Kein gewerblicher Grundstückshandel trotz Veräußerung im sechsten Jahr
BFH stellt Drei-Objekt-Grenze nicht absolut
In einem bemerkenswerten Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt, dass eine Vielzahl von Grundstücksveräußerungen im sechsten Jahr nach dem Erwerb nicht automatisch einen gewerblichen Grundstückshandel begründet. Im Zentrum der Entscheidung steht die sogenannte Drei-Objekt-Grenze, ein zentrales Abgrenzungskriterium zwischen gewerblichem Grundstückshandel und reiner Vermögensverwaltung.
Was ist die Drei-Objekt-Grenze?
Die Drei-Objekt-Grenze ist ein steuerrechtliches Hilfskriterium: Werden innerhalb von fünf Jahren nach Anschaffung mehr als drei Immobilien veräußert, spricht dies regelmäßig für einen gewerblichen Grundstückshandel mit der Folge, dass die Gewinne der Einkommensteuer und Gewerbesteuer unterliegen. Die Grenze ist aber kein starrer Automatismus – und genau hier setzt die neue Entscheidung des BFH an.
Der Fall: Viele Verkäufe, aber keine Aktivität in den ersten fünf Jahren
Im konkreten Streitfall hatte eine Gesellschaft über Jahre hinweg mehrere Grundstücke erworben, jedoch innerhalb der ersten fünf Jahre keine Verkäufe vorgenommen. Erst im sechsten Jahr kam es zu einer Vielzahl von Veräußerungen. Die Finanzverwaltung unterstellte daraufhin einen gewerblichen Grundstückshandel – zu Unrecht, wie der BFH nun entschied.
Das oberste Steuergericht stellte fest, dass der Umstand, dass die Verkäufe erst nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist erfolgten, nicht durch deren hohe Zahl kompensiert wird. Anders als in früheren Entscheidungen (z. B. BFH-Urteil vom 15.06.2004 – VIII R 7/02) sei hier keine Veräußerungsabsicht bereits während der Fünf-Jahres-Frist nachweisbar gewesen.
Unerwarteter Todesfall als besonderer Umstand
Besonderes Gewicht legte das Gericht auf den unerwarteten Tod des Gesellschafter-Geschäftsführers im Alter von nur 55 Jahren. Dieser habe eine veränderte wirtschaftliche Lage und damit eine nachvollziehbare Verkaufsentscheidung ausgelöst. Die Veräußerungen seien nicht geplant, sondern durch außergewöhnliche Umstände ausgelöst worden.
Dabei stellt der BFH klar: Persönliche oder wirtschaftliche Motive spielen grundsätzlich keine Rolle für die steuerliche Abgrenzung zwischen gewerblicher Tätigkeit und Vermögensverwaltung. Allerdings darf das Fehlen jedweder Veräußerungsaktivität innerhalb der relevanten Zeitspanne nicht durch bloße Mutmaßungen ersetzt werden. Die Annahme einer nur „latent vorhandenen Verkaufsabsicht“ sei nicht gerechtfertigt.
Relevanz für die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
Im Kontext der Gewerbesteuer ist das Urteil auch im Hinblick auf die sogenannte erweiterte Kürzung von Bedeutung. Kapitalgesellschaften, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können auf Antrag eine erweiterte Kürzung der Gewerbesteuerbemessungsgrundlage erhalten. Diese Möglichkeit entfällt jedoch bei gewerblichem Grundstückshandel.
Durch das Urteil wurde klargestellt, dass die Grenze zwischen Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb nicht allein durch quantitative Kriterien wie die Zahl der Verkäufe im sechsten Jahr gezogen werden darf. Das ermöglicht eine differenziertere Betrachtung und schützt insbesondere kleinere Kapitalgesellschaften mit planungsbedingten oder einmaligen Verkäufen vor unangemessener steuerlicher Belastung.
BFH öffnet Tür für mehr Einzelfallgerechtigkeit
Mit dieser Entscheidung sendet der BFH ein deutliches Signal: Die Drei-Objekt-Grenze bleibt ein Indiz – kein Dogma. Die Abgrenzung zwischen gewerblichem Grundstückshandel und bloßer Verwaltung privaten Vermögens erfordert stets eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls.
Für Immobiliengesellschaften und Investoren bedeutet dies mehr Rechtssicherheit, sofern sie innerhalb der ersten fünf Jahre keine Verkaufsaktivitäten entfalten. Selbst eine Vielzahl von Verkäufen nach Ablauf dieser Frist kann gewerbesteuerlich unschädlich sein – insbesondere, wenn außergewöhnliche Ereignisse wie ein Todesfall den Verkauf begründen.
Wer unsicher ist, ob im eigenen Fall steuerliche Risiken bestehen oder eine strategische Planung sinnvoll ist, sollte eine professionelle Immobilienberatung in Dresden in Anspruch nehmen. Fachkundige Gutachter und Berater können helfen, individuelle Situationen rechtzeitig richtig einzuordnen und steuerliche Nachteile zu vermeiden.
21.07.2025 - Daniel Eilenbrock

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