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China Evergrande: Top-Dividende und große Ambitionen

So will der Immobilienkonzern bei E-Mobilität durchstarten

 

E-Mobilität gehört zweifellos zu den großen Trendthemen. Es ist ein Markt, der erst im Entstehen ist und noch keine festgefahrenen Wettbewerbsstrukturen hat. Was letztlich auch bedeutet, dass derzeitige Akteure wie beispielsweise TESLA, die deutschen Premiumhersteller wie DAIMLER und BMW oder Massenproduzenten wie VOLKSWAGEN noch längst keine Gewissheit haben, in diesem Markt dauerhaft Erfolg zu haben. Natürlich gibt es diesbezüglich hohe Wahrscheinlichkeiten, aber eben keine 100-prozentige Sicherheit.

Das gilt noch mehr für Newcomer, die das Thema für sich entdeckt haben. Besonders viele finden sich dabei in China, das in Zukunft das Potenzial zum wichtigsten E-Auto-Markt hat. Dass es ausgerechnet so viele chinesische Firmen gibt, die sich bei E-Mobilität engagieren, ist relativ einfach zu erklären. Denn bei diesem Thema können angestammte Automobil-Produzenten ihre bisherigen Wettbewerbsvorteile kaum nutzen. Das, was beispielsweise deutsche Autohersteller so auszeichnet, ist ihre lange Erfahrung in der Motorentechnik, insbesondere mit Blick auf Effizienz und Emissionen. Das alles spielt bei Elektrofahrzeugen schlicht keine Rolle mehr. Die Ausgangstechnik ist grundsätzlich für alle gleich. Es geht - einfach gesprochen - nur darum, wer die bessere Funktionalität und das schönere Design zu bieten hat.

Dennoch: Natürlich benötigen Elektrofahrzeuge ebenfalls ein hohes technisches Know-how, um die entsprechende Leistungsfähigkeit von Batterien (Reichweite) zu bieten und womöglich gegenüber der Konkurrenz zu steigern. Doch solches Know-how ist deutlich einfacher einzukaufen. Das denken sich auch bisher branchenfremde Unternehmen, die in der E-Mobilität eine Möglichkeit sehen, ihre bisherigen Geschäftsmodelle zu diversifizieren. Einer, der dabei besonders aufs Tempo drückt, ist der chinesische Immobilienentwickler CHINA EVERGRANDE GROUP.

 

Strategische Neuausrichtung

 

EVERGRANDE gehört immer noch zu den größten Immobilienfirmen im Reich der Mitte, hat aber vor einigen Jahren begonnen, auch in andere Bereiche zu expandieren. So ist die Gruppe im Bereich Tourismus engagiert. Ein weiteres Standbein hat man im Gesundheitssektor geschaffen, wo man beispielsweise auch spezielle Angebote für ältere Kunden schaffte. Dieser Bereich wird speziell durch die Tochter EVERGRANDE HEALTH bearbeitet, die selbst börsennotiert ist, und an der EVERGRANDE 75 % hält. EVERGRANDE HEALTH ist dabei neben dem Gesundheitssektor auch im Medienbereich tätig und fungiert auch als Investment Vehikel für andere Aktivitäten.

Die wichtigste dabei: EVERGRANDE will ins Geschäft mit E-Mobilität einsteigen. Dazu hat man in den vergangenen Monaten umfangreiche Aktivitäten im Bereich Übernahmen und Kooperationen entfaltet. Einige Beispiele:

- Gemeinsam mit dem deutschen Spezialisten für Elektroantriebe HOFER POWERTRAIN hat man ein Joint Venture namens EVERGRANDE HOFER POWERTRAIN gegründet, das insbesondere Entwicklungen für den Antriebsstrang vorantreiben und in China entsprechende Forschung- und Entwicklungskapazitäten aufbauen soll.

- Bereits im Januar kaufte EVERGRANDE eine Kontrollmehrheit am japanischen Batteriehersteller CENAT. Das Besondere an diesem Unternehmen: Es arbeitet auf Basis der Forschungen von Kazunori Ozawa, der als „Vater der Lithium-Batterie“ gilt.

