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Facebook: Unerwartet starke Quartalszahlen

Werbeboykott internationaler Großkonzerne kaum relevant

NTG24 - Facebook: Unerwartet starke Quartalszahlen

 

Am 30.07. legte FACEBOOK (US30303M1027) als weltgrößter Betreiber sozialer Online-Netzwerke („Social Medias“) nachbörslich insgesamt sehr überzeugende Zahlen zum 2. Quartal vor, die in allen Bereichen die Analystenschätzungen deutlich übertrafen.

Auch wenn die Bilanz des Werbegeschäfts von Facebook, aus dem der Konzern zu fast 100 % seine Umsatzeinnahmen generiert, vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie im 2. Quartal auch einige leichte Schwachstellen aufwies, so reichte das insgesamt jedoch sehr solide Zahlenwerk berechtigter Weise dennoch aus, um nach der Zahlenvorlage einen deutlichen Aktienkurssprung um + 8 % auf fast 254 USD zu bewirken.

Da die Aktie einen Bestandteil unseres Themendepots ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN darstellt und Facebook mit der sehr erfreulichen Ergebnisvorlage gerade auch ihre stärksten Social Media-Werbeplattform-Konkurrenten ALPHABET/GOOGLE (US02079K3059) und TWITTER (US90184L1026) im 2. Quartal weit in den Schatten stellte, werden wir diese Quartalszahlen wie auch die hiermit verbundene Aktienbeurteilung nun nachstehend näher darlegen.

 

Chart: Facebook gegen MSCI WORLD – Index (jeweils in Euro)

 

Facebook gegen MSCI World - Index

 

Ergebnis 2. Quartal

 

Zum 2. Quartal publizierte Facebook, getragen vom generell gleich hohen Anstieg seiner Werbeeinnahmen, trotz des Corona-Umfelds gegenüber dem Vorjahr eine sehr solide Ausweitung seines Konzernumsatzes um + 10,7 % auf 18,7 Mrd. USD. Die Analysten hatten im Konsens zuvor lediglich mit einer Umsatzerzielung von 17.4 Mrd. USD gerechnet.

Auf den ersten Blick wesentlich astronomischer erschien sogar die annähernde Verdopplung des Konzernreingewinns auf 5,2 Mrd. USD oder umgerechnet 1,80 USD je Aktie, während hier der Analystenkonsens zuvor nur bei 1,39 USD je Aktie lag.

Jedoch ist bei dieser vordergründig fulminanten Reingewinnexplosion zu berücksichtigen, dass das entsprechende Quartalsergebnis des Vorjahres 2019 von einmaligen Konzernbelastungen über nicht weniger als 3,1 Mrd. USD geprägt war (2 Mrd. USD Strafzahlung nach einem Vergleichsabschluss mit der staatlichen US-Wettbewerbsbehörde FTC, ferner eine einmalige Steuerrückstellung von 1,1 Mrd. USD aufgrund einer entsprechenden Bilanzierungsumstellung).

Nach Herausrechnung dieser außerordentlichen Belastungseffekte aus dem Vorjahresergebnis des 2. Quartal 2019 hat Facebook im 2. Quartal 2020 somit faktisch gar einen 10 %igen Rückgang (!) des operativen EBIT-Betriebsgewinns sowie einen 9,6 %igen Rückgang des Reingewinns ausweisen müssen. Jedoch wurden mit den jetzigen Gewinnpublikationen zum 2. Quartal 2020, wie oben schon ausgeführt, die in der Corona-Krise deutlich skeptischeren Analystenprognosen dennoch klar geschlagen.

Ferner ist festzuhalten, dass aufgrund des weltweit generell immer wettbewerbsintensiver werdenden Online-Werbegeschäfts und aber auch der jetzt verschärfend hinzugetretenen Corona-Krise die jetzige Publikation eines Werbeumsatzanstiegs um „nur noch“ + 10,7 % im 2. Quartal nun die niedrigste Quartalswachstumsrate darstellt, die Facebook seit ihrem Börsengang im Mai 2012 jemals ausgewiesen hat.

Auf der anderen Seite zog sich mit dieser natürlich immer noch sehr ansehnlichen, zweistelligen Werbeumsatzausweitung Facebook aber im 2. Quartal gerade gegenüber seinen Werbe-Hauptkonkurrenten GOOGLE und TWITTER glänzend aus der Affäre, da ALPHABET/GOOGLE nun gar erstmals in ihrer Unternehmensgeschichte gleich einen - 8%igen Rückgang (!) der Werbeeinnahmen ausweisen musste, und diese bei TWITTER im selben Quartal sogar um - 23 % eingebrochen sind. Relativ gesehen hat Facebook seinen globalen Online- / Digitalwerbungs-Marktanteil von zuletzt ca. 20 % in der Corona-Krise des 2. Quartals gegenüber GOOGLE (immer noch klarer Weltmarktführer mit Digital-Werbemarkt-Anteil von rd. 50 %) und TWITTER somit doch ein gewisses Stück ausbauen können, was die Aktieninvestoren bei Facebook zu Recht stark honorierten und bei Alphabet und Twitter dementsprechend konsequent bestraften.

