
Die Zahlen von Gazprom fallen wieder freundlicher aus, doch an eine Rückkehr an vergangene Zeiten ist nicht zu denken
Weggefallene Exporte nach Europa kann Gazprom nicht ersetzen
Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sowie die daraus folgenden Sanktionen haben auch bei Gazprom tiefe Spuren hinterlassen. Zwar ist es nicht so, als müsste der staatliche Versorger schon eine Insolvenz befürchten. Doch die für 2024 vorgelegten Zahlen sowie die weiteren Pläne zeigen sehr deutlich, dass Erfolge aus der Vergangenheit so schnell nicht wiederholt werden können.
Immerhin musste Gazprom (RU0007661625) im vergangenen Jahr keine Sondersteuer mehr aufgrund von Übergewinnen an die russische Regierung abdrücken. Dadurch bedingt stieg der Gewinn wieder auf umgerechnet 13,5 Milliarden Euro. Das ist jedoch weniger als die Hälfte dessen, was noch im Jahr 2021 als Gewinn ausgezeichnet wurde, als das Gas ungehindert nach Europa fließen konnte. Heute macht Gazprom nur noch mit einigen wenigen europäischen Partnern Geschäfte, darunter Ungarn und die Slowakei. Auf EU-Ebene wird zudem längst über ein mögliches Exportverbot gesprochen.
Gazprom hat sich schwer darum bemüht, die weggefallenen Exporte durch mehr Geschäfte mit anderen Ländern zu kompensieren. Russlands Präsident Wladimir Putin schwärmte des Öfteren von der Freundschaft mit China und neuen Gasgeschäften mit dem Nachbarland. Tatsächlich hat das Reich der Mitte in den letzten Jahren auch vermehrt bei russischem Gas zugegriffen. Doch wirklich angewiesen ist man darauf nicht und dementsprechend sind die Preise nicht annähernd mit dem vergleichbar, was finanzstarke europäische Abnehmer in der Vergangenheit zahlten.
Niedriger Cashflow und hohe Schulden bei Gazprom
Die „FAZ“ hat die Lage von Gazprom unter Verweis auf den Experten Sergej Wakulenko näher unter die Lupe genommen. Letzterer fördert einige Details zutage, welche eher nicht für rosige Aussichten bei Gazprom sprechen. Insbesondere der Cashflow habe sich in den letzten Jahren merklich verschlechtert. Seit 2021 habe Gazprom an dieser Stelle kontinuierliche Rückgänge zu verzeichnen.
Die auf dem Papier hohen Gewinne seien hauptsächlich auf Gewinne aus erfolgreichen Übernahmen zurückzuführen. Im März 2024 etwa sicherte sich Gazprom einen zuvor von Shell gehaltenen Anteil an Sakhalin Energy zu einem günstigen Preis, was die Bilanzen etwas aufpolieren konnte. Dies geschah aber vordergründig in der Theorie und besserte nicht tatsächlich die Bankkonten des Konzerns auf.
Jene werden derweil durch noch immer hohe Investitionen belastet. Umgerechnet 32 Milliarden Euro investierte Gazprom im zurückliegenden Jahr und damit weit mehr als viele internationale Mitbewerber. Wohin genau das Geld fließt, ist jedoch weitgehend unbekannt. Zumindest nicht undenkbar erscheint, dass hier auch die russische Regierung in irgendeiner Weise Einfluss genommen hat und mit den Einnahmen des einstigen Vorzeigeunternehmens manches Projekt querfinanzieren könnte. Allerdings ist das reine Spekulation meinerseits.
Gazprom im Sparkurs
Dass es bei Gazprom schon mal besser lief, darauf weisen auch Einsparpläne im Unternehmen hin. Bereits im Januar kündigte das Unternehmen an, 1.500 Stellen zu kürzen. Zudem ist offenbar der Verkauf von Immobilien geplant, Reisekosten sollen sinken und ganze Abteilungen geschlossen werden. Das scheint angesichts der steigenden Verschuldung bei einem Leitzins von rund 21 Prozent in Russland auch notwendig zu sein. Mancher Beobachter sieht in den Plänen von Gazprom aber auch lediglich den Versuch einer Umstrukturierung, weg von einem Modell mit schwachem Zentrum und starken Töchtern hin zum Gegenteil.
Für Transparenz ist Gazprom nicht bekannt und in Gänze werden wir wohl nie erfahren, wie es um das Unternehmen bestellt ist und in welche Richtung es zukünftig gehen soll. Doch war schon vor den letzten Zahlen offensichtlich, dass die fehlenden Exporte nach Europa durch nichts zu ersetzen sind. Hoffnungen auf eine Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehungen dürften derzeit kaum vorhanden bis nicht existent sein, denn die meisten europäischen Staaten erteilten auch nur dem Ansatz solcher Ideen sofort eine Absage. Die schwächeren Ergebnisse machen sich natürlich auch beim Aktienkurs bemerkbar. Hierzulande kann die Gazprom-Aktie seit Jahren nicht mehr gehandelt werden. An der russischen Heimatbörse ging es von den Höchstständen aus 2021 bei knapp 370 Rubel bis auf rund 135 Rubel am Donnerstagmorgen abwärts.
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22.05.2025 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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