Differenzbesteuerung beim Kfz-Handel: BFH zur Beweislast und Vertrauensschutz
Gebrauchtwagenhandel im Visier: Wer darf auf Privatverkäufer vertrauen
Mit Urteil vom 11. Dezember 2024 (Az. XI R 15/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine praxisrelevante Entscheidung zur Anwendung der Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG getroffen. Konkret ging es um die Frage, ob ein Gebrauchtwarenhändler auf die Angaben von Verkäufern vertrauen darf – und wer im Streitfall die Feststellungslast für die steuerlichen Voraussetzungen trägt.
Das Urteil stellt klar: Händler tragen die volle Verantwortung für den Nachweis, dass sie Fahrzeuge von Privatpersonen erworben haben. Formale Angaben in Musterverträgen reichen nicht aus, wenn Zweifel an der Unternehmereigenschaft des Verkäufers bestehen.
Hintergrund: Was regelt die Differenzbesteuerung?
Die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG erlaubt es Wiederverkäufern – etwa Gebrauchtwagenhändlern –, die Umsatzsteuer nur auf die Marge (Verkaufspreis abzüglich Einkaufspreis) zu berechnen. Voraussetzung: Der Gegenstand wurde im Gemeinschaftsgebiet bezogen und bei dessen Lieferung war keine Umsatzsteuer geschuldet oder diese wurde nicht erhoben – typischerweise bei Privatverkäufen oder bei Anwendung der Differenzbesteuerung durch den Vorlieferanten.
Für Händler bietet die Regelung einen Wettbewerbsvorteil. Doch sie ist an strenge Nachweispflichten geknüpft.
Der Streitfall: 51 Gebrauchtwagenkäufe mit offenen Fragen
Ein Kfz-Händler hatte in 29 Fällen Gebrauchtfahrzeuge unter Verwendung standardisierter Kaufverträge erworben. Die Verkäufer gaben sich jeweils als Privatpersonen aus – allerdings stimmten sie nicht mit dem letzten Fahrzeughalter im Kfz-Brief überein. In 22 weiteren Fällen waren die Fahrgestellnummern nicht nachvollziehbar und konnten vom Kraftfahrt-Bundesamt nicht zugeordnet werden.
Die Betriebsprüferin sah hierin Hinweise auf gewerbliche Verkäufer und zweifelte die Differenzbesteuerung an. Sie argumentierte, der Händler hätte Verdachtsmomente erkennen und aufklären müssen – z. B. durch Einholung einer Verkaufsvollmacht des letzten Halters.
BFH: Händler muss Voraussetzungen beweisen – Vertrauensschutz ausgeschlossen
Der BFH wies die Klage des Händlers ab. Die Begründung:
1. Beweislast beim Händler
Die Anwendung der Differenzbesteuerung ist begünstigend – und daher muss der Händler selbst nachweisen, dass alle Voraussetzungen vorliegen. Bleibt unklar, ob der Verkäufer tatsächlich kein Unternehmer war, geht dies zu Lasten des Wiederverkäufers.
2. Kein Vertrauen auf bloße Behauptungen
Der Händler durfte nicht blind darauf vertrauen, dass die Verkäufer tatsächlich Privatpersonen waren. Die abweichende Haltereintragung hätte ihn stutzig machen müssen. Ohne Verkaufsvollmacht des Halters liegt der Verdacht einer verschleierten Unternehmereigenschaft nahe.
3. Vertrauensschutz abgelehnt
Der Kläger kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er nicht gutgläubig gehandelt hat. Gutgläubigkeit erfordert, dass der Unternehmer alle zumutbaren Maßnahmen ergreift, um Manipulationen auszuschließen – was hier nicht geschehen ist.
Relevanz für die Praxis: Händler müssen genau prüfen – sonst drohen Nachzahlungen
Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für Händler von Gebrauchtwaren, insbesondere für den Kfz-Sektor:
- Abweichung zwischen Halter und Verkäufer: Immer kritisch! Ohne Verkaufsvollmacht des letzten Halters sollte keine Differenzbesteuerung vorgenommen werden.
- Fehlende oder unplausible Fahrzeugdaten: Können die Fahrgestellnummern nicht verifiziert werden, wird auch die Anwendung der Differenzbesteuerung infrage gestellt.
- Einmalige Verkäufe von unbekannten Personen: Diese gelten als Risikofälle, bei denen besondere Sorgfaltspflichten bestehen.
- Aufzeichnungspflichten gemäß § 25a Abs. 6 UStG entbinden nicht von der Prüfungspflicht zur Unternehmereigenschaft des Verkäufers.
27.10.2025 - Daniel Eilenbrock

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