Dermapharm-CEO im Interview: Wir haben den unglaublichen „BioNTech-drive“ aufgenommen

Dermapharm-Chef gibt Ausblick auf künftige Unternehmensentwicklung

 

Aktuell bestimmt die Erforschung und Zulassung eines Covid-19-Impfstoffs die medialen Schlagzeilen und das Geschehen an den weltweiten Börsen. Als Partner deBioNTech SE steht das Grünwalder Unternehmen Dermapharm Holding SE (ISIN: DE000A2GS5D8; WKN: A2GS5D) ebenfalls im Fokus der Öffentlichkeit. Denn die Oberbayern haben eine Kooperationsvereinbarung mit BioNTech abgeschlossen, welche entscheidend für die eigentliche Herstellung des Impfstoffs ist. Im Interview mit NTG24.de gibt Dermapharm-CEO Dr. Hans-Georg Feldmeier einen Einblick in das Unternehmen. Zudem fasst der Vorstandsvorsitzende die für Dermapharm zukünftig relevanten Trends zusammen.

NTG24.de: Im September hat die Dermapharm Holding eine Vereinbarung mit der Mainzer BioNTech SE kommuniziert. Bitte erläutern Sie den Hintergrund dieser Vereinbarung?

Dr. Hans-Georg Feldmeier: Wir freuen uns sehr, dass wir im September 2020 eine Kooperations- und Liefervereinbarung mit der BioNTech SE zur Produktion des COVID-19 Impfstoffes BNT 162b2 abschließen konnten.

Wir haben einen sehr modernen und flexiblen Betrieb zur Herstellung von sterilen Arzneimitteln. Damit verfügen wir über die grundsätzlichen technischen Voraussetzungen, um Impfstoffe, die letztlich auch sterile Arzneimittel sind, herstellen zu können.

Vor allem aber verfügen wir über hochmotivierte und bestens ausgebildete MitarbeiterInnen. Unsere Expertise in der Entwicklung, Produktion und Qualitätskontrolle von eigenen Markenarzneimittel kommt uns bei diesem Projekt natürlich zugute. Wir haben die Schwerpunkte der eigenen Arbeit nach Eingang der Anfrage umgehend neu priorisiert, selbstverständlich ohne laufende Vorhaben zu gefährden.

Dadurch ist es uns gelungen, den unglaublichen „BioNTech-drive“ aufzunehmen und mitzugehen. Im Ergebnis dessen konnten wir den Herstellungsprozess in nur wenigen Wochen industrialisieren, die analytischen Methoden zur Qualitätskontrolle etablieren und die besonderen logistischen Erfordernisse zur Lagerung des Produktes umsetzen.

Wir konnten bei der Realisierung des Projekts auf unser Netzwerk von kompetenten Firmen zurückgreifen, die sofort bereit waren, uns bei der Vorbereitung der Produktion zu unterstützen. So haben wir z.B. einen regionalen Hersteller gefunden, der unser neues Kältelager errichtet hat. Darüber hinaus können wir auf die Unterstützung von Handwerksbetrieben, Lieferanten des Maschinenbaus und der Glasindustrie zählen.

Ebenfalls hervorzuheben ist die sehr gute Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden.

Mit der kurzfristigen Implementierung der Impfstoffproduktion haben wir gezeigt, dass wir durch unsere breite und flexible Aufstellung am Standort Deutschland schnell und zielgerichtet auf Marktveränderungen reagieren und Chancen für uns nutzen zu können.

NTG24.de: Welches wirtschaftliche Potenzial sehen Sie durch die Zusammenarbeit mit der BioNTech SE?

Dr. Hans-Georg Feldmeier: Ich darf Ihnen versichern, dass für uns die entscheidende Motivation darin bestanden hat, das Unternehmen bei der Bekämpfung der Pandemie mit unserem Knowhow und unseren Ressourcen zu unterstützen. Wir stehen vor einer globalen Herausforderung und müssen daher zusammenstehen.

Natürlich bietet eine Kooperation zur Bekämpfung einer globalen Pandemie für uns auch große wirtschaftliche Chancen. Ich sehe hier aber nicht nur die kurzfristigen Effekte zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie. Wir erleben gerade den Einzug einer neuen Plattformtechnologie. Umso mehr freuen wir uns als Dermapharm dabei sein zu dürfen und uns als verlässlichen und kompetenten Partner auch für künftige Projekte zu empfehlen.

 

 

NTG24.de: Mitte November hat Ihr Unternehmen die Q3-Zahlen präsentiert. Bitte fassen Sie die wesentlichen Punkte aus operativer Sicht zusammen?

Dr. Hans-Georg Feldmeier: Nach einem erfolgreichen ersten Halbjahr konnten wir auch im dritten Quartal unser Wachstum fortsetzen, sodass wir in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2020 unseren Umsatz und das EBITDA steigern konnten.