- Ebenfalls im Januar übernahm EVERGRANDE die Mehrheit an der schwedischen NEVS. Hierbei handelt es sich um den Nachfolger des Automobilherstellers SAAB. Dessen Vermögenswerte wurden bereits 2012 durch den chinesischen Investor Kai Johan Jiang übernommen, der den schwedischen Hersteller zu einem reinen Elektroauto-Produzenten entwickeln will. Neben Schweden verfügt NEVS inzwischen über eine neue Produktionsstätte im chinesischen Tianjin und baut eine weitere in Shanghai. Über NEVS hat sich EVERGRANDE zusätzlich auch beim Sportwagenhersteller KOENIGSEGG mit 20 % beteiligt.

- Und auch die Vermarktung kommt nicht zu kurz. Denn schon im November beteiligte man sich an der Guanghui Industry Investment Group, die offiziell über das größte Vertriebsnetzwerk für Autos in der Welt verfügt (allerdings mit überwiegendem Schwerpunkt in China).

Unter dem Strich steht die klar formulierte Vision des Konzerngründers Hui Ka Yan,  EVERGRANDE in den nächsten 3-5 Jahren zur größten und stärksten Elektrofahrzeug-Gruppe der Welt machen zu wollen. Das sind natürlich sehr hohe Ansprüche mit dem Potenzial, am Ende doch zu enttäuschen. Aber solche Visionen sollten es sein, die letztlich auch die Fantasie der Investoren anheizt.

 

EVERGRANDE mit hohen Zuwachsraten

 

Dass sich EVERGRANDE dies alles leisten kann, liegt natürlich an den weiterhin starken Zuwächsen im Kerngeschäft, der Immobilienentwicklung. Im vergangenen Jahr konnte EVERGRANDE seinen Umsatz um knapp 50 % auf 466,2 Milliarden Yuan, umgerechnet rund 59,4 Milliarden Euro, steigern. Der Nettogewinn erhöhte sich um über 106 % auf 72,2 Milliarden Yuan ( 9,2 Milliarden Euro). 

Zwar geht immer noch ein absoluter Großteil der Einnahmen und damit auch der Gewinne auf das Konto des Immobiliengeschäftes. Aber natürlich weiß EVERGRANDE, dass der Immobiliensektor gerade in China sehr anfällig ist für entsprechende regulatorische Eingriffe. Eine Expansion in andere Trendthemen ist da mehr als sinnvoll. Die Gesundheitsvorsorge, der Tourismus und nicht zuletzt E-Mobilität bieten aus unserer Sicht dabei drei zusätzliche Aktivitätsfelder, die ein hohes Wachstumspotenzial auch in den kommenden Jahren möglich machen könnten.

 

Kursabsturz bietet neue Gelegenheiten

 

Aus Anlegersicht bietet sich auch dank der jüngsten Marktturbulenzen eine besondere Gelegenheit, wenn man auf einen Erfolg der skizzierten Wachstumschancen spekuliert. Denn nachdem EVERGRANDE im März ein Jahreshoch bei 29,15 Hongkong-Dollar markierte, ging es bis auf 17,60 Hongkong-Dollar wieder abwärts. Natürlich vor dem Hintergrund der entsprechenden Handelsstreitigkeiten, den politischen Eskalationen in der ehemaligen Kronkolonie und der Sorgen um die konjunkturellen Aussichten in China.

 

Kursverlauf China Evergrande

 

Das hat dazu geführt, dass die Aktie derzeit für dieses Jahr nur mit einem KGV von 4,1 und im kommenden Jahr sogar nur mit 3,7 bewertet wird. Das Kurs-Umsatz-Verhältnis für 2020 liegt ebenfalls nur bei 0,33. Dem steht eine  Dividendenrendite gegenüber von derzeit über 13 %. Wobei EVERGRANDE für dieses und nächstes Jahr Ausschüttungsquoten von um die 50 % abliefern dürfte (für dieses Jahr wird derzeit mit einer Dividende pro Aktie von 2,40 Hongkong-Dollar gerechnet).

Fazit: Die geopolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen EVERGRANDE natürlich zu einem deutlich spekulativeren Investment. Die strategische Neuausrichtung, welche der Konzern in den vergangenen Jahren angestoßen hat, könnte allerdings das Risiko insbesondere im Immobilienmarkt nach und nach reduzieren bzw. diversifizieren. Insofern würden wir EVERGRANDE als eine klassische technische Turnaround-Situation ansehen.

Hinweis: Wenn Sie nicht in Hongkong handeln können, werden auch Notierungen beispielsweise in Stuttgart, Frankfurt  oder außerbörslich gestellt. Allerdings sollte hier ganz klar nur mit Limit geordert werden.

 

21.08.2019 - Carsten Müller - cm@ntg24.de

 


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