Neue strategische Goldinitiative Russlands
Russland auf dem Weg zu einem alternativen Goldmarkt
Der jüngste Vorschlag Russlands zur Schaffung eines alternativen Goldmarktes mit Sitz in Moskau lassen aufhorchen. Werden sie umgesetzt, würde eine ernsthafte Alternative zum Londoner Goldmarkt entstehen. Ob diese Pläne die kritische Masse und damit ausreichende ökonomische Fliehkraft entwickeln werden, bleibt zwar bislang ungewiss. Gleichwohl hat die Initiative das Potenzial, mittelfristig zu einer bedeutenden Umleitung der weltweiten Goldförderung in Richtung Eurasien zu führen.
Der weltweite Handel mit Gold in US-Dollar (XC0009655157) gehört zu den Kollateralschäden der politischen Konfrontation des Westens mit Russland, die nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine eine enorme Stärke entwickelte und dabei praktisch jeden ökonomischen Sektor erreicht hat.
Dazu gehörte insbesondere der Weltmarkt für Gold. Seit der Aufhebung der Goldbindung des US-Dollars und damit des Gold-Devisen-Standards im August 1971 haben sich die Fiatwährungen und damit praktisch alle Währungen der Welt einen Abwertungswettlauf gegen Gold geliefert, was die langfristige Preisentwicklung von Gold in US-Dollar exemplarisch verdeutlicht.
Gold in US-Dollar auf TradingView
Mit dem Konflikt zwischen Russland und dem Westen sind nun auch die Friktionen im Goldmarkt größer geworden, was sich schon bald nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zeigte. Denn schon Anfang März 2022 hatte die London Bullion Market Association (LBMA) die Mitgliedschaft von sechs russischen Edelmetallraffinerien ausgesetzt, was zu einer Unterbrechung der diesbezüglichen Lieferketten führte.
Nun hat das russische Finanzministerium Presseberichten zufolge auch auf Reaktion auf die Entscheidung der LBMA vom März einen eigenen internationalen Standard für Edelmetalle vorgeschlagen.
Wie das Finanzministerium Russlands erklärte, sei es entscheidend, einen neuen Moskauer Weltstandard (MWS) zu schaffen, um die störungsfreie Funktion der Edelmetall-Industrie zu gewährleisten.
Die Basis der neuen Institution soll ein neuer internationaler Edelmetallmakler mit Sitz in Moskau sein, der das MWS nutzen soll.
Russland schlägt außerdem vor, die Preise für Edelmetalle in den Landeswährungen der wichtigsten Mitgliedsländer oder über eine neue Währungseinheit - wie die vom russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgeschlagene neue BRICS-Währung - festzulegen.
Dem Ausschuss zur Ermittlung des Preises sollen Zentralbanken und andere große Banken aus der Eurasischen Wirtschaftsunion (EEU) angehören. Zu den Mitgliedsländern der EWU gehören Russland, Kasachstan, Belarus, Kirgisistan und Armenien.
Eine weiterführende Idee ist, eine diesbezügliche Mitgliedschaft für große Goldproduzenten wie China, Indien, Venezuela, Peru und andere südamerikanische Länder attraktiv zu machen.
Damit könnte es in der Konsequenz zu einer Umleitung der Goldförderung aus diesen Zielländern an die MWS kommen, was gleichzeitig die LBMA schwächen würde. Gerade die Entwicklungen im Falle der in London lagernden Goldreserven Venezuelas haben in Lateinamerika und nicht nur dort das Bewußtsein für die Standortrisiken westlicher Handelsplätze und Lagerstätten für Gold geschärft.
Nach Angaben des Finanzministeriums war Russland im Jahr 2021 der zweitgrößte Goldproduzent nach Volumen, wobei die Goldproduktion um 9 % auf 343 Tonnen anstieg. Russland ist auch einer der drei größten Produzenten von Platin, Palladium und Rhodium. Die Edelmetallindustrie in Russland erwirtschaftet jährlich rund 25 Milliarden Dollar.
Und was ist das Fazit?
Der neue Vorschlag Russlands zielt auf die Schaffung eines alternativen Marktes für Gold ab, der den Handel mit russischem Gold erleichtern soll. Gleichzeitig würden im Falle einer Umsetzung die Bereiche, die stark von westlichen Sanktionen direkt betroffen sein würden, verringert. Diese Motivation könnte auch andere goldproduzierende Länder wie Peru und China zu einer Teilnahme veranlassen.
Im Wesentlichen schlägt Russland vor, einen Markt für Gold und andere Edelmetalle zu schaffen, der von jenen Staaten reguliert wird, die die Ressourcen für diese Metalle besitzen.
Dies würde schlicht einen ,,Game Changer‘‘ auf dem Weltmarkt für Gold darstellen. Auf der Grundlage dieses neuen Marktes soll das System des bilateralen Handels in nationalen Währungen, das insbesondere Dollar, Euro und Pfund ausschließt, weiterentwickelt werden.
Die Bedeutung dieses Plans zeigt sich insbesondere bei einem Blick auf die Herkunft des weltweiten Goldes aus Minenproduktion. Der Produktionsanteil der USA und mit ihr assoziierter Staaten beträgt insgesamt 22 % des weltweiten Goldes. Die Eurasische Wirtschaftsunion, die BRICS-Staaten und Afrika produzieren zusammen 57 %. Einschließlich Peru und Venezuela ergibt sich ein Anteil von 62 %. Damit wäre bei einer Umsetzung der neuen Pläne Russlands knapp zwei Drittel der weltweiten Goldproduktion betroffen!
Die Umsetzung dieser Pläne wäre zudem ein großer Schritt hin zu einer rohstoffbasierten Währungsordnung, die konträr zu den Fiatwährungen des Westens steht.
Angesichts der strategischen Bedeutung dieses Schrittes sollte man die diesbezügliche Entwicklung intensiv verfolgen.
24.08.2022 - Arndt Kümpel
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