 

FACEBOOK versus GOOGLE

 

Experten begründen die bei FACEBOOK wesentlich erfolgreichere Werbeentwicklungsbilanz im 2. Quartal gerade gegenüber ALPHABET/GOOGLE vor allem mit 2 Faktoren:

Erstens zielt bei Google deren digitales Werbegeschäft vergleichsweise stark auf den im 2. Quartal nahezu völlig kollabierten Tourismus- / Reisesektor ab, und zwar mit etwa dem 4fachen (!) Gewicht wie bei Facebook. Schon allein dies stellt in unseren Augen eine Branchenstruktur des Werbegeschäfts von Facebook dar, die dem Konzern relativ zu Google künftig auch weiterhin stark zum Vorteil gereichen dürfte.

Und zweitens ist - was unseres Erachtens künftig noch entscheidender für Facebook als Werbeplattform relativ zu Google sprechen dürfte - die Werbeanzeigen-Platzierung externer Unternehmen auf den Facebook-Seiten weit eher (zu über 80 %) auf sog. „Direct Response“-Werbungen, also gezielte Werbebotschaften für sehr zeit-, markt- und kundennah gewählte einzelne Produkt- und Dienstleistungskampagnen ausgerichtet, als das im Gegensatz dazu dem bei Google immer noch stark dominierenden Werbegeschäft für „Consumer Brands“ entspricht (= gänzlich produktübergreifende Werbekampagnen, die ausschließlich eine gesamte Unternehmensmarke promoten).

Nach allen Marktforschungserhebungen gestalten sich jedoch schon bereits seit Jahren „Direct Response“-Marketing- und Werbekampagnen wegen ihrer wesentlich gezielteren Kundenansprache zunehmend erfolgreicher als reine „Consumer Brands“-Kampagnen, was erst recht umso massiver nun gerade auf das besonders krisengeschüttelte 2. Quartal der Corona-Ausbreitung zutraf.

Dies ist auch der wesentliche Grund, warum im zurückliegenden 2. Quartal der bis zu rd. 1.100 Unternehmen umfassende Werbeboykott der Facebook-Seiten im Zuge der „Stop Hate for Profit“-Initiative (Unternehmenszusammenschluss gegen systematisch diskriminierende und menschenrechtsverletzende Facebook-Nutzerbotschaften) die Geschäftslage von Facebook nach Vorstandsangaben nahezu in keiner Weise belasteten, auch wenn sich dieser Initiative selbst renommierteste Unternehmen wie z.B. Coca Cola, Starbucks, Ford, Microsoft, HP, Pfizer, Verizon, SAP, Fresenius, Siemens, Adidas, Puma, Diageo, Honda etc. angeschlossen hatten.

Denn zum einen sind ja bereits, wie oben dargestellt, über 80 % aller Werbeanzeigen auf Facebook eher sehr kurzfristig gestaltete „Direct Reponse“-Produktbotschaften ohne wesentliche Fokussierung auf den zugehörigen Unternehmensmarkennamen, zum anderen gehören derartige Werbeträger extrem stark eher dem Segment kleinerer und mittelgroßer Unternehmen (KMU’s) an, die lt. Facebook ebenfalls fast 80 % ihrer rd. 9 Mio. (!) zahlenden Werbekunden ausmachen. Da sich KMUs aber aus eigenem Geschäftsinteresse bis zuletzt natürlich fast durchweg nicht der „Stop Hate“-Initiative gegen Facebook angeschlossen hatten, erklärt dies auch völlig, warum diese Initiative von bis zu 1100 Großunternehmen (von insgesamt 9 Mio. Werbekunden von Facebook) deren Werbeeinnahmenerzielung bis zuletzt fast nicht das Geringste anhaben konnte.

 

Hohe Ergebnisqualität und positiver Ausblick 3. Quartal

 

Sehr überzeugend fiel zudem auch die Qualitätsstruktur des Nutzer- und Werbeumsatzwachstums von Facebook im 2. Quartal aus. Die führende Facebook-Plattform verzeichnete nämlich im 2. Quartal gegenüber Vorjahr gleichbleibend ein jeweiliges + 12 %iges Nutzerwachstum auf täglicher wie aber auch auf längerfristiger monatlicher Zugriffsbasis. Unter Einschluss aller weiteren Facebook-App-Dienste, also von WhatsApp, Messenger und Instagram, konnte die tägliche Nutzerzahl im 2. Quartal gegenüber Vorjahr gar um + 15 % und die monatliche Nutzerzahl zumindest auch um + 14 % ausgebaut werden.

Auch diese sehr erfreulichen Nutzerzuwachs-Zahlen von Facebook sowie ihrer angeschlossenen App-Dienste im 2. Quartal übertrafen alle Analystenerwartungen deutlich.

Ferner erhöhte sich trotz (oder vielleicht auch wegen) der Corona-Krise die Anzahl geschalteter Werbeanzeigen im Facebook-Portal im 2. Quartal um hervorragende + 40 %. Da das gesamte betragsmäßige Werbeumsatzwachstum insgesamt ja aber nur auf + 10,7 % herauskam, bedeutet dies jedoch implizit, dass bedingt durch die Corona-Krise Facebook im 2. Quartal nach eigenen Angaben einen über 21 %igen Preisdruck in den Werbeanzeigenschaltungen zu verkraften hatte, was ohne Frage der zweite Wermutstropfen in der insgesamt sehr überzeugenden Zahlenvorlage von Facebook war (neben der eingangs geschilderten, für Facebook bisher seit 2012 rekordhohen Verlangsamung des Werbeumsatzwachstums im 2. Quartal).

Für das 3. Quartal ist der Vorstand von Facebook ebenfalls recht optimistisch gestimmt und prognostiziert hier einen weiteren Konzern- und Werbeumsatzanstieg gegenüber dem Vorjahr um + 10 %, während die Analystenschätzungen für das laufende Quartal hier bislang nur ein Wachstum von + 8 % antizipiert hatten. Nach Konzernangaben sind auch in den ersten 3 Juli-Wochen die Werbeumsätze um ebenfalls + 10 % gegenüber dem Vorjahr geklettert.

Zudem räumte der Vorstand ein, in die Wachstumsprognose für das 3. Quartal einen möglicherweise leicht zunehmenden Belastungseffekt durch den „Stop Hate“-Werbeboykott internationaler Großkonzerne ebenfalls bereits mit einkalkuliert zu haben, auch wenn „nach konstruktiven Gesprächen mit Facebook“ nun erste Unternehmen angeblich wieder die voraussichtlich bevorstehende Beendigung dieses Boykotts planen (in Deutschland z.B. Puma, Beiersdorf, VW, Adidas, Bayer, Siemens und Henkel).

 

Aktienbewertung und Anlageurteil

 

Facebook hat ohne Frage im 2. Quartal, gerade auch im Licht der ausgedehnten Corona-Pandemie, in fast allen Bereichen ein sehr überzeugendes Werbe- und Gesamtkonzernergebnis erzielt. Auch die breit angelegte Qualität der Ergebniserzielung, sowohl was anhaltend steigende Nutzerzahlen des Facebook-Hauptportals wie auch die weltweit ungebrochene Akzeptanz seiner App-Dienste WhatsApp, Instagram und Messenger angeht, ist als sehr erfreulich anzusehen. Dass im generell zunehmend wettbewerbsintensiv werdenden Online- bzw. Digitalwerbegeschäft die Umsatzzuwächse bei Facebook im 2. Quartal mit knapp 11 % nun die niedrigste Steigerungsrate seit Börseneinführung in 2012 aufwiesen, sollte aus unserer Sicht keinesfalls überbewertet werden, da die Corona-Krise diese Wachstumsrate ohne Frage erheblich gedämpft hat (siehe allein schon über 20%igen Werbungspreisdruck im 2. Quartal) und zudem der größte Konkurrent Google/Alphabet in diesem Digitalwerbungsbereich hier derzeit aus unserer Sicht strategisch deutlich schlechter positioniert ist als Facebook.  

Ebenso runden aktuelle weitere Neuerungen künftiger Plattform-Services, wie z.B. die erstmalige künftige Einstellung kompletter Musikvideos nun auch zunächst in den Facebook-Seiten der USA und Indiens (Lizenzen von Universal, Warner und Sony / direkte Konkurrenz vor allem zum YouTube-Kanal von Google) oder die künftige Einstellungs- und Austauschmöglichkeit selbst gedrehter Kurzvideos im neuen Dienst „Instagram Reels“ (Konkurrenz zur hierfür derzeit weltführenden Plattform „TikTok“) die derzeitigen Social Media-Features von Facebook sehr zielgerichtet ab, was wir strategisch ebenfalls sehr begrüßen.

Nicht anders als bei AMAZON haben daher auch im Falle von FACEBOOK unmittelbar nach Vorlage der Zahlen zum 2. Quartal sowie des weiteren Ausblicks nicht weniger als 20 Analysten die Veranlassung gesehen, ihre künftigen Umsatz- und Gewinnschätzungen für den Konzern, wie auch ihre mittelfristigen Aktienkursziele zum Teil deutlich anzuheben.

Das aktuelle Konsenskursziel der Analysten für die Aktie beläuft sich daher aktuell nun bereits auf 277 USD (= mittelfristiges Kurspotenzial von + 9 % gegenüber dem aktuellen Kurs). Da sich nach den darüber hinausgehenden 2 Jahres-Konzerngewinnschätzungen bis Ende 2022 jedoch ein hoch attraktives Aktien-KGV von gerade einmal nur noch rd. 20 einstellen würde, erachten wir die Aktie auch unter diesen längerfristigen Aspekten weiterhin als deutlich unterbewertet und sehen hier deshalb längerfristig ebenfalls weitere deutliche Kurssteigerungsspielräume.

Die Facebook-Aktie ist aus unserer Sicht daher (selbst auch für konservative Anleger) nach wie vor klar kaufenswert und bleibt selbstverständlich auch weiterhin eine Bestandsposition unseres Themendepots ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN.

 

03.08.2020 - Matthias Reiner - mr@ntg24.de

 

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