Kaufpreis würden 10 % über dem derzeit gütigen Übernahmeangebot der beiden US-Investoren liegen. Dass AMS gerade jetzt damit herauskommt, hat auch seinen Grund. Denn beim laufenden Angebotsprozess von Bain und Carlyle läuft es dem Vernehmen nach äußerst schlecht. Mit Stand Freitagabend soll die Annahmequote für die insgesamt gebotenen 35 Euro je Aktie erst bei 2,46 % gelegen haben. Bain und Carlyle hatten bei der Offerte eine Mindestannahmeschwelle von 70 % festgelegt.
Mit dem besseren Angebot kann sich AMS also gute Chancen ausrechnen, dass man bisher zurückhaltende Investoren auf seine Seite zieht, auch wenn das nicht unbedingt ein Selbstläufer wird. Allerdings hat AMS einige gute Argumente, warum die Transaktion auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll wäre. Denn im Gesamtverbund würde ein weltweit führender Anbieter von Sensorlösungen und Lichttechnik mit einem Jahresumsatz von rund 5 Milliarden Euro entstehen. Im Fokus von AMS stehen dabei insbesondere die LED-Sparte von OSRAM sowie das Automotive-Geschäft. Andere Bereiche wie beispielsweise Digital könnten nach einer Fusion abgestoßen werden.
Insgesamt sieht AMS in einem Zusammenschluss reichlich Synergie-Effekte auf der Kostenseite. So hat das Unternehmen schon eine Marke von 240 Millionen Euro Kostenersparnis pro Jahr in den Raum gestellt. Außerdem rechnet AMS vor, dass man Umsatzsynergien von rund 60 Millionen Euro pro Jahr erreichen könnte.
Wie AMS den Deal bezahlen will
Dennoch gibt es viele Fragezeichen. Dies betrifft zum einen die Finanzierung. Zwar hat AMS zusammen mit der Offerte auch offen gelegt, wie man die Übernahme stemmen will. So hat man entsprechende Finanzierungszusagen durch die beiden Großbanken HSBC und UBS erhalten. Zusätzlich dazu soll es eine Kapitalerhöhung im Umfang von rund 1,5 Milliarden Franken geben. Das dürfte insbesondere die bisherigen AMS-Aktionäre eher weniger erfreuen, da hier mit einer deutlichen Verwässerung zu rechnen ist, was sich auch in dem kräftigen Abschlag im Kurs am Montag widerspiegelte.
Fragezeichen gibt es auch hinter den Synergieeffekten. So plant AMS unter anderem Einsparungen in der Verwaltung, der IT sowie bei Forschung und Entwicklung. Außerdem sollen Produktionsstätten zusammengelegt werden. Das ist ein Punkt, der bei OSRAM für reichlich Zurückhaltung sorgt. So erklärte OSRAM bereits, dass eine Übernahme nur mit umfangreichen Schutzzusagen für die Mitarbeiter des Unternehmens Erfolg haben würde. Das dürfte auch ein Knackpunkt bei den aktuellen Verhandlungen sein. So hat OSRAM bereits erklärt, dass das bestehende Stillhalteabkommen nur dann aufgehoben wird, wenn es zu einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen käme.
Erst einmal Rückzug
Fazit: Es bestehen also noch erhebliche Unwägbarkeiten und natürlich auch das enorm hohe Risiko, dass sich die Übernahme für AMS bei deutlich geringer ausfallenden Kostensynergien nicht rechnet. Insofern würden wir davon ausgehen, dass die Transaktion, die von jetziger Warte aus durchaus gewisse Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg aufweist, zu einer vorerst dauerhaften Belastung für den AMS-Aktienkurs wird.
Auch wenn der seit Anfang des Jahres bestehender Aufwärtstrend in der AMS-Aktie auch durch die jüngsten Abschläge noch nicht gebrochen wurde, so gehen wir hier vorerst auf Nummer Sicher und sichern uns die knapp 12 % Kursgewinn, die unsere Position im Zürcher Trend bislang einfahren konnte.
12.08.2019 - Carsten Müller - cm@ntg24.de
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