Natürlich hat sich durch die COVID-19-Pandemie auch für die Dermapharm-Gruppe das Marktumfeld deutlich verändert. Dennoch ist es uns in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2020 gelungen, durch konsequente Ausnutzung von Chancen in Teilmärkten Risiken in anderen Teilmärkten zu kompensieren. So konnten wir auch im dritten Quartal unser Kerngeschäft „Markenarzneimittel und andere Gesundheitsprodukte“ weiter erfolgreich ausbauen. Lassen Sie mich hierzu einige Beispiele anführen:

Mit unserem wichtigsten Produkt Dekristol konnten wir die verstärkte Nachfrage nach Präparaten zur Immunstärkung nutzen. Mit dem hyperthermischen Produkt bite away konnten wir in Deutschland ein Rekordergebnis erzielen. Die Einführung in den USA wurde jedoch durch COVID-19 und den zeitweisen Lockdown deutlich gebremst. Unsere hochflexible Produktion in Deutschland war der Garant, dass wir jederzeit die Nachfrage nach unseren Produkten bedienen konnten und Lieferengpässe vermieden wurden.

Neben organischem Wachstum wurde das Wachstum im Wesentlichen durch die Akquisition von Allergopharma getrieben. Da Allergie-Patienten üblicherweise im zweiten Halbjahr mit der Desensibilisierung beginnen, erwarten wir in diesem Zeitraum deutlich höhere Umsätze, was auch mit einer verbesserten Profitabilität einhergeht.

Zu den guten Ergebnissen der ersten neun Monate tragen auch die internationalen Aktivitäten bei. In Polen, Österreich und der Ukraine konnten Produkte der Dekristol-Familie sehr erfolgreich eingeführt werden. Eine sehr dynamische Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr hat auch das Exportgeschäft mit Nahrungsergänzungsmitteln in China erfahren.

Unter Berücksichtigung der Allergopharma und unseres robusten Kerngeschäfts haben wir deshalb unsere Prognose für das Geschäftsjahr 2020 bestätigt: Wir erwarten weiterhin einen Anstieg um 12-15 % im Umsatz sowie 8-10 % im bereinigten EBITDA gegenüber dem Vorjahr.

NTG24.de: Mitte November hat Ihr Unternehmen die Q3-Zahlen präsentiert. Bitte fassen Sie die wesentlichen Punkte aus operativer Sicht zusammen?

Dr. Hans-Georg Feldmeier: Wir sehen sehr vielfältige und sehr gute Chancen, da wir ein Unternehmen sind, welches mit seiner Entwicklungsstrategie bestehend aus den drei Säulen (Forschung- und Entwicklung, Internationalisierung und zielgerichtete M&A) sehr gut für die Zukunft aufgestellt ist.

Unsere eigenen F&E Vorhaben laufen planmäßig und bilden das Rückgrat für die künftige Unternehmensentwicklung.

Mit den Akquisitionen der letzten Jahre haben wir einige sehr interessante „sleepingbeauties“ erworben. Wir arbeiten im Moment sehr intensiv an diesen Projekten, weil wir darin sehr gute Wachstumsperspektiven sehen. Darunter befinden sich z.B. Produkte mit Alleinstellungs-merkmalen im deutschen Markt, deren europäischen roll out wir vorbereiten.

Ein sehr großes Potential sehen wir in der Vermarktung unseres biteaway®, u.a. in den USA. Die Einführung dieses Medizinproduktes zur Stillung des Juckreizes nach Insektenstichen musste wegen der Corona-Pandemie verschoben werden, hat deshalb aber nicht an Potential verloren.

Wir erwarten auch sehr starke Impulse auf die Geschäftsentwicklung durch die Akquisition der Allergopharma. Die Integration der Firma in den Firmenverbund werden wir nach nur acht Monaten zum Jahresende organisatorisch, logistisch und personell abschließen und damit sehr interessante synergistische Effekte erzielen. Die Therapieallergene aus dem Sortiment der Allergopharma haben ein sehr interessantes internationales Wachstumspotential.

Unser Flaggschiff Dekristol (Wirkstoff Vitamin D) entwickelt sich national und international als Mittel zur Stärkung des Immunsystems sehr gut. Diverse unabhängige wissenschaftliche Veröffentlichungen unterstreichen die Bedeutung von Vitamin D in der aktuellen Situation insbesondere für ältere Menschen.

Zusammenfassend möchte ich einschätzen, dass wir uns sehr gut gerüstet fühlen, um unsere erfolgreiche Entwicklung der letzten Jahre dynamisch fortzuführen.

NTG24.de: Vielen Dank für das ausführliche und spannende Interview und weiterhin viel Erfolg bei der Entwicklung Ihres Unternehmens.

 

01.12.2020 - Tim Rademacher - tr@zuercher-boersenbriefe.ch

 